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Verschwörung in Florenz

Verschwörung in Florenz

Titel: Verschwörung in Florenz
Autoren: Franziska Wulf
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jedes einzelne Wort auf eine andere Art zu verschlüsseln. Oft kann ich noch nicht einmal erkennen, um welche Buchstaben in welcher Sprache es sich handeln soll. Ein paar Worte habe ich mittlerweile entziffern können. Nicht viel, aber immerhin ein Anfang.« Er reichte dem Freund einen Bogen Pergament, auf dem er Notizen gemacht hatte. »Dies ist die Ausbeute von zwei Nächten Arbeit. Wenn es so weitergeht, haben wir den vollständigen Text spätestens zur Weihnachtszeit.«
    Aufmerksam las Giacomo, dann runzelte er die Stirn. »Das klingt wie das Geschwätz eines Wahnsinnigen«, sagte er.
    »Sieben … dreiundzwanzig … Maß … neun … Weizen … wenig … Körper … Schlaf. Das ergibt doch keinen Sinn. Und was soll diese sinnlose Aneinanderreihung von Buchstaben? Wer soll daraus schlau werden?«
    Cosimo zuckte hilflos mit den Schultern. »Keine Ahnung. Die Worte, die ich entziffern konnte, waren mit griechischen Buchstaben, aber in arabischer Sprache geschrieben. Außerdem fand ich noch ein paar lateinische Worte in gotischer Schrift. Ich vermute, dass der ganze Text in dieser Art verschlüsselt ist, doch irgendwie komme ich nicht weiter.«
    »Lass mal sehen.«
    Gemeinsam beugten sich Cosimo und Giacomo über das kostbare alte Pergament. Sie starrten auf die blasse Schrift, als versuchten sie mit ihren Blicken ein Loch hineinzubrennen.
    »Das ist doch völlig unverständlich«, murmelte Giacomo mit gerunzelter Stirn. »Wer soll das denn jemals … Moment mal, das hier kommt mir irgendwie bekannt vor.« Er kniff die Augen zusammen und deutete auf eines der vielen in seltsamen fremden Buchstaben geschriebenen Worte. »Aber ist denn das überhaupt möglich? Wenn … Aber es muss so sein!« Plötzlich wurde er aufgeregt. »Schnell, Cosimo, ich brauche einen Spiegel.«
    Cosimo eilte zu seiner Kommode und holte ein in Seide eingewickeltes und mit einer Schleife verziertes Päckchen aus der obersten Schublade. Darin war ein Handspiegel, ein Geschenk an seine Cousine zu ihrer bevorstehenden Verlobung. Doch die alte Handschrift war jetzt wichtiger. Er würde seiner Cousine ein anderes Geschenk machen. Hastig riss er die Schleife auf, streifte den Stoff von dem Spiegel und reichte ihn seinem Freund. Der drehte das Pergament, sodass die Schrift auf dem Kopf stand und hielt den Spiegel so, dass sich die Zeilen darin abbildeten.
    »Das ist es«, sagte er, heiser vor Aufregung. »Ich dachte mir gleich, dass es mir bekannt vorkommt. Das sind hebräische Buchstaben.« Er richtete sich auf und sah Cosimo triumphierend an. »Hebräische Buchstaben, geschrieben in Spiegelschrift.«
    Mit Hilfe des Spiegels entschlüsselten sie bald auch den Rest. Cosimo hatte nicht übertrieben, nahezu jedes Wort hatte seinen eigenen Code. Bei manchen waren nur die Buchstaben spiegelverkehrt, oder man musste das Wort rückwärts lesen, um seine Bedeutung zu erkennen. Doch meist war es viel komplizierter. Und oft genug mussten sie den Spiegel mehrmals anwenden, bis sich ihnen schließlich die wahre Bedeutung eines Wortes enthüllte. Aber sie ließen nicht locker. Ihre Wangen glühten vor Eifer, vergessen waren Kälte und Müdigkeit. Sie waren wie besessen. Cosimos Feder zuckte über das Papier, während Giacomo ihm Buchstaben für Buchstaben diktierte. Und endlich, als sich der neue Tag mit dem ersten Lichtschimmer und dem Morgengesang der Vögel ankündigte, war es geschafft – klar und deutlich lag der Text des alten Pergaments vor ihnen.
    »Lies vor«, sagte Giacomo und stieß Cosimo in die Seite.
    »Ich bin viel zu nervös.«
    Cosimo räusperte sich. Seine Stimme klang seltsam heiser, als er langsam und stockend begann.
    »… Ähnliche Ingredienzien benötigt folgendes Rezept, dessen Wirkung sich jedoch auf das Erstaunlichste von der des vorangegangenen unterscheidet. Der Magicus nehme …« Es folgte eine Aufzählung von mindestens zwei Dutzend verschiedenen Zutaten und ihren genauen Mengen- und Gewichtsanteilen. Dann ging es weiter. »Die trockenen Zutaten werden miteinander gemischt und falls nötig im Mörser zu einem feinen Pulver zerstoßen, anschließend zu den flüssigen gegeben, die vorher ebenfalls sorgfältig gemischt wurden. Man koche nun das Ganze auf kleiner Flamme, bis sich alle Substanzen miteinander verbunden haben und die Flüssigkeit eine klare, dem Auge wohlgefällige tiefrote Farbe angenommen hat. Man ziehe nun den Topf vom Feuer, füge der Flüssigkeit noch eine Prise fein zerstoßenes Salz hinzu und lasse sie erkalten.
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