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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz
Autoren: Franziska Wulf
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»Ihr seid gekommen, um mich um einen Liebeszauber zu bitten?« Beide nickten wie zwei Schuljungen vor ihrem strengen Lehrer. Doch die Frau schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie, und Cosimo glaubte, er hätte sich verhört. Aber ein Blick in das verblüffte, beinahe bestürzte Gesicht seines Freundes belehrte ihn eines Besseren.
    »Nein?«, fragte Giacomo, und in seiner Stimme schwang deutlich ein zorniger Unterton mit. »Aber warum …«
    »Weil ihr beide keinen Liebeszauber braucht. Das wäre euer wahrlich unwürdig.« Sie lachte wie über einen Scherz und schüttelte wieder den Kopf. »Kommt näher heran, ich will es euch erklären. Ihr beide seid Männer aus den vornehmsten Familien der Stadt. Ihr seid gesegnet mit Jugend, Schönheit und Reichtum. Euer Liebeszauber ist euer Name. Einen wirksameren könnte auch ich euch nicht geben.«
    »So sind wir also vergeblich zu dir gekommen?«, fragte Cosimo. Er war enttäuscht, mehr noch, er fühlte sich verraten und betrogen. Dabei wusste er nicht einmal, was er eigentlich erwartet hatte.
    »Nein«, antwortete sie. Und diesmal lächelte sie nicht. »Ich könnte euch stattdessen etwas anderes anbieten. Es handelt sich um ein Geheimnis. Ein Geheimnis, großartiger, kostbarer und fantastischer als alles, wovon ihr jemals gehört habt. Doch ich weiß nicht …«
    Sie zögerte.
    »Was ist?«, drängte Giacomo. »So sprich doch endlich weiter.«
    »Ich weiß nicht, ob ihr genügend Mut und Stärke aufbringt, um …« Sie brach erneut ab und schüttelte den Kopf. »Nein, ich darf es euch nicht sagen. Ihr seid noch zu jung. Ich fürchte, ihr würdet die Prüfungen nicht bestehen, die auf euch warten. Es wäre viel zu gefährlich – für euch und für alle.« Cosimo und Giacomo sahen sich an. Und in diesem Augenblick stand fest, dass dies genau das war, was sie gesucht hatten. Ein Geheimnis. Drohende Gefahr. Den Beweis von Mut und Stärke. Cosimos Hände vibrierten vor innerer Erregung, und Giacomo fuhr sich aufgeregt durch seine dichten dunklen Locken.
    »Wir sind mutig«, erklärte er mit bebender Stimme. »Und wir sind stark. Wir sind bereit, jede Prüfung zu bestehen, die uns auferlegt wird.«
    »Genau«, stimmte Cosimo seinem Freund zu und wäre ohne mit der Wimper zu zucken auf der Stelle und nur mit einem Schwert bewaffnet bis ans Ende der Welt geritten, um dort jedes Ungeheuer zu töten, dass sich ihm in den Weg stellen würde, und sei es noch so furchterregend.
    Die Frau sah von einem zum anderen. Sie runzelte die Stirn, dachte nach, während die beiden Freunde, eingespannt zwischen den beiden Schraubzwingen Neugierde und Hoffnung, zitternd vor Ungeduld auf ihre nächsten Worte warteten.
    »Heute seid ihr mutig. Heute seid ihr von Tatendrang erfüllt. Allerdings scheint jetzt die Sonne, und die Freundlichkeit und Milde des Tageslichts vertreiben selbst den dunkelsten Nachtmahr. Doch was wird sein, wenn die Schatten der Dunkelheit aus ihren Winkeln hervorgekrochen kommen und Zweifel und Angst – die beiden schrecklichen Schwestern der Nacht – euch mit ihren eisigen Klauen packen? Werdet ihr dann immer noch genügend Mut aufbringen?« Sie atmete tief ein, legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander und schloss die Augen, als ob sie beten würde. Oder vielleicht hielt sie auch mit irgendeinem unsichtbaren Wesen aus der Unterwelt Zwiesprache. Cosimo wagte kaum sich zu rühren.
    Endlich, nachdem eine Ewigkeit verstrichen war, öffnete sie die Augen wieder.
    »Also gut. Ich werde euch eine Bedenkzeit geben. Prüft eure Herzen, ob ihr wirklich bereit seid, das Geheimnis in Empfang zu nehmen. Solltet ihr euch dazu entschließen, so kommt morgen zur Mittagszeit, wenn die Kirchenglocken zu Ehren der Verkündigung des Herrn läuten, nach San Miniato al Monte. Ich werde euch bei dem Wäldchen, das unterhalb des Klosters liegt, erwarten, um euch in der Stille und Abgeschiedenheit des Ortes fern von neugierigen Ohren das Geheimnis mitzuteilen. Doch bedenkt: Das, was ich euch anvertrauen will, ist gefährlich. Niemand wird euch zürnen, falls ihr euch anders entscheiden solltet.«
    »Wir werden uns nicht anders entscheiden«, versicherte Giacomo eifrig. »Wir werden morgen zur verabredeten Stunde in San Miniato al Monte sein. Darauf kannst du dich verlassen.«
    »Wir werden sehen«, erwiderte die Frau mit mildem Lächeln. »Geht jetzt. Vor dem Zelt warten noch mehr junge Burschen und Mädchen auf meinen Rat.«
    Sie wandten sich zum Gehen. Cosimo schob den Vorhang zur Seite
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