Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vertraute Gefahr

Vertraute Gefahr

Titel: Vertraute Gefahr
Autoren: Michelle Raven
Vom Netzwerk:
seinen Gesichtsausdruck zu deuten, doch dafür war es zu dunkel. Ein sichtbarer Ruck ging durch seinen Körper, er drehte sich um und zog die Tür sanft hinter sich zu.

 
    3
    Ping.
    Undurchdringliche Dunkelheit.
    Ping.
    Bewegungslosigkeit.
    Ping.
    Hoffnungslosigkeit.
    Schmerzen durchzucken sie. Blut strömt aus offenen Wunden. Die Wände scheinen immer näher zu rücken. Wie viel Zeit ist inzwischen vergangen?
    Ping.
    Lautlosigkeit bis auf das stete Tropfen des Wasserhahns. Sie hat Durst. Mit ihrer an die Rohre gefesselten Hand reicht sie nicht an das Wasser heran. Nur eine weitere Folter. Mit ihren aufgescheuerten, brennenden Fingern reibt sie über die raue Kellerwand. Sie kann sich nicht befreien. Warum kommt ihr niemand zu Hilfe? Vom Schreien ist ihre Stimme heiser. Jetzt würde sie sowieso niemand mehr hören können.
    Ping.
    Angst.
    Hunger.
    Die Schnitte an Beinen und Oberkörper brennen. Der Blutverlust schwächt sie. Noch einen Angriff wird sie wohl nicht überleben. Zusammengekrümmt liegt sie in einer Ecke. Es riecht nach Blut und Exkrementen. Den muffigen Geruch des Kellers nimmt sie schon lange nicht mehr wahr. Dahinsiechend wartet sie auf das Ende. Wenigstens müssen ihre Eltern das nicht mehr miterleben. Diesmal tobt der Schmerz in ihrem Innern. Was würde sie dafür geben, jetzt ihre Stimmen zu hören.
    Ping.
    Das ist das Einzige, was sie noch hört. Oben an der Treppe quietscht eine Stufe. Schlagartig überkommt sie eine riesige Panik. Sie zerrt an ihrer Fessel, versucht zu entkommen. Adrenalin schießt durch ihren Körper. Sie hört die Schritte, die ihr Ende bedeuten werden. Leichtfüßig, fast fröhlich kommen sie auf sie zu. Sie versucht mit der Wand zu verschmelzen. Ein Licht flackert auf. Der Schein gleitet die Wand entlang, bis er auf sie trifft. Sie unterdrückt einen Schrei. Das würde ihm nur Genugtuung verschaffen.
    »Ah, da bist du ja. Genießt du meine Gastfreundschaft? Nein?« Er kichert. »Das ist jammerschade.« Er kommt näher. »Sieh mal, was ich draußen gefunden habe.« Er wirft etwas vor ihre Füße. Der Aufprall klingt nach einer überreifen Melone. Sie blickt auf den angeleuchteten Gegenstand. Leere bernsteinfarbene Augen starren sie an. Die völlig verrenkten Glieder gehören ihrem Kater Tombo. Sie schreit auf, schreit und schreit …
    Anhaltendes Klopfen weckte Autumn aus ihrem Traum. Schweißnass und zitternd setzte sie sich im Bett auf. Benommen sah sie sich um. Wo war sie? Erneutes Klopfen ertönte.
    »Hallo, sind Sie da drin?«, rief eine weibliche Stimme.
    Jetzt erinnerte sie sich: Sie war im Arches National Park in einer Hütte. »Ja, einen Moment, bitte.« Ihr Hals schmerzte wie damals, als sie irgendwann nicht mehr in der Lage gewesen war, um Hilfe zu rufen. Ihre Stimme hatte sich nie wieder erholt und klang bis heute rau. Rasch schwang sie ihre Beine aus dem Bett und zuckte zusammen. Sie hatte ihr verletztes Knie vergessen. Langsamer humpelte sie zur Tür und schloss sie auf. Sie spähte durch den Spalt. Davor stand eine junge Frau in Jeans und T-Shirt. Ihr kurzes braunes Haar stand zu allen Seiten vom Kopf ab, als wäre sie eben mit der Hand hindurchgefahren. Braune Augen blickten Autumn freundlich an.
    »Ah, da sind Sie ja endlich, ich dachte schon, Ihnen wäre etwas passiert und ich müsste die Tür aufbrechen.« Das schien sie ernst zu meinen, trotz ihrer kleinen Statur und der etwas molligen Gestalt.
    Autumn lächelte sie gezwungen an. »Mir geht es gut, danke. Ich habe noch geschlafen, deshalb habe ich Ihr Klopfen nicht gehört. Möchten Sie hereinkommen, solange ich mich umziehe? Leider kann ich Ihnen nichts anbieten.«
    »Oh, das macht nichts, ich habe schon gefrühstückt. Ich werde Sie nach Moab fahren, sobald Sie fertig sind. Shane hat mir erzählt, was passiert ist.«
    Neugierig sah Autumn die Frau an. »Das ist sehr freundlich, danke. Sind Sie eine Kollegin von Shane?«
    Diese lachte. »Ja. Entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Janet King, Parkranger.«
    Autumn reichte ihr die Hand. »Ich bin Autumn Howard. Ich werde hier nächste Woche als Ranger anfangen. Das heißt, sofern mein Knie mitspielt.«
    »Ja, das hat Shane mir erzählt. Im Gegensatz zu ihm hätte ich es aber auch an Ihrem Namen erkannt, schließlich stand der auf Ihrer Akte. Wahrscheinlich liegt es daran, dass Shane Papierkram hasst. Wir freuen uns immer über neues Personal, weil wir chronisch unterbesetzt sind.« Janet lächelte. »Ich hoffe, die Verletzung ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher