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Verlorenes Spiel

Verlorenes Spiel

Titel: Verlorenes Spiel
Autoren: Carter Brown
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hochrappelte, »daß dies die Abschiedsszene des großen Detektivs ist.«
    »Judy,
Liebling«, sagte ich bittend, »ich komme ja wieder.«
    »So
alt möchte ich mal werden«, sagte sie spöttisch.
    Sie
zog sich die Strümpfe gerade. »Okay«, sagte sie leise. »Wenn du mit allem
fertig bist, kannst du mich ja anrufen.«
    Mehrere
Sekunden starrte sie böse auf das Telefon. »Ich hatte mal einen Freund«,
murmelte sie, »so ein richtig hirnloses Muskelpaket. Es gab nur zwei Sachen,
die er wirklich konnte, und eine davon war, Telefonanschlüsse aus der Wand zu
reißen.« Sie zupfte an ihrer Bluse. »Ich frage mich, was aus dem Kerl geworden
ist.«
    »Tut
mir leid, Liebling«, sagte ich, »ich bin eben nichts weiter als ein
hundertneunzig Pfund schwerer Schwächling.«
    Vista
Valley liegt hinter Bald Mountain, ungefähr fünfzehn Kilometer von Pine City entfernt und im Herzen des Countys, über die der
Sheriff die Polizeihoheit hat. Von der durch dieses Herz führenden Straße
abgesehen, handelte es sich um beinahe jungfräuliche Natur.
    Vor
ungefähr 60 Jahren fanden einige Millionäre, die ihr Geld in der »schmutzigen«
Stadt gemacht hatten, daß die Stadt für sie zu schmutzig sei, um noch länger
darin wohnen zu können. So entdeckten sie das Tal, teilten es in für Millionäre
angemessene Besitzungen auf, erbauten ihre Herrenhäuser und wurden Gentlemen.
Und so liegen die Dinge mehr oder weniger noch heute in dem Tal.
    Der
Besitz der Randalls unterschied sich in nichts von den übrigen. Eine hohe
Ziegelmauer schirmte ihn zur Straße hin ab, so daß Passanten gar nichts anderes
übrigblieb, als sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Große
Bronzetore, die normalerweise verschlossen waren, gaben den Weg zur
Anfahrtsstraße frei, und ein uniformierter Beamter bewachte die exklusive
Abgeschlossenheit der Familie.
    Ich
bremste meinen Austin-Healey. Er erkannte mich, was reizend war, mich aber
keineswegs für die vulkanische Blondine entschädigte, die ich in ihrer nun
nutzlos geschmolzenen Lava zurückgelassen hatte.
    »Sie
brauchen nur ungefähr einen halben Kilometer zu fahren, Lieutenant«, sagte der
Beamte zu mir, »dann sehen Sie links die Lichter. Da ist es dann.«
    »Ist
Sergeant Polnik schon da?«
    »Ja«,
sagte er, »und auch die übrigen. Der Sheriff hat nahezu seine ganze Mannschaft
hier herausgeschickt, Lieutenant.«
    »Nur
er ist zu Hause geblieben«, sagte ich, »was einer der Vorteile ist, wenn man Countysheriff ist.«
    Ich
fuhr, bis ich den Haufen Wagen neben der Zufahrt sah und dahinter das harte
Licht der zwischen den Bäumen strahlenden Scheinwerfer. Ich parkte den Healey
neben einem der Streifenwagen und stieg aus. Ein Hüne tauchte aus dem Schatten
auf.
    »Sind
Sie es, Lieutenant?« sagte Sergeant Polnik. »Wir haben nichts angerührt, da wir
gewartet haben, bis Sie ’rauskommen.«
    »Okay«,
sagte ich, »das ist ein scheußliches Ende für einen netten Abend.«
    »Für
die Puppe sicher auch«, sagte er. »Wir haben genügend Polizei hier, um eine
Betriebsversammlung abzuhalten. Diese Randalls müssen einen schweren Stein im
Brett haben, Lieutenant?«
    »Keine
Ahnung«, sagte ich ihm. »Gesellschaftlich bin ich 'ne Null in Vista Valley.«
    »Genau
wie die Puppe, die da am Baum hängt«, sagte er in schlichter Einfalt. »Wie kann
so ’ne Kleine bloß auf den Gedanken kommen, sich selber aufzuhängen,
Lieutenant?«
    »Woher
soll ich das wissen«, fuhr ich ihn an, »und jetzt hören Sie auf, mir auf die
Nerven zu gehen. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie mitten in der Nacht aus
den Armen einer tollen Blondine gerissen würden?«
    »Das
möchte ich auch mal erleben«, sagte er säuerlich. »Hier herüber, Lieutenant?«
    Ich
folgte ihm zwischen den Bäumen, bis wir an den Rand eines durch die
Scheinwerfer hell erleuchteten Kreises kamen. Ich blickte nach oben.
    Sie
hatte sich einen australischen Eukalyptusbaum ausgesucht. Einen großen,
mächtigen, geraden Stamm, dessen Gipfel sich im Dunkel des Himmels verlor. Der
unterste Ast war ungefähr sechs Meter über dem Boden, und an ihm war ein
anderthalb Meter langer Strick befestigt. Am Ende dieses Strickes baumelte die
Leiche.
    Ihr
Genick war gebrochen, so daß ihr Kopf in einem ganz unnatürlichen Winkel
verdreht war. Das lange blonde Haar verdeckte den größten Teil ihres Gesichtes,
aber das harte, helle Licht hob ihren Körper sehr plastisch gegen die
Dunkelheit ab. Sie war nackt, und ihr schlanker Körper hatte irgend etwas
Hilfloses.
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