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Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn

Titel: Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Autoren: Werner Mang
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eigentlich zum Nordpol auswandern müssten, wenn nach der Heilphase der Wunden ein kaum wiedergutzumachender Horrorumbau zutage tritt. Viele Ladys mit einem ursprünglich gemütlichen (oder auch frustrierten) Gesichtsausdruck sehen plötzlich aus wie Transvestiten oder müssen mit einem Furcht erregenden Schrumpfkopflook weiterleben. Bei manchen ist die Gesichtshaut so gestrafft, dass sie die Knie anziehen müssten, um lächeln zu können, was aber nicht empfehlenswert ist, denn es könnte ja irgendwo die Sollbruchstelle reißen. Das Fließband-Aussehen dieser Patientinnen will ich erst gar nicht ansprechen.
    Ich weiß auch nicht, wer was mit Donatella Versace angestellt hat. Die Italienerin geht verunstaltet durch die Welt, mit breiter Nase und Schlauchbootlippen. Noch erschreckender waren die Zeitungsfotos von Donatellas Weihnachtsurlaub 2008 in der Karibik. Ihren abgemagerten Körper krönten zwei Kugeln, höchstwahrscheinlich Silikoneinlagen, im Busen. Selten sah Mehr-Sein so erbarmungswürdig aus.

Manchmal zeigt sich im Schönheitswahn die Verlogenheit unserer Gesellschaft
    Eines möchte ich kategorisch klarstellen: Ich möchte mich nicht lustig machen über die freiwilligen Opfer einer in Habitus und Geschmacksfragen hemmungslos verirrten Society, die obendrein von skrupellosen Schönheitschirurgen verschnitten wurden und nun zynischerweise nach den Gesetzen ihrer kranken Gesellschaft durchs Leben gehen – als sei ihnen das Schönste auf der Welt widerfahren. Das ist für mich der Gipfel einer verlogen lächelnden Verrohung: Erst wird der Mensch verstümmelt und der Lächerlichkeit preisgegeben, dann folgt, quasi als empfohlene Therapie, der Selbstbetrug – nach dem Motto: Bei mir bist du schön. Spätestens jetzt ist für jeden erkennbar, welchen Einfluss der Verlust von Werten und Moral auf das Schönheitsempfinden und damit auf die Schönheitschirurgie der heutigen Zeit hat.
    Diese grundlegenden Erwägungen, die Kritik an erschreckenden Entwicklungen, liegen in meinem ureigenen Interesse: Ich sorge mich um die Patienten, um das Erscheinungsbild und die Zukunft der seriösen Schönheitschirurgie. Ich sehe mich sowohl als Arzt wie auch als Mitglied dieser Gesellschaft in der Pflicht, vor Auswüchsen im wahrsten Sinne des Wortes zu warnen, was ich übrigens seit geraumer Zeit tue. Wenn das heutige Schönheitsideal der Barbie-Puppe – mit uniformer Stupsnase, Wespentaille und steil aufragender Brust – von Medizinern immer eifriger nachgeschnitzt wird, ist das für mich, bei aller Liebe zum Beruf, eine widernatürliche Fehlentwicklung. Der Gang zum Schönheitschirurgen birgt nun mal gewisse Risiken und sollte nicht so gedankenlos angetreten werden wie ein Friseurbesuch. Wenn Ärzte bei Frauen Rippen herausschneiden, damit die Taille noch schmaler wird, wenn Mittelfußknochen entfernt werden, damit noch steilere High Heels getragen werden können, dann hat das nichts mehr mit vernünftiger Schönheitschirurgie geschweige denn mit der Verbesserung von Körpergefühl und Seelenzustand zu tun.
    Seit über dreißig Jahren beschäftige ich mich mit Möglichkeiten und Problemen der medizinischen Schönheitsverbesserung. Seit
einiger Zeit beunruhigt mich die Tatsache, dass in einer Gesellschaft, die jegliche Form von normalem Verfall und naturbedingter Alterung kategorisch ablehnt, das Streben nach Schönheit immer mehr zu einem rücksichtslosen, selbstzerstörerischen Wahn wird. Extreme Schönheitsideale gab es in der Kulturgeschichte immer wieder, das sehen wir beispielsweise an den deformierten Füßen chinesischer Frauen oder an den Tellerlippen bei den Frauen afrikanischer Stämme. Neu ist jedoch, dass mit Hilfe der modernen Medizin menschliche Körperteile geformt, zusammengeschnitten und aufgespritzt werden, die als natürliche Körperformen nicht vorkommen.
    Damit wir uns nicht missverstehen: Schönheitschirurgie ist sinnvoll und heilbringend. Es gibt genügend medizinische und ästhetische Gründe, um zu helfen, ein besseres Leben führen zu können, um psychische Krisen zu vermeiden bzw. zu beenden. Dazu gehören, neben der Unfallnachsorge, natürlich auch Korrekturen im Gesicht (Nase oder bei fliehendem Kinn) und am Körper (z. B. bei unterschiedlichen Brustgrößen oder das Fettabsaugen bei der sogenannten Reiterhose, einer genbedingten Gesäßerweiterung bei jungen Frauen, denen keine Diät mehr helfen kann). Auch halte ich eine Alterschirurgie bei Tränensäcken, Schlupflidern und ein sanftes
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