Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
verfolgen und umzubringen. Aus seiner Sicht hat er schließlich nichts anderes getan, als gegenüber der Regierung seine Pflicht zu erfüllen.«
    Ich nahm den Nunchuck in die Hand. Er fühlte sich merkwürdig kalt und glatt, an. Meine Handflächen schwitzten. »Treibe mich nicht in Zorn, Scheinberg«, sagte ich. »Angelhecht bist du ja relativ leicht losgeworden. Aber ich habe die Menge an den Docks gesehen. Ich bin also nicht ohne eigene Hausmacht, und ich habe vom alten Herrn genug gelernt, um notfalls zu wissen, wie ich sie einzusetzen habe. Also lade dir keine unnötigen Probleme auf den Hals und sag mir, wo sich Soforttod aufhält. Zwing mich bitte nicht dazu, zu drastischeren Mitteln zu greifen.«
    Scheinberg blies seine Wangen auf. »So etwas hätte ich nun wirklich nicht erwartet, Arthur. Offenbar hat sich deine chemische Analog-Verfassung entschieden verschoben. Ich fürchte, wir stehen nun vor einer Machtprobe des Willens.« Er rief seinen Hausdiener. »Kreidepfeifer, komm doch bitte zu uns und bring die Waffe mit.«
    Einige Sekunden vergingen. Anna stand auf, stellte sich neben mich und ignorierte standhaft die flehentlichen Bitten ihres Sessels, doch wieder auf ihm Platz zu nehmen. Kreidepfeifer trat ein und trug auf einem kleinen Samtkissen eine hochenergetische, polierte und geölte Pistole. Der Hausdiener bedachte mich mit einem finsteren Blick. Kreidepfeifer hatte nicht vergessen, daß ich ihn vor so vielen Monaten ohne Vorwarnung niedergeschlagen hatte.
    Beide Scheinbergs zeigten auf die Pistole. »Sieh es dir gut an: eine tödliche Waffe, sozusagen schußbereit. Wir haben auch Munition dafür, irgendwo hier.«
    »In der Schreibtischschublade«, sagte der jüngere Scheinberg.
    »Ganz recht, in der Schreibtischschublade«, nickte sein Bruder. »Das sollte dich doch wohl überzeugen können. Wir verfügen über eine überwältigende Macht, und ich brauche wohl kaum hinzuzufügen, daß wir durch den Reformierten Vorstand - in dem nur gute Freunde von mir sitzen - alle Munitionsvorräte in Telset kontrollieren. Solltest du eine gewalttätige Auseinandersetzung suchen, sitzen wir am längeren Hebel. Du kannst dich nicht gegen uns wehren.«
    »Unterschätze mich bitte nicht«, sagte ich. »Ich habe auch meine Mittel, da brauche ich gar nicht auf Gewalt zurückzugreifen.« ich warf den Nunchuck scheppernd auf den Tisch. »Wir können uns auf andere Weise schlagen: Mein Charisma gegen deines, Scheinberg-Baby.«
    »Würdest du wirklich so weit gehen wollen, bloß um eine dumme Rache zu befriedigen?« sagte Scheinberg mit einem kummervollen Lächeln. »Kid, ich liebe dich wie einen Sohn, aber wenn du dich gegen die Körperpolitik wendest, wird dich ein Donnerkeil treffen. Ich lasse dich ermorden, das kannst du mir glauben.«
    »Das würdest du nicht wagen«, sagte ich.
    »Du denkst wohl, mir mangelt es am Willen und an der Skrupellosigkeit dafür.« Scheinberg seufzte. »Ich bedaure, daß ich zu einer solchen Demonstration greifen muß.« Der ältere der beiden erhob sich. »Gäste, Freunde, Verbündete, ich möchte mich für meine Unhöflichkeit entschuldigen, aber ich plane nun eine Vorführung, die ich euch lieber ersparen möchte. Bitte tut mir den Gefallen und dreht eure Sessel herum und schließt die Augen. Ich versichere euch, daß Kid kein Leid zugefügt wird.«
    Und jetzt erlebte ich das ganze Ausmaß der Macht Scheinbergs über sie. Sie alle kamen seiner Bitte nach, ohne zu zögern und ohne zu fragen. Alle drehten sich herum, nur die beiden Scheinbergs, Annabella, Anna, der Alien und ich sahen weiterhin auf den Tisch.
    Scheinberg winkte dem Alien zu. »Wenn du jetzt bitte so gut wärst.«
    Der Alien drehte die metallene Glocke herum und hob sie ganz von der Platte. Obwohl das, was darauf lag, gereinigt, gekocht und schon teilweise aufgegessen war, erkannte ich es sofort wieder: Professor Angelhechts Kopf.
    Der Alien bedeckte die Platte wieder. Die ganze Zeit über hatte er ungerührt weitergekaut.
    »Ich hoffe, du hast jetzt begriffen, wie ernst es mir ist«, sagte Scheinberg ruhig. »Freunde, ihr dürft euch wieder der Tafel zuwenden. Ich darf mich nochmals für eure Unbequemlichkeit entschuldigen.«
    »Ich gehe«, sagte Anna. Sie lief aus dem Zimmer.
    »Ich schließe mich ihr an«, sagte ich. »Aber eine Frage möchte ich dir noch stellen, Alien. Wenn man deinen Kopf aufbrechen würde, wäre er dann hohl und würde nur von schwarzen Fibern zusammengehalten?«
    Der Alien zwinkerte mir nur zu und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher