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Verschollen

Titel: Verschollen
Autoren: Åke Smedberg
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schließlich. »Sie ist seit dreißig Jahren tot, nicht wahr? Sie wird wohl nicht so viel Aufsehens von sich machen können.«
    Bernt Larssons Gesicht wurde vollkommen ausdruckslos. Eingefallen und alt sah er auf einmal aus. Wieder begann sein Körper zu zucken. Leichte Spasmen, die sich nach unten fortzupflanzen schienen, sodass es aussah, als würde er auf dem Stuhl einen dilettantischen Tanz aufführen. Nielsen sah ihn an und musste unfreiwillig grinsen.
    »Sie sind krank, Larsson«, sagte er. »Ich weiß nicht wie krank und wie viel davon gespielt ist. Und es kann auch auf ein und dasselbe herauskommen. Ich habe trotzdem kein Mitleid mit Ihnen.«
    Er sah weg und schüttelte den Kopf.
    »Wie konnten Sie nur glauben, dass es funktionieren würde? Desirée Härlin benötigte ärztliche Versorgung und Medikamente. Das wäre niemals gut gegangen. Und Kaj Härlin, wie hätte er als Bengt Andersson weiterleben sollen? Haben Sie wirklich geglaubt, dass es geht? Oder denken Sie sich das nur aus? Wieder nur Theater?«
    Bernt Larsson hatte sich am Tisch festgeklammert, die Zuckungen nahmen langsam ab. Dann holte er einige Male tief Luft und streckte sich, als wäre er gerade aufgewacht. Er verschränkte die Arme über der Brust und zeigte Nielsen ein breites Lächeln.
    »Vor nicht allzu langer Zeit waren Sie noch davon überzeugt, dass Kaj Härlin genau das getan hat - als Bengt Andersson zu leben. Dreißig Jahre lang! Oder habe ich Sie in diesem Punkt falsch verstanden?«
    John Nielsen antwortete nicht, fixierte den anderen nur. »Ivarsson«, sagte er schließlich. »Das war doch alles gelogen, was Sie mir erzählt haben, oder? Um neuerlich Verdacht zu säen? Und er ist auch tot, nicht wahr?«
    Bernt Larsson warf ihm einen Blick aus den Augenwinkeln zu, ein hasserfülltes Grinsen huschte über sein Gesicht. Dann entspannte er sich wieder, zuckte mit den Schultern und lächelte versonnen.
    »Er hatte wohl immer schon diese Neigung zu Männern. Und als sie ihm erzählten, dass Kaj Härlin noch am Leben sein könnte, da war er vermutlich ganz außer sich. Also, was das anbelangt, musste ihm doch jemand die Augen öffnen.«
    »Was ist mit ihm geschehen?«, fragte Nielsen.
    Bernt Larsson legte den Kopf auf die Seite.
    »Woher soll ich das wissen. Darüber können Sie ja ein bisschen grübeln! Aber das wird schon werden. So scharfsinnig wie Sie sind!«
    Dann lachte er plötzlich laut auf.
    »Und nun sind Sie hierher gekommen, um Gerechtigkeit walten zu lassen? Wie hatten Sie sich das denn vorgestellt?«
    »Das werden Sie schon in die Hand nehmen«, erwiderte Nielsen. »Ist das nicht das, worum es hier eigentlich geht? Warum haben Sie Anna-Greta Sjödins Skelett überhaupt wieder ausgegraben? Und der Brief in den Achtzigern, den haben doch Sie geschrieben? Sie wollten, dass jemand mit der Suche beginnt. Ist das nicht auch der Grund, warum Sie mich nicht in Ruhe lassen konnten?«
    Bernt Larsson lächelte in einem fort, ohne zu antworten.
    »Ich glaube nicht, dass ich besonders viel anstellen muss, um die Lösungen zu finden, ehrlich gesagt«, fuhr Nielsen fort. »Ich glaube, dass Sie sehr bald über diesen Grat klettern, auf dem Sie herumbalancieren. Ich glaube sogar, dass es Ihr tiefster Wunsch ist und dass Sie die ganze Zeit auf dem Weg dorthin waren.«
    Bernt Larsson beugte sich weit über den Tisch.
    »Dann glauben Sie also, dass ich bald das bekomme, was ich verdiene, ja? Wissen Sie denn, was ich verdiene?«
    Jetzt fixierte er Nielsen mit beinahe glühenden Augen.
    »Nichts!«, schrie er und stieß ein schrilles Gelächter aus. »Und genau das werde ich auch bekommen. Nichts!«
    Nielsen erhob sich langsam.
    »Ja, dann müssen Sie sich wohl auch keine Sorgen machen.«
    Bernt Larsson schob seinen Stuhl nach hinten, öffnete die Schranktür zu seiner Rechten, holte die abgesägte Schrotflinte heraus und richtete sie auf Nielsen. Mit einer schnellen Bewegung entsicherte er das Gewehr.
    »Hatten Sie vor, hier einfach so rauszuspazieren? Das ist aber nicht sehr höflich, finde ich. Vielleicht will ich ja, dass Sie bleiben.«
    Nielsen erstarrte in seiner Bewegung und blieb, die Hände auf die Tischplatte gestützt, leicht gebückt stehen. Er sah, wie Bernt Larsson seinen Zeigefinger um den Abzug krümmte.
    »Machen Sie keine Dummheiten«, sagte er heiser. »Sie schaffen es niemals, aus so einer Geschichte noch einmal rauszukommen.«
    Larsson lachte.
    »Was sagen Sie da? Ich schaffe das nicht? Glauben Sie nicht, dass ich in dieser
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