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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt
Autoren: Petra Richartz
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Handy sprach, betrachtete Matt sie eine Weile und sein Blick verriet leise Enttäuschung. Sara bekam nicht mal mit, als er langsam ging. Coop guckte noch einmal zu Sara und rannte dann Matt hinterher. „Ich muss los!“ Sara klappte ihr Handy aufgeregt zu, hob ihre Jacke auf, die ihr zuvor noch als Decke am Strand gedient hatte, gab Kelly einen flüchtigen Kuss und rannte los. „Was ist denn passiert um Gottes Willen?“, rief Kelly ihr hinterher. Sara blieb stehen und drehte sich um. Kelly blickte für wenige Sekunden in ihr Gesicht. Alles, was sie in ihrem Blick sehen konnte, war Verzweiflung.

Kapitel 3

    Sara lief weiter in Richtung Pier, wo sie ihren Wagen geparkt hatte und stieg ein. Ihr Auto war ein alter verbeulter Ford Sierra, der ihr seit elf Jahren treu ergeben war. Sie drehte den Schlüssel im Zündschloss und nach anfänglichen Problemen sprang der Wagen an, worauf ein Schwall warmer Luft aus den Lüftungsschlitzen strömte. Aus dem Radio ertönte „Ain’t no mountain high enough“ in der Cover-Version von Diana Ross. Sara hasste das Lied und schaltete das Radio aus, ebenso die Belüftung. Stille. Sara schloss die Augen, versuchte sich zu sammeln und verharrte einige Sekunden. „Ein viertes Kind!“, flüsterte sie vor sich hin.

    Sie atmete tief durch und fuhr los. Laut Navigationsgerät brauchte sie 29 Minuten bis zum Tatort. Sie fuhr los und kam an ausgedehnten Parkanlagen, Shopping Malls, Boutiquen, Kinos, Bars und Restaurants vorbei. Menschen säumten die Straßen und Sara hätte nur allzugerne ihr Leben gegen eines dieser unbeschwerten Leute eingetauscht. Ihr Weg führte sie schließlich am Mission Boulevard entlang, weiter auf dem Sunset Cliff Drive - einer wunderschönen Küstenstraße. Doch diese Schönheit Kaliforniens nahm Sara schon lange nicht mehr wahr. Tausend Gedanken strömten durch ihren Kopf. In den letzten drei Monaten waren bereits drei Kinder verschwunden. Alle auf die unterschiedlichsten Arten – ohne jeglichen Zusammenhang. Die ganze Welt schien von dieser Entführungsreihe zu sprechen, aber keiner wusste etwas Genaues. Es waren zwei Jungen und ein Mädchen. Alle im Alter zwischen sieben und zehn Jahren. Sie schienen willkürlich ausgesucht worden zu sein. Kein Erpresserbrief, kein Anruf. Nichts. Keine Spur vom Entführer. Keine Forderung, absolut nichts. Das Ermittlerteam wurde in den letzten Monaten von anfangs vier Leuten auf mittlerweile 20 Cops aufgestockt. Aber auch das brachte nichts. Sara war verzweifelt, sie wusste nicht weiter. Sie hatten sämtliche Maßnahmen veranlasst. Alle Nachbarn wurden akribisch befragt, nach ähnlichen Fällen in der Vergangenheit wurde gesucht, sämtliche Pädophile in der Gegend observiert – ohne jeglichen Erfolg.

    Das Navigationsgerät zeigte an, dass sie ihr Ziel unmittelbar erreicht hatte. Point Loma, eine gute Wohngegend in San Diego. Gepflegte Vorgärten, liebevoll gestaltete Hausfassaden schlängelten sich die Straße lang. Diese Idylle sollte aber schnell zerschmettert werden. Die pulsierenden blauen Lichter mehrerer Streifenwagen durchbrachen das friedliche Muster und ließen alle, die sich diesem Ort näherten, wissen, dass hier etwas Schreckliches passiert war. Sara atmete durch. Von weitem konnte sie erkennen, dass auch schon die Presse vor Ort war. „Woher wissen diese Aasgeier immer sofort Bescheid?“, ärgerte sie sich. Sie parkte ihr Auto, wenn man das so nennen konnte - halb auf der Straße, halb auf dem Gehweg. Die untergehende Sonne strahlte immer noch vom Himmel und spiegelte sich auf den Fenstern der anderen Autos.

    Als Sara ausstieg, kam ihr Lilly Preston, ihre Kollegin, schon schnellen Schrittes entgegen. Ohne sie zu begrüßen, fragte Sara ungeduldig: „Was haben wir?“ Lilly kannte es nicht anders und präsentierte ihr den bisherigen Kenntnisstand. „Bryan Gore, zehn Jahre alt. Er kam nach der Schule nach Hause, hat gegessen und wollte ein paar Körbe in der Einfahrt werfen. Plötzlich war er verschwunden. Die Haushälterin hatte nur einen Moment nicht hingesehen.“ Die beiden waren am Haus angekommen. Großes Chaos herrschte, Polizisten hatten den unmittelbaren Tatort abgesperrt. Beamte in weißen Overalls sicherten Spuren. Die Einfahrt war mit einem leuchtend gelben Flatterband abgesperrt, auf dem mit großen Buchstaben POLICE LINE, DO NOT CROSS stand. Der Basketball des Jungen lag in der Einfahrt. Schaulustige drängten sich um die Absperrung, ebenso wie unzählige Reporter, TV-Teams und Fotografen.
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