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Verschollen

Titel: Verschollen
Autoren: Åke Smedberg
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den Kopf.
    »Sie hätten sie bekommen, um für ihre Sünden zu büßen, pflegten sie häufiger zu sagen. Und davon gab es ja auch einige.«
    Er sah Nielsen durchdringend an.
    »Göte Härlin konnte seine Finger nicht von ihr lassen. Von Inga bekam er wohl nicht, was er brauchte. Zumindest genügte es ihm nicht. Und sie war daran wohl auch nicht sonderlich interessiert. Sie hatte ihre Tabletten, das wussten Sie, nicht wahr? Hat sie wie eine verdammte Ratte in sich reingestopft.«
    Er machte eine kurze Pause und leckte sich wieder über die Lippen.
    »Das hatte schon früh angefangen. Als sie zehn war, wie Dede mir erzählt hat. Und die Alte wusste davon. Am Anfang behauptete sie, dass Dede sich das eingebildet habe. Später sagte sie dann gar nichts mehr. Tat so, als sei das etwas ganz Natürliches, aber nichts, worüber man reden musste. Natürlich wusste auch Kaj davon. Aber der war programmiert, konnte nur denken, wenn man ihm das befohlen hatte. Und sobald etwas geschah, was Unannehmlichkeiten mit sich gebracht hätte, sind sie umgezogen. Vielleicht ist Ihnen das aufgefallen, als Sie versucht haben, die Herrschaften genauer unter die Lupe zu nehmen? Die waren sich so sicher, dass sie ewig so weitermachen konnten. Aber sie haben sich geirrt. Es war genau einmal zu viel. Das war eine Woche vor dem Brand. Bis dahin hatte er sie ein ganzes Jahr lang in Frieden gelassen. Aber dann konnte Göte offensichtlich nicht mehr an sich halten.«
    Er lachte auf.
    »Ich war es, der ihr dann das Messer gab und ihr sagte, dass man es ordentlich machen muss, wenn man will, dass es endgültig ist. Sie ging ins Schlafzimmer, und ich konnte die Alte schreien hören. Göte Härlin war unten im Keller und kam hochgelaufen. Ich wusste, was zu tun war: Ich hab ihn rücklings die Kellertreppe hinuntergestoßen. Er stürzte geradewegs auf den Betonboden und brach sich das Genick. Hat vermutlich gar nicht begriffen, was geschah. Die Alte wimmerte noch im Schlafzimmer, ich verriegelte die Tür und suchte Kaj. Er saß in einer Ecke und war steif wie ein verdammter Stock. So hat er immer reagiert, wenn etwas passierte. Konnte sich kaum bewegen. Ich scheuchte ihn in den Keller. Er übergab sich, als er Göte dort liegen sah, aber ich zwang ihn, mir zu folgen. Wir haben fast eine Stunde lang Sprengstoff aus dem Lager in die Maschinenhalle und in den Keller getragen. Und zusätzlich haben wir noch eine Brennstofftonne dorthin gerollt. Alles Brennbare, das wir in die Finger bekamen. Dede hat die ganze Zeit gehustet und gekrampft. Kaj musste sie ins Auto tragen. Ich habe einen Elektromotor kurzgeschlossen und eine Leitung gelegt. Und dann hieß es nur noch, so schnell wie möglich von dort wegzukommen.«
    Er strich sich übers Gesicht und lachte wieder.
    »Können Sie das glauben? Dass es tatsächlich gelang? Ich dachte, dass sie spätestens nach ein paar Tagen nach uns suchen würden. Aber nichts geschah. Und keiner hatte uns gesehen. Das Auto hatte ich auf dem Weg zu ihnen geklaut. Und keiner hatte den Wagen bemerkt, als wir wegfuhren.«
    Er beugte sich wieder nach vorne und betrachtete Nielsen. Sein Blick war fiebrig und verschleiert.
    »Ich wusste, dass ich gezwungen war, mich um sie zu kümmern. Sie hatten ja nur mich. Ich habe sie mitgenommen. Es gab eine Bleibe draußen in Aspudden, wo wir unterkommen konnten. Dreißig Quadratmeter. Fast drei Monate lang. Aber Dede ging es jeden Tag schlechter. Ich wusste, dass ich einen Ausweg finden musste. Zu dem Zeitpunkt bin ich ihm wieder begegnet. Und habe erkannt, wie wir das Problem lösen könnten.«
    Er verzog die Lippen zu einem Grinsen.
    »Bengt Andersson!«, sagte er und spuckte den Namen förmlich aus. »Er dachte, ich hätte Angst vor ihm, versuchte, mich für ihn arbeiten und sich den Arsch lecken zu lassen! Der hatte keine Ahnung, wie sehr er sich irrte. Kein Teufel würde nach ihm suchen, das war mir klar. Und auch nicht nach dieser Schlampe, mit der er herumzog. Es würde funktionieren, da war ich mir sicher. Ich würde ihnen ein neues Leben geben können!«
    Er verstummte für einen kurzen Augenblick. Bewegte sich auf seinem Stuhl und wiegte sich von der einen zur anderen Seite.
    »Zuerst hatte ich vor, es dort unten, in der Gegend von Stockholm durchzuziehen. Aber dann fing er an, von seinem Plan zu sprechen, in Häuser einzubrechen, deren Besitzer im Urlaub waren. Und mit einem Mal ergab sich alles wie von alleine. Es war keine Kunst, ihn nach Bräcke zu locken. Er war nicht besonders
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