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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Autoren: Michael Rothballer
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über seine eigene Nervosität, denn eigentlich hatte er sich vorgenommen, gelassen zu bleiben. Schließlich war Gelassenheit die Folge von Erfahrung, und er hielt sich für einen außerordentlich erfahrenen Dieb. Um sich abzulenken, beschloss er, den Raum in Augenschein zu nehmen, in dem er sich befand. An der linken Wand stand bis zur gegenüberhegenden Seite eine lange Reihe von Schränken, die wohl im Wesentlichen Küchenutensilien enthielten. Unterbrochen war diese Front nur durch eine breite Tür, die vermutlich zu den anderen Palastteilen führte. Rai ließ seinen Blick noch über die Tische an der rechten Wand schweifen, wo einige kurios aussehende Geschirre kurz sein Interesse weckten. Doch eine Bewegung, die er im Augenwinkel wahrgenommen hatte, veranlasste ihn, sich blitzschnell zu ducken. Direkt rechts neben Rai erstreckte sich bis zur rechten Außenwand der gewaltige Herd, sozusagen das zentrale Heiligtum der Küche. Von dort war die Bewegung gekommen. Ein etwa ein Schritt hoher Sockel trug eine schwere Metallplatte, auf der gekocht wurde. An der vorderen Seite des aus Ziegeln bestehenden Sockels waren zwei kleine Eisentüren eingelassen. Erst bei näherem Hinsehen entdeckte Rai die Katze, die wie ein dicker Brotlaib auf der Herdplatte ausgebreitet lag und ihn mit mäßigem Interesse beobachtete. Sie war es gewesen, die Rai durch eine ihrer seltenen Bewegungen erschreckt hatte. Einigermaßen beruhigt richtete sich Rai wieder auf und näherte sich dem behäbigen Palastbewohner.
    »Du bist zwar auch nicht weniger verwöhnt als die meisten hier, aber ich mag dich trotzdem«, flüsterte Rai. Er kraulte das Tier ein wenig hinter den Ohren.
    »Und jetzt sei eine liebe Katze und mach Platz, damit ich in Ruhe die Thronschätze klauen kann.«
    Er schob sie mit einigem Kraftaufwand von der noch warmen Kochstelle, woraufhin sie beleidigt davonschlich und durch einen Spalt in der Mauer die Küche verließ.
    Der Herd wurde nun einer genaueren Inspektion unterzogen. Etwa anderthalb Schritt über der Kochplatte ragte von der Decke herab ein gemauerter Rauchfang. Die trichterförmige Konstruktion sollte den beim Kochen aufsteigenden Dampf sammeln und durch ein Loch in der Rückwand in den Kamin leiten. Und genau dort wollte Rai hin. Er schwang sich nun behände auf den Herd, erreichte von dort mit einem energischen Sprung die Kante der über ihm liegenden Öffnung zum Kamin und zog sich nach oben.
    Gerade als er seine Füße hochgezogen hatte, wurde mit Schwung die Küchentür aufgerissen. Rai stockte der Atem. Sein Herz verweigerte einen Moment das Schlagen. Ein eisiges Prickeln kroch bis zu seinen Füßen hinab. Er konzentrierte sich angestrengt auf etwaige Geräusche, die ihm das Ausmaß der Gefahr verraten würden. Das nun deutlich vernehmbare Tapsen eines einzigen nackten Fußpaares war für Rai ein Indiz dafür, dass dieser Jemand, der ihn so unangenehm überrascht hatte, kaum hinter ihm her sein konnte.
    Die Worte, die der barfüßige Störenfried in einem fort vor sich hin murmelte, bestätigten Rais Vermutung: »Mach dies, Kuckie, mach jenes, Kuckie! Kuckie hier, Kuckie da, den lieben langen Tag und jetzt auch noch bei Nacht! Die feine Herrin kann ja nicht schlafen wie normale Menschen um diese Stunde.«
    Polternd begann der Unbekannte, unter unablässigem Schimpfen, in irgendeinem Schrank herumzuwühlen. Rais Möglichkeiten zu erspähen, um wen es sich handelte und was er um diese Zeit in der Küche tat, waren sehr begrenzt. Er kauerte wie ein Rollmops in der schmalen Öffnung, die durch die Wand in den Kamin führte. Verzweifelt versuchte er, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und dadurch womöglich entweder zur einen Seite auf die Herdplatte oder zur anderen durch den Kamin in die Feuerstelle zu fallen. Sein einziger Trost, dass ebendort zurzeit kein Feuer brannte, wurde sogleich von Kuckie zunichtegemacht, der sich nämlich daranmachte, genau dort ein Feuer zu entfachen. Heißer, beißender Rauch stieg nun durch den Kamin zu Rai auf. Kuckie setzte einen kleinen Blechtopf mit Milch auf und wartete mit ungeduldig verschränkten Armen, bis sie zu kochen begann. Zu allem Überfluss schien sich seine Laune nun so weit gebessert zu haben, dass er, um die Zeit totzuschlagen, entsetzlich falsch ein altes Kinderlied trällerte. Rai war ernstlich versucht, von der ungemütlichen Kaminöffnung auf den nichts ahnenden Küchenjungen hinabzuspringen und ihm mit dem Feuerholz den Mund zu stopfen. Endlich fing die Milch
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