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Verrat und Verführung

Verrat und Verführung

Titel: Verrat und Verführung
Autoren: HELEN DICKSON
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wohlüberlegt begegnen, nicht mit jugendlichem Wagemut. Natürlich musste ich ihm zustimmen und betonen, es sei höchste Zeit, dass man den Verbrechern, die unschuldige Reisende überfallen, das Handwerk legt. Endlich würde man sie der gerechten Strafe zuführen.“
    „Aber – ausgerechnet heute Nacht! Was werden wir tun? Mark Buckley hat alles geplant. Wenn Lord Rockley ihm in die Quere kommt …“
    „Nein, das wird er nicht tun!“, fiel William ihr aufgebracht ins Wort. Rastlos wanderte er in dem schmalen Raum zwischen Christina und der Blumenvase hin und her. „Irgendwie müssen wir ihn daran hindern, Verdacht zu schöpfen.“
    „Oh, ich wünschte, wir könnten den Ball absagen und die Leute benachrichtigen, damit sie nicht hierherkommen!“
    „Dafür ist es zu spät. Außerdem würde Mark das nicht gestatten. Du kennst die Regeln“, fügte William in bitterer Ironie hinzu. Nicht zum ersten Mal verfluchte er den Tag, an dem er Mark Buckley kennengelernt hatte und in dessen Klauen geraten war. „Heute Abend wird sich der Landadel in Oakbridge amüsieren. Aus den Fenstern dringt helles Licht, die Getränke fließen in Strömen – reichlich genug, um die Sinne der Gäste bis zur Heimfahrt zu betäuben. Tun wir, was Mark sagt. Dann wird alles gut. Beim Himmel, Christina, wenn du etwas ausplauderst, wird er uns beide vernichten.“
    Um das Zittern ihrer Hände zu verbergen, schlang sie die Finger fest ineinander. „Das verstehe ich, William. Noch nie im Leben habe ich getratscht. Für mich spielt es keine Rolle, was Mark Buckley macht oder in welcher Gesellschaft er sich herumtreibt. Was immer er beschließt, ich befolge seine Befehle, und er wird keinen Grund zur Klage haben. Aber wenn er dich auf irgendeine Weise verletzt, hole ich einen Richter hierher und hetze dem elenden Kerl das Gesetz auf den Hals. Dann soll er nur versuchen, mich zu vernichten!“
    Mit dieser leidenschaftlichen Drohung entlockte Christina ihrem Bruder ein grimmiges Lächeln. „Was für eine imposante Ansprache, meine Liebe! Wenn man dich kratzt, zeigst du deine Krallen. Aber Mark ist schlauer als das Gesetz, das wissen wir beide. Und die eingeschüchterten Konstabler wagen es nicht, ihre Nasen in seine Angelegenheiten zu stecken.“
    Dem konnte sie nicht widersprechen. Stets hatte sie sich in der ruhigen, komfortablen Existenz glücklich und zufrieden gefühlt, in die sie hineingeboren worden war – bis zu Williams Begegnung mit Mark Buckley. Da hatten sich die Räder des Schicksals in Bewegung gesetzt, sie aus ihrer angenehmen, vertrauten Welt gerissen und in eine ungewisse Zukunft katapultiert, in der Furchterregendes lauerte.
    Sie kannte keinen Mann, der ihr größere Angst einjagte als Mark Buckley. In seiner Bruderschaft gab es viele Leute, die vor ihm katzbuckelten oder ihn gar fürchteten. Mit eiserner Hand regierte er die Diebesbande. Die Versammlungen der Gruppe fanden in einem Labyrinth aus alten Tunnels unterhalb von Oakbridge Hall statt.
    Am Ausgang eines dieser Gänge lag der Raum, den der Befehlshaber benutzte, ein perfekter Schlupfwinkel – für seine Organisation so günstig gelegen, dass alle Mitglieder und er selbst nach Belieben kommen und gehen konnten. Oakbridge befand sich im Zentrum seiner Domäne, in einem Gebiet, das die Konstabler mieden. Hier in der Gegend kannte Mark jede Straße und jeden Pfad, alle Häuser, alle Verstecke, alle Fluchtwege. Die Schurken, die für ihn arbeiteten, schuldeten ihm beträchtliche Anteile an ihrer Beute. Wer es wagte, das Diebesgut an einen anderen Ort zu befördern, wurde vom Fluss hinweggespült, noch bevor der Tag zu Ende ging.
    Nur abgebrühte, hart gesottene Halunken begehrten gegen Mark Buckley auf. Und so tapfer der junge Herr von Oakbridge sich auch verhalten wollte – er gehörte nicht dazu. Der Anführer hatte erklärt, wenn William sich seinen Wünschen widersetzte, würde er sterben.
    Gewiss war das keine leere Drohung. William wusste es. Mit gutem Grund bangte er nicht nur um sein eigenes Leben. Auch seine Schwester schwebte in tödlicher Gefahr.
    Schon seit langer Zeit gab Christina sich keinen Illusionen über ihren Bruder hin. Immer wieder verbannte sie alle bedrückenden Fantasiegebilde, die eventuelle Konsequenzen seiner verhängnisvollen Beziehung zu Buckley betrafen, aus ihren Gedanken. Sonst würde sie vor lauter Sorge in ein frühes Grab sinken. So innig sie ihn auch liebte – dass er zur Faulheit und Leichtfertigkeit neigte, konnte sie nicht
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