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Verlorenes Spiel

Verlorenes Spiel

Titel: Verlorenes Spiel
Autoren: Carter Brown
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Das gnadenlose Licht wirkte wie eine herausfordernde Beleidigung der
Würde dieses Körpers, in dem einmal Leben gewesen war.
    »Schneiden
Sie sie ab«, fuhr ich Polnik an.
    »Jawohl,
Lieutenant«, sagte er. »Die Jungens haben schon eine Leiter bereit. Ich habe
mir schon gedacht, daß Sie sie gleich abschneiden lassen wollen, wenn Sie sie
sehen. Ziemlich scheußlich, nicht, Lieutenant?«
    Ich
zündete mir eine Zigarette an und beobachtete die beiden Beamten, die die
Leiter aufrichteten, die der eine von den beiden dann festhielt, während der
andere unbeholfen hinaufkletterte.
    »Wer
hat die Leiche entdeckt«, fragte ich.
    »Die
Mutter hat uns angerufen«, sagte Polnik. »Sie schien einen hysterischen Anfall
gehabt zu haben, wie ich hörte. Sie hat uns zusammen mit ihrem Sohn unten am Tor
erwartet. Ich habe sie bis auf weiteres ins Haus zurückgeschickt. Hier
herumzustehen und alles mit anzusehen, hätte die Sache für die beiden nicht
besser gemacht.«
    »Ja«,
sagte ich geistesabwesend. »Sind die beiden die einzigen Hausbewohner?«
    »Ich
habe noch keine Zeit gehabt, um das herauszufinden«, sagte Polnik
entschuldigend. »Ich habe ein paar Leute am Haus gelassen, Lieutenant, und bin
dann direkt hierher gegangen.«
    Ich
sah zu, wie die Polizeibeamten die Leiche zu Boden gleiten ließen und ging dann
auf sie zu. Polnik ging mir mit der schwanzwedelnden Bereitschaft des
»treuesten Freundes des Menschen«, den Postboten neuerlich ins Bein zu beißen,
voran. Aber Doc Murphy kam ihm zuvor und kniete bereits neben der Leiche, als
wir dort ankamen.
    »Willkommen,
Lieutenant«, sagte Murphy mit forscher Stimme, als er zu mir aufblickte. »Wir
sollten mal irgendwann zusammen zu Abend essen. Das wäre zur Abwechslung mal
was anderes, als sich ewig an einer Leiche zu treffen.«
    »Was
veranlaßt Sie zu glauben, daß mir dabei nicht genauso schlecht würde?« fragte
ich ihn. »Ihr Gesicht direkt vor mir zu sehen und dabei gleichzeitig ans Essen
denken zu müssen...« Ich schüttelte mich.
    Er
hörte gar nicht zu. Er legte die Leiche vorsichtig auf den Bauch und pfiff dann
leise. »Was halten Sie davon, Lieutenant?«
    Ich
blickte aufmerksam in der Richtung seines ausgestreckten Fingers. Direkt unter
ihrem rechten Schulterblatt war ein grobes W in die Haut eingebrannt worden.
    »Ein
Brandzeichen«, sagte Murphy leise.
    »Jüngeren
Datums?« fragte ich ihn.
    »Ganz
jungen Datums«, sagte er. »Keinesfalls älter als vierundzwanzig Stunden. Nach
der Autopsie kann ich das Alter noch genauer bestimmen. Was halten Sie davon,
Lieutenant?«
    »Vorläufig
gar nichts«, sagte ich ehrlich. »Aber ich möchte Fotografien davon.«
    Ich
wandte mich an Polnik. »Lassen Sie die Jungens vom Labor ’ran, und wenn sie
fertig sind, kann der Doktor die Leiche an sich nehmen.«
    »Jawohl,
Lieutenant.« Polnik nickte.
    »Dann
werden wir jetzt mal ins Haus gehen«, sagte ich. »Ich erwarte Sie am Wagen.«
    Ich
ging zum Healey zurück und zündete mir eine neue Zigarette an, während ich
wartete. Fünf Minuten später erschien Polnik.
    »Alles
in bester Ordnung, Lieutenant«, sagte er beglückt.
    »Okay,
los ’rein«, sagte ich zu ihm.
    Wir
quetschten uns in den Wagen, wobei es Polnik erst gelang, die Tür zu schließen,
nachdem er tief ausgeatmet hatte. Ich drückte auf den Anlasser und fuhr zum
Haus.
    »Das
ist doch eine reine Routinesache, Lieutenant?« fragte Polnik.
»Nichtsdestoweniger eine harte Nuß. Warum sollte so ein hübsches Mädchen, wie
die, auf den Gedanken kommen, sich das Leben zu nehmen?«
    »Das
ist das zweitemal , daß Sie das fragen«, sagte ich
zurückhaltend. »Mir wäre es lieber, Sie ließen es.«
    »Tut
mir leid«, brummte er, »aber es bewegt einfach meine Gedanken, Lieutenant.«
    »Das
ist scheinbar ein neues Hobby von Ihnen — Ihre Gedanken zu bewegen«, sagte ich
säuerlich.
    Er
hielt für ganze dreißig Sekunden die Klappe.
    »Ich
vermute, Ihnen gefällt die Sache genausowenig ,
Lieutenant«, sagte er schließlich. »Deswegen sind Sie über die ganze Geschichte
so sauer, nicht wahr?«
    »Da
könnten Sie ausnahmsweise recht haben«, gab ich zu. »Aber eines will ich Ihnen
sagen, Polnik, Sie können getrost aufhören, sich den Kopf darüber zu
zerbrechen, warum sie es getan hat — sie hat’s nämlich nicht getan.«
    »Wie
bitte«, sagte er ausdruckslos.
    »Es
sei denn, sie hätte wie ein Affe den Baum ’ naufmarschieren können«, sagte ich. »Dieser Ast war sechs Meter über dem Boden, die Burschen,
die sie
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