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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers
Autoren: Susan Wiggs
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hatte.
    Dann war es an der Zeit für die Vorstellungen, die genauso langweilig verliefen, wie sie befürchtet hatte. Jeder Partner sollte aufstehen und drei Dinge über die Person sagen, mit der er den Berg hinaufgestiegen war. Die Idee dahinter war, dass Fremde durch ein gemeinsam erlebtes Abenteuer zu Freunden wurden.
    Mist, dachte sie. Connor und sie hatten sich gar nicht erst die Mühe gemacht, irgendetwas über den anderen in Erfahrung zu bringen, außer dass sie Feinde waren. Sie wusste nicht, wo er lebte – okay, in einem Trailer, aber wo stand der? – und auch nicht, ob er Geschwister hatte oder welche Eiscremesorte er am liebsten mochte.
    In dieser Gruppe gab es keine Überraschungen. Jeder besuchte die exklusivste Schule der Welt, von den Vereinigten Staaten über England bis zur Schweiz. Jeder hatte ein Pferd oder eine Jacht oder ein Haus in den Hamptons.
    Wie unglaublich originell, dachte sie. Wenn das Interessanteste an einem Kind war, welche Schule es besuchte, musste es sich um eine ziemlich langweilige Person handeln. Es war ein bisschen interessant, dass ein Junge namens Tarik auf eine muslimische Schule ging, und das Mädchen Stormy von ihren Eltern, die Zirkusartisten waren, zu Hause unterrichtet wurde. Aber alles andere war gähnend langweilig.
    Die anderen dargebotenen Fakten waren genauso ermüdend oder überheblich, manchmal auch beides. Der Vater eines Kindes war ein Verleger, der sämtliche A-Promis als Kurzwahl in seinem Handy eingespeichert hatte. Ein anderes Mädchen hatte einen Tauchschein. Einige stammten aus Familien, die Preise gewonnen hatten – Pulitzer, Oscar, Clio. Die Kinder zeigten diese Auszeichnungen vor, als wären es Pfadfinderabzeichen. Es war unschwer zu erkennen, dass sie dabei auch gerne etwas dicker auftrugen, um die anderen zu übertrumpfen.
    Während Lolly ihnen allen zuhörte, reifte in ihr ein Entschluss – eine Lüge funktionierte besser als die Wahrheit.
    Nun war sie an der Reihe. Sie stand auf, und Connor und sie warfen sich durch zusammengekniffene Augen eine stumme Warnung zu. Er wusste genug über sie, um sie zu demütigen, wenn er wollte. Das war das Problem daran, jemandem etwas Privates und Wahres zu erzählen. Genauso gut konnte man ihm eine Waffe reichen und gucken, ob er den Abzug betätigen würde. Sie hatte keine Ahnung, was er der Gruppe erzählen würde. Sie wusste nur, dass sie ihm reichlich Munition geliefert hatte, die er gegen sie verwenden konnte.
    Sie war als Erste an der Reihe. Nach einem tiefen Atemzug legte sie einfach los, ohne dass sie überhaupt wusste, was sie sagen wollte.
    „Das hier ist Connor, und er ist das erste Mal in Camp Kioga. Er …“ Sie dachte über das nach, was sie wusste. Er war aufgrund eines Stipendiums hier, und sein Vater trank. Seine Mutter hatte gerade neu geheiratet, und sein Stiefvater war gemein, weshalb Connor den Sommer über weggeschickt worden war. Lolly wusste, dass sie mit wenigen Worten die Waffe auf ihn richten könnte. Sie könnte aus ihm vielleicht sogar ein Kind machen, mit dem niemand befreundet sein wollte.
    Sie fing seinen Blick auf und wusste, dass er das Gleiche über sie dachte.
    „Er tut Ketchup auf alles, was er isst, sogar auf sein Frühstück“, fuhr sie fort. „Seine Lieblingsband sind die Talking Heads. Und beim Basketball Mann gegen Mann gewinnt er immer.“ Das Letzte war geraten, aufgrund seiner Größe und weil er Chuck-Taylor-Turnschuhe trug. Und er schien schnell zu sein und hatte große Hände. Sie riet eigentlich bei allem, wenn sie ehrlich war, aber er widersprach ihr nicht.
    Dann war Connor an der Reihe. „Das ist Lolly.“ Er ließ ihren Namen wie eine Beleidigung von seinen Lippen rollen.
    Der Moment der Wahrheit, dachte sie und rückte ihre Brille zurecht. Er könnte sie ruinieren. Sie hatte auf dem Weg hier rauf zu viel von sich gezeigt. Er räusperte sich, strich sich das Haar aus den Augen und nahm eine trotzige Pose ein. Sein Blick wanderte über sie – wissend, verächtlich –, und er räusperte sich noch einmal. Die anderen Camper, die die meiste Zeit über unruhig gewesen waren, kamen langsam zur Ruhe. Es gab keinen Zweifel daran, dass der Junge Präsenz hatte und die Aufmerksamkeit einforderte wie ein gebieterischer Lehrer oder ein Schauspieler im Theater.
    Ich hasse das Camp, dachte sie mit einer Inbrunst, die ihr die Hitze in die Wangen trieb. Ich hasse es, und ich hasse diesen Jungen, und er steht kurz davor, mich zu zerstören.
    Connor räusperte sich zum
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