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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
Autoren: Michael Rothballer
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wies nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen, und lag exakt im Zentrum des Anwesens. Mit seinen Nebengebäuden erstreckte sich der ganze Komplex über beinahe die gesamte Breite des von der Mauer umschlossenen Geländes. Der Rest des Grundstücks bestand aus Gärten und Parkanlagen. Kürzlich war auf der Südseite noch ein wuchtiges Wachhaus errichtet worden. Dort hatten nun das ganze Jahr über hundertzwanzig Gardisten ihr festes Quartier, wodurch der Palast zu einer Festung wurde, die nur von einer starken Armee zu bezwingen war – oder von zwei waghalsigen Verrückten, denen Ruhm und Gold mehr wert waren als ihr eigenes Leben.
    Rai nickte Barat auffordernd zu. »Dann geht’s los, oder?«
    Doch sein älterer Komplize wirkte unschlüssig. Beschwörend legte Barat die Hand auf Rais Schulter. »Bist du dir auch sicher, dass du das schaffst? Lass mich nicht bereuen, dass ich einen unerfahrenen Straßengauner für dieses komplizierte Unterfangen angeheuert habe.«
    »Ich bin nicht unerfahren«, fauchte Rai zurück. »Und du musst überhaupt nichts bereuen – ich krieg das schon hin.«
    Barat nickte und musste innerlich über den Stolz seines jungen Gefährten schmunzeln. »Ist ja gut, ich glaube dir. Also, dann los!«
    Trotz der Dunkelheit schlichen die beiden vorsichtig von einer Hauswand zur nächsten, bis sie nur noch wenige Meter von dem Hintereingang des Parks im Westen entfernt waren. Geduckt verharrten sie dort einen Moment im Schutze der letzten Häuserzeile, ohne dass sie von den beiden schläfrig an der Außenmauer neben dem Tor lehnenden Wachen bemerkt wurden. Im Gegensatz zum Vordereingang des Palasts taten hier nur wenige Gardisten Dienst, da lediglich ein mannshoher, von einer Eisentür verschlossener Mauerdurchgang zu bewachen war. Kein Angreifer würde auf die Idee kommen, durch dieses Tor in das Palastgelände einzudringen. Zum einen war der Eingang von innen gut durch wenige Gardisten zu verteidigen, zum anderen glich der hintere Teil des Parks einem Urwald, in dem sich ein geschlossener Angriff auf den Palast nicht führen ließe. Doch so uneinnehmbar der Palast auch für eine Armee scheinen mochte, er war nicht gewappnet gegen das Eindringen von einem Einzigen, dessen Schild die Dunkelheit und dessen Waffen Geschick und Wagemut waren.
    Zunächst mussten allerdings die beiden Wachen vor dem Eingang aus dem Weg geräumt werden. Gelassen holte Barat eine lange, dünne Röhre aus seinem Mantel hervor. Er steckte einen kleinen, fein gefiederten Pfeil hinein und überprüfte sorgfältig, ob er korrekt saß. Dann führte er das Rohr an die Lippen, zielte und schoss den Pfeil durch einen kräftigen Atemstoß auf einen der beiden Wachposten. Als der Gardist nach kurzem Taumeln zu Boden ging, war nichts weiter zu hören als ein dumpfes Scheppern seiner Rüstung. Dem zweiten Posten blieb nicht einmal genügend Zeit festzustellen, wodurch sein Gefährte niedergestreckt worden war, als auch er, von einem der kleinen Pfeile getroffen, über der anderen Wache zusammensank.
    Nun musste alles sehr rasch gehen. Hintereinander liefen Rai und Barat geduckt zu dem Eingangstor, vor dem die beiden Wachen lagen. Barat stellte sich mit dem Rücken zur Wand, um Rai die Überquerung der Mauer zu ermöglichen. Von den kräftigen Schultern des alten Mannes aus war es für Rai kein Problem, den oberen Rand der Mauer zu erreichen. Ausgerüstet mit nicht mehr als einem kleinen Lederrucksack, zog er sich mühelos nach oben und glitt auf der anderen Seite der Mauer hinab.
    Nachdem Rai verschwunden war, sah sich Barat prüfend um, lauschte einige Zeit dem leisen Schnarchen der Wachen und verbarg dann das Blasrohr wieder sorgfältig in seiner Manteltasche. Behutsam suchte er die Körper der Gardisten nach den Pfeilen ab, die, mit einem seltenen Pflanzensaft aus den südlichen Wäldern benetzt, den sanften Schlaf der Wachposten verursacht hatten. Nur dank Barats guter Beziehungen zu einigen Tileter Händlern hatten seine Ersparnisse ausgereicht, um dieses verbotene Gift zu erstehen. Indes hatte es sich als lohnende Investition erwiesen.
    Nach dem Entfernen der Pfeile verschwanden auch diese rasch in seiner Tasche. Aus einem anderen Beutel, den er bei sich trug, zauberte er nun einen großen Krug hervor und stellte ihn neben sich auf die Erde. Dann setzte er die beiden Wachen Rücken an Rücken vor das Tor, sodass sie nicht umfallen konnten. Nachdem er aus dem großen Tonkrug etwas von der Flüssigkeit, die sich darin befand, auf
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