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Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Titel: Verzeihung, sind Sie mein Koerper
Autoren: Christl Lieben
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gibt keinen Grund, darüber zu erschrecken. Im Gegenteil, sie kann zum Nährboden einer wertvollen Entwicklung werden. Eine nächste Frage schließt sich an: »Wovon wären Sie befreit, wenn Sie sterben würden?« Fast immer werden Lebensumstände genannt, die unerträglich und ausweglos scheinen. Nun kann ein fruchtbarer Dialog beginnen, dem eine neue Frage zugrunde liegt: »Was müsste geschehen, damit Sie aus der Ausweglosigkeit befreit sind, ohne Ihr Leben hinter sich lassen zu müssen?«
Frei nach Steve de Shazer und seiner Wunderfrage ist es noch immer gelungen, ein Szenario zu entwerfen, das in kleinen Schritten entscheidende Veränderungen möglich macht. Nicht selten mündet ein solcher Dialog in ein gemeinsames Lachen des Verstehens. Das heißt nicht, dass alle diese Menschen überleben, es heißt nur, dass sie die Wegstrecke, die ihnen noch bleibt, bewusst und in Akzeptanz ihrer Lebensbedingung gehen können, selbstgestaltend und weniger ausgeliefert.
    Jetzt möchte ich aber zu jenen zurückkehren, die den Besserungs- bzw. Heilungsweg beschreiten. Wenn das Thema der Todessehnsucht eine lebbare Antwort gefunden hat, dann kommt ein nächster Schritt: ein durch möglichst viele Bewusstseinsschichten gehendes »JA« zum Leben. Und zwar zum Leben, so wie es gerade ist, ohne Wenn und Aber. Das fühlt sich oft wie ein ruckartiger und sehr befreiender Entschluss an.
    Zwei Aspekte sind an diesen Entschluss gebunden. Der eine ist der Verzicht auf den Krankheitsgewinn, auf innere und äußere Vorteile des Krankseins. Er ist nicht zu unterschätzen, besonders bei chronifizierten Krankheiten. Dieser Gewinn sollte gründlich ausgelotet und alternative Wege, die aus eigenen Impulsen kommen, sollten gefunden werden. In unserer derzeitigen Kommunikationskultur ist es kaum möglich, eigene tiefliegende und schwer formulierbare Bedürfnisse zu äußern. Wie kann ich anderen etwas beschreiben, was ich selbst kaum verstehe? Wie kann ich es wagen, etwas zu fordern, wenn ich weiß, dass ich von meiner Umwelt nicht gehört werde? Da scheint dann oft Krankheit der einzige Ausweg. Die Krankheit spricht für sich, wir delegieren das Thema an unseren Körper. Hier geht es darum, die Verantwortung für eigene Bedürfnisse zu sich selbst zurückzunehmen.
    In der Begleitung von Menschen, die in ausweglosen sozialen Kontexten leben und, gebunden an ihre Realität, keine andere
Wahl haben, als krank zu werden, sehe ich es anders. Da geht es eher darum, dass diese Menschen von uns die Erlaubnis bekommen, sich in ihrer Krankheit so gut als möglich einzurichten. Sie brauchen die Krankheit, um etwas auszudrücken, etwas zu vermeiden oder sich zurückzuziehen. Anders als oben beschrieben, wird hier der Krankheitsgewinn tatsächlich wirksam, entweder um eine Ruhephase zu ermöglichen oder, im besten Fall, das krankmachende Umfeld zu verändern.
    Damit komme ich zum nächsten Thema, das an das »Ja« zur Gesundung gebunden ist. Es ist die Erlaubnis, die wir uns selbst dazu geben. Das scheint leicht, ist es aber nicht. Eine Reihe von bewussten und unbewussten Glaubenssätzen steht im Wege. Der erste und sehr mächtige Glaubenssatz ist der Glaube an die alleinige Deutungshoheit der Schulmedizin. »Der Arzt sagt, meine Krankheit ist nicht heilbar.« Aus – Schluss. Obwohl wir oft gegen diese Deutungshoheit wettern, im eigenen Fall hängen wir dann doch an ihren Lippen. Aber auch unbewusste Loyalitäten zu Eltern und Großeltern oder toten Geschwistern können unserer Erlaubnis im Wege stehen, ebenso Selbstbestrafungstendenzen für gelebte, übernommene oder vermeintliche Schuld. Die Voraussetzung für die Freigabe in die eigene Heilung ist also die bewusste Aufarbeitung und Verabschiedung alter Seelenmuster.
    Zum Abschluss kommt ein wesentlicher Schritt: alles, was wir im Sinne unserer Heilung tun konnten, ist getan. Nun überlassen wir uns, so wie wir jetzt da sind, ganz und gar einem größeren Ganzen. Die tatsächliche Heilung geschieht in einem Bewusstseinsraum, der weit über uns hinausgeht. Diesem Raum, wie immer wir ihn nennen wollen, vertrauen wir uns an. Unser Weg wird dort entschieden, denn dort sind wir an das Wissen angeschlossen, das unser Leben aus der Tiefe trägt. (CL)

Nachwort
    Das Buch ist jetzt fertig. Es zu schreiben hat uns große Freude bereitet. Darüber hinaus haben wir beide
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