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Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)

Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)

Titel: Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)
Autoren: Frederik Jötten
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allerdings auch gelehrt, dass es für jede Neurose einen Workaround gibt. Milchpulver zum Beispiel. Oder Induktionsherdplatten. Und an unserem Türrahmen blinkt jetzt auch noch das zwar außerordentlich abscheuliche, dafür aber ungemein hilfreiche 3 , 99 -Euro-«Tür-Memolight» von
Tchibo
. Ein Schlüssellicht, das automatisch aufleuchtet, wenn man die Tür öffnet – auch erhältlich in Herzform. Irgendwie romantisch, wenn wir nun erleichtert mit den Haustürschlüsseln in der einen und der Hand des geliebten Partners in der anderen zum gemeinsamen Hamsterkauf starten.
    Zwangsstörungen und Zwangshandlungen
    Laut dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München sind die wesentlichen Symptome einer Zwangsstörung (auch Neurose genannt) «ungewollt wiederkehrende, als unsinnig oder quälend erlebte Gedanken und Handlungen, die beim einzelnen Patienten in unterschiedlicher Ausprägung und Kombination auftreten».
    Sei es die Angst vor Keimen auf Türklinken, dauerndes Händewaschen, die wiederholte Prüfung von Türschlössern oder das Horten von Müll – Zwangshandlungen können bei jedem sehr unterschiedlich ausfallen. Ihnen allen gemein ist aber, dass der Betroffene sie dauernd wiederholen muss, obwohl er sie als unangenehm und sinnlos empfindet. Zwangsstörungen können das Leben sehr beeinträchtigen. Laut Schätzungen sind bis zu drei Prozent der Bevölkerung davon betroffen, also rund zwei Millionen Menschen.
    Zwangsstörungen verlaufen in der Regel chronisch oder nehmen in der Intensität zu, wenn man sie unbehandelt lässt. Dabei können sie solche Ausmaße annehmen, dass Betroffene nicht mehr in der Lage sind, ihren Beruf auszuüben, und sie auch das Privatleben zerstören.
    Leichte Formen von Zwangsstörungen kann man gut mit Verhaltenstherapie behandeln, schwerere Varianten erfordern zusätzlich den Einsatz von Medikamenten, in der Regel Antidepressiva.

FREDERIK JÖTTEN

Die Walkie-Talkie-Methode
    Es gibt Menschen, die sicher sind, dass Handys krank machen. Das ist umstritten. Sicher ist allerdings: Sie lassen uns krank aussehen.
    Als alles anfing mit der mobilen Kommunikation, begegnete ich am Wochenende, wenn ich mit der letzten oder ersten U-Bahn nach Hause fuhr, immer häufiger auffällig vielen niedergeschlagenen Menschen, vornübergebeugt, den Kopf zum Boden gerichtet. Wie fertig müssen diese Leute sein, wo ich doch schon ziemlich kaputt war, aber immerhin noch geradeaus blicken konnte? Dann bemerkte ich, dass diese anscheinend niedergeschlagenen Menschen sich runterbeugten, um Kurznachrichten zu tippen.
    Es dauerte nicht lange, und mein Spiegelbild in der U-Bahn-Fensterscheibe zeigte mich in derselben zusammengekauerten Position, SMS schreibend. Leider; denn was ich in den frühen Morgenstunden mit dem Handy abschickte, bereute ich meistens am nächsten Tag.
    Irgendwann sah ich Männer im Anzug wild gestikulierend und laut redend durch die Straßen gehen und dachte: Oh, ein elegant gekleideter Psychopath! Bis mir auffiel, dass die Herren mit einem Headset telefonierten. Natürlich legte ich mir auch eines zu und laufe seitdem psychopathisch durch die Straßen. Ich bekomme nämlich vom Telefonieren mit meinem Handy einen pochenden Schmerz hinter der Stirn, mir wird heiß. Ich spüre förmlich, wie die elektromagnetischen Strahlen mein Gehirn kochen. Da wirke ich doch lieber wie ein Wahnsinniger. Allerdings: Den Kopfhörer immer im Anschlag zu haben, ist ziemlich umständlich.
    Eine Zeitlang versuchte ich also, das Headset-Kabel erst bei einem Anruf ins Handy zu stecken. Natürlich war es nie aufzufinden, wenn ich es gebraucht hätte. Dann wickelte ich es ums Handy – aber wenn es klingelte, schaffte ich es meistens nicht, das Kabel rechtzeitig zum Annehmen des Anrufs zu entwirren, sodass die Anrufer wieder auflegten oder auf meiner Mailbox landeten.
    Zum Glück sah ich neulich einen jungen Mann, tätowiert, gebräunt, Bodybuilder-Arme, der sein Telefon wie ein Funkgerät benutzte: Er hielt es vor den Mund, als er sagte: «Ich fahre da jetzt vorbei und checke das ab!» Das hörte sich sehr wichtig an, so, als ob Leben davon abhängen würden. Sein Gesprächspartner krächzte aus dem integrierten Lautsprecher (die Freisprechanlage!): «Oh, mach das!» Jetzt telefoniere auch ich mit dieser Walkie-Talkie-Methode. Das fühlt sich auf jeden Fall gesünder an, als das Handy am Ohr zu halten – und sieht immerhin nur nach der Wichtigtuer-Krankheit aus.
    «Ein Headset hilft.»
    Sarah Drießen,
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