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Verrueckt nach Brause

Verrueckt nach Brause

Titel: Verrueckt nach Brause
Autoren: Gabi Groger
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die Stadt, ich fühle mich so beschwingt und
betrachte mein Spiegelbild in den Schaufenstern.
    Nicht schlecht für
38, denke ich. Der männliche Zuspruch der letzten Tage scheint mir gutzutun.
Ich komme mir plötzlich richtig attraktiv vor. Einbildung ist auch 'ne Bildung.
Scheiß drauf und genieße es, sage ich mir.
    Ich komme an einem
Pelzgeschäft vorbei und betrachte die Jacken und Mäntel. Als Deko stehen auf
dem Boden Tiere aus Pelz, ein Hase, ein Bär und ein Igel.
    Die machen Tiere aus
Tieren, wie makaber, kommt es mir in den Sinn. Wenn ich berühmt wäre, würde ich
auch Werbung für PETA machen. Aber da ich das nicht bin, gehe ich schnell
weiter, denn der Anblick dieser Auslage macht mich nicht grade fröhlicher.
    Als ich so die
Einkaufsstraße entlang schlendere, fällt mir ein kleiner Junge mit einem Roller
auf. Er ist ca. drei bis vier Jahre alt, und er fällt mir nicht etwa auf, weil
ich ihn so süß finde, sondern, weil ich denke, „was für ein unsympathisches
Kind“. Sagen darf man das ja nicht, wenn man ein Kind scheiße findet, besonders
bei kleinen Kindern ist das verpönt. Da müssen alle vor Verzückung rufen: „Oh, wie
süß“. Meist sind sie das in dem Alter ja auch noch, aber an diesem Jungen kann
ich nichts Nettes erkennen.
    Als ich kurze Zeit
später die Auslage eines Juweliers betrachte, weiß ich auch warum. Der kleine
Junge will mit seinem Roller genau da herfahren, wo ich stehe und bekundet dies
mit lautem Geplärre und indem er versucht, mich mit seinem Gefährt
wegzuschubsen. Seine Mutter geht einfach weiter und schert sich einen Dreck um
das Gebaren ihres Früchtchens. Am liebsten würde ich den mal kurz treten oder
ihm wenigstens den Ellbogen in die Seite rammen, aber darf man das? Nein,
natürlich nicht. Wenn das einer sieht, dann hat man den Salat. Also beherrsche
ich mich und bleibe einfach wie angewurzelt stehen und betrachte weiter die
Auslage, während neben mir der Junge tobt und schreit und mich von der Seite
mit seinem Roller anfährt. Ich zische nur: „Verpiss dich, Scheißbalg“, aber er
guckt mich nur bescheuert an, versteht mich wohl nicht oder ist vielleicht
nicht ganz gescheit. Irgendwann ruft seine Mutter ihn dann doch mal und siehe
da, er erkennt die Ausweglosigkeit seiner Situation, steuert seinen Roller um
mich herum, und verzieht sich. Triumphierend lächele ich ihm hinterher.
    Als ich nach Hause
komme, wartet schon schwanzwedelnd mein Ben auf mich.
    „O.k., gehen wir
raus“. Ich schnapp mir den Hund und auf geht’s in den Park. Müssen die Mails
halt noch 'ne Stunde warten, und es ist so schön sonnig draußen.
    Während Ben mit
einer Hündin auf der Wiese tollt, überlege ich schon mal, wie mein
Begrüßungstext aussehen könnte. Irgendwas mit Hund und Kind, damit Mann sofort
weiß, woran er ist, aber irgendwie interessant ausgeschmückt. Ich rufe nachher
mal Caro an. Vielleicht fällt der was Tolles ein.
    Grade rechtzeitig
sehe ich, wie ein Vater mit seinem Kind, das ein Brötchen in der Hand hält, den
Weg entlangläuft.
    „Ben, hiiieeerrr“,
rufe ich scharf, wie ich es bei meiner Hundetrainerin gelernt habe. Und
tatsächlich, mein Hund kommt sofort. Ich muss zugeben, es funktioniert nicht
immer. Das 300,00 Euro teure 10-Stunden-Training ist jetzt auch schon 1 ½ Jahre
her. Das war vielleicht ein Spaß. Ich musste dreimal täglich mit Ben üben. Erst
musste ich mit ihm Bei-Fuß-Gehen üben, und zwar mit einer langen Leine. Dann
musste ich während des Gehens ständig ganz schnell die Richtung wechseln,
sobald der Hund anfing, zu ziehen. Da er anfangs ständig zog, bestanden die
ersten Tage des Trainings aus einem ständigen Wechseln der Richtung. Mir war
das ziemlich peinlich, denn es muss auf andere Leute recht merkwürdig gewirkt
haben, wenn ich auf sie zu kam, um dann plötzlich auf dem Absatz kehrt zu
machen, ein Stück zu gehen, mich schon wieder in die entgegengesetzte Richtung
drehend…
    Aber meine Trainerin
Angela meinte, viel peinlicher sei es, einen Hund zu haben, der nicht hört und
anderen Leuten Essen klaut. O.k., da hatte sie recht.
    Die ersten Tage
träumte ich sogar nachts von abrupten Richtungswechseln, aber nach ein paar
Wochen ging mein Hund brav bei Fuß. Die Keksklauerei unterließ er im Beisein
der Hundetrainerin auch. Wenn ich mit ihm allein unterwegs war, sah das dann
etwas anders aus. Einmal sagte ich zu Angela:
    „Ich glaube, bei Ben
ist Hopfen und Malz verloren“, worauf sie erwiderte:
    „Bei manchen
Hundehaltern ist
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