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Verplant verliebt

Verplant verliebt

Titel: Verplant verliebt
Autoren: Kerstin Boehm
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sie das Geschehene knapp zusammenfassen?
    „Oh, net schon wieder. Was isch mit den Männern heutzutag bloß los?“, stieß ihre Tante hervor. Sie rutschte näher und legte ihren Arm um Maries Schultern.
    Schon wieder? Scheinbar dachte sie an Hannes. Marie fand den Vergleich recht passend. Hannes hatte andere Frauen vor ihr geheim gehalten, Karlo seine Vergangenheit und seine Online-Identität. Marie beschloss, das erst einmal so stehen zu lassen. Sie würde ihrer Familie alles erzählen, wenn sie die ganze Geschichte für sich selbst sortiert hatte.
    „Ich bin müde und möchte mich ein wenig hinlegen“, sagte Marie. Sie ging nach oben, zog sich ihren Schlafanzug an und schlüpfte in ihr Bett. Auch hier lauerten Erinnerungen an Karlo, aber Marie war zu müde, um sich von ihnen überrollen zu lassen. Ihre Mutter brachte ihr eine Wärmflasche und mit ihr kamen die Erinnerungen an eine Kindheit in Geborgenheit. Marie schlief ein.

53
     
    Karlo schlich auf der rechten Spur über die A 81. Die Schlagzahl seines Herzens hatte sich nach fünfzehn Minuten merklich verringert, der Schweiß auf seiner Stirn war getrocknet und sein Körper löste sich allmählich aus der angespannten Starre. Links treten, Gang rein, links zurück, rechts Gas geben. Was die ersten Minuten noch anstrengende Kopfarbeit war, wich allmählich seiner früheren Routine. Karlo war stolz auf sich, doch er wollte nicht übermütig werden und bog mit Tempo 40 auf die Landstraße in Richtung Weinsberg ab. Hinter ihm hupte es, er wurde überholt und bekam sogar zweimal den Stinkefinger gezeigt. Aber das war ihm egal, Hauptsache er kam unfallfrei an.
    Als Karlo endlich vor dem Hexenhäusle die Fahrertür zuschlug, fühlte er sich großartig. Er hatte es geschafft. Karlo atmete tief die frische Spätsommerluft ein und ging zum Eingang des Fachwerkhauses. In diesem Moment war er überzeugt, alles schaffen zu können.
    Als Karlo die Haustür öffnete und Gisela von den Papieren aufblickte, die sie hinter dem Tresen sortierte, war er sich plötzlich nicht mehr so sicher.
    „Ja, bidde?“, fragte sie kalt.
    Karlo hatte keine freudige Umarmung erwartet, aber das nun auch nicht. Giselas Gesichtsausdruck war wie versteinert.
    „Hallo Gisela. Ist Marie da?“
    „Nein“, kam prompt die Antwort.
    „Und Magret? Könnte ich die sprechen?“ Vielleicht ließ Maries Mutter mit sich reden.
    „Nein.“ Gisela verzog keine Miene.
    Wo bitte war ihre Redseligkeit, wenn man sie einmal brauchte, fragte sich Karlo.
    „Sonschd no was?“
    „Nein. Ich setze mich am besten hier hin und warte, bis Magret wieder da ist.“ Karlo nahm auf dem gepolsterten Zierstuhl in der Ecke Platz und legte seine Füße demonstrativ auf den Schemel davor.
    Gisela sortierte weiter ihre Dokumente und beobachtete Karlo aus dem Augenwinkel. Er würde einfach warten, bis sie den Eingangsbereich verließ, dann die Treppe zum Privattrakt hinaufgehen und nachsehen, ob er Marie fand.
    Ein paar Minuten später griff Gisela zum Telefonhörer und drückte eine Schnellwahltaste. „Magret, kannsch du mal kommen?“
    Aha, nun war Magret also doch da. Kurz darauf kam sie die Treppe herunter.
    „Was isch denn?“, fragte sie, während sie ihre Hände an der Schürze abtrocknete. Dann folgte ihr Blick dem von Gisela. „Oh.“ Auch Magret schien ihre Redseligkeit eingebüßt zu haben.
    „Hallo Magret. Ist Marie da?“
    „I glaub net, dass sie mit dir reden mag.“ In Magrets Stimme schwang Milde mit.
    Karlo war erleichtert. „Ich versuche verzweifelt, ihr alles zu erklären, aber sie lässt mich nicht.“
    „Was gibt’s da zu erklärn?“, fragte Gisela barsch.
    „Da gibt es einiges zu erklären. Ich hatte meine Gründe, so zu handeln.“
    Karlo wollte sich gerne Marie erklären und nicht ihrer Tante. Er fragte sich, wie viel Marie ihnen erzählt hatte.
    „Gründe? Welche Gründe könnet bitte rechtfertigen, unser Mädle zu betrüge?“, schmetterte Gisela zurück. Ihre Gesichtsfarbe war nun so rot wie ihre Haare.
    „Betrügen?“, nun war Karlo verwirrt. „Hat sie euch erzählt, ich hätte sie betrogen?“
    Magret runzelte die Stirn. Zögernd sagte sie: „Nicht direkt.“
    „Hört zu, ich habe Mist gebaut und ihr etwas nicht erzählt, was ich ihr hätte sagen müssen. Aber betrogen habe ich sie nicht! Ich liebe Marie, das könnt ihr mir glauben.“ Karlo erschrak über seine eigenen Worte, aber wenn er in sich hineinhorchte, dann empfand er genau das.
    Magret nickte und ging die Treppe hoch.
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