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Versuchung Pur

Versuchung Pur

Titel: Versuchung Pur
Autoren: Nora Roberts
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zu können. Das Haus, in dem sie aufgewachsen war und das sie so sehr liebte, musste verkauft werden. Noch von Trauer betäubt, stand sie plötzlich ohne Heim und ohne Einkommen da. Erics Verrat hatte dem Ganzen dann die Krone aufgesetzt.
    Eden riss die Tür des Blockhauses auf. Die frische Bergluft strich sanft über ihre Wangen. Doch sie sah nichts von den grünen Hügeln, nahm den strahlend blauen Himmel nicht wahr. Sie glaubte sich wieder in Philadelphia.
    Der Skandal. Auf dem Weg zu der großen Hütte, in der der Speisesaal untergebracht war, hörte sie Erics nüchterne Stimme. Sein Ruf. Seine Karriere. Ihr war alles genommen worden, was sie liebte. Doch er dachte nur daran, welche Auswirkungen es für ihn haben könnte.
    Er hatte sie nie geliebt. Eden steckte die Hände in die Taschen und ging weiter. Wie dumm von ihr, das nicht von Anfang an zu erkennen. Aber sie hatte etwas gelernt. Auf die harte Tour.
    Für Eric wäre eine Heirat mit ihr nichts anderes als eine geschäftliche Verbindung gewesen, bei der ihm der Name der Carlboughs, das Vermögen der Carlboughs und die Reputation der Carlboughs zugefallen wären. Als diese Dinge nicht mehr existierten, hatte er sich aus dem Deal zurückgezogen. Schadensbegrenzung nannte man so etwas wohl in der Welt der Finanzen.
    Eden verlangsamte ihre Schritte, als sie merkte, dass sie außer Atem war. Nicht weil sie zu schnell gegangen wäre, sondern weil Wut in ihr aufschäumte. Es wäre nicht gut, mit erhitzten Wangen und blitzenden Augen beim Frühstück aufzutauchen. Sie blieb einen Moment stehen, um tief durchzuatmen, und schaute sich um.
    Der Morgen war noch kühl, doch bis zum Vormittag würde die Sonne die Luft aufgewärmt haben. Der Sommer hatte gerade erst Einzug gehalten.
    Es war wunderschön hier. Ein halbes Dutzend kleiner Blockhäuser stand auf dem Gelände. Die Fensterläden waren alle geöffnet, um die frische Luft hereinzulassen. Helles Mädchenlachen schallte aus dem Speisesaal, wehte über den Platz. Am Wegrand zwischen Haus vier und Haus fünf wetteiferten erblühte Anemonen mit ihrer Farbenpracht. Weiter hinten stand ein alter Hartriegelstrauch, an dem sich trotzig ein paar hartgesottene Blüten hielten. Über Haus zwei zwitscherte eine Spottdrossel im Geäst.
    Jenseits des Hauptplatzes fielen grüne Hügel sanft gen Westen ab. Pferde grasten friedlich, vereinzelte Bäume würden später Schatten und Schutz vor der Frühsommersonne spenden. Es war eine weite, offene Landschaft, mit einem unglaublichen Gefühl von Raum und Platz, das Eden noch immer nicht recht begreifen konnte. Ihr Leben war bisher in der Stadt verlaufen. Straßen, Verkehr, Hochhäuser, Menschenmengen – das war es, woran sie gewöhnt war.
    Manchmal verspürte sie einen flüchtigen Stich von Sehnsucht nach dem, was einst gewesen war. Sie könnte es immer noch haben. Tante Dottie hatte Eden ihre Liebe angeboten – und ein Zuhause. Niemand würde jemals erfahren, wie lange und hart Eden mit der Versuchung gerungen hatte, die Einladung ihrer Tante anzunehmen. Und sich weiter durchs Leben treiben zu lassen.
    Aber vielleicht lag ja auch ihr das Spielen im Blut. Warum sonst hätte sie auf die Idee kommen sollen, alles, was ihr geblieben war, in ein Sommercamp für Mädchen zu stecken?
    Weil sie es versuchen musste! Deshalb. Sie musste irgendetwas tun, musste selbst etwas wagen. Ihr Leben als wohlbehütete, zerbrechliche Porzellanfigur würde sie nie wieder aufnehmen können. Hier, in dieser endlosen Weite, würde sie Zeit haben, sich selbst kennenzulernen. Wer war Eden Carlbough? Was steckte in ihr? Vielleicht, nur vielleicht, würde sie ihren Platz im Leben finden, wenn sie ihren Horizont erweiterte.
    Candy hatte völlig recht. Eden holte ein letztes Mal tief Luft. Es würde klappen. Sie würden es schaffen.
    »Hunger?« Mit noch feuchtem Haar, welche Dusche auch immer sie benutzt hatte, kam Candy auf Eden zu.
    »Ich komme um vor Hunger.« Eden legte freundschaftlich einen Arm um Candys Schultern. »Wohin bist du denn abgetaucht?«
    »Du kennst mich. Ich kann hier nichts unbeaufsichtigt lassen.« Wie auch Eden vorhin, so ließ Candy jetzt den Blick über den Platz schweifen. Auf ihrer Miene stand alles zu lesen, was sie in diesem Moment empfand – die Freude, die Angst, der Stolz. »Ich mache mir Sorgen um dich.«
    »Candy, du weißt doch, dass ich ein schrecklicher Morgenmuffel bin.« Sie blickte einer Gruppe Mädchen nach, die fröhlich schnatternd auf den Speisesaal zustrebten.
    »Wir
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