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Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Kate Klise
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ungern zugab.
    Solange hatte aufgehört zu reden.
    »Hörst du überhaupt zu ?«, fragte sie, die geballten Fäuste in ihre knochigen Hüften gestemmt.
    »Ja«, sagte ich. »Wir sollten … äh … Wir sollten vielleicht daran denken …«
    »Was?«, erkundigte sie sich. »Woran sollten wir vielleicht denken?«
    »Wir sollten dran denken, dem Caterer Blumen zu schicken. Für die Beisetzung seines Vaters. Lass uns das tun. Und danach regeln wir den ganzen anderen Kram.«
    »Hör mal zu«, entgegnete sie und drohte mir mit einem dürren Finger dicht vor meinem Gesicht. »Die Vernissage ist in zwei Tagen. Ich sage dir nicht, wie du deine Arbeit tun sollst. Ich sage dir einfach nur, was deine Arbeit ist. Nämlich alles perfekt zu haben, wenn sich Dienstagabend die Türen öffnen.«
    Und damit marschierte sie davon.

Vielleicht lag es am Mittagessen. Oder es war der Gedanke an einen Fünfhundert-Dollar-Einkaufsbummel. Oder die Tatsache, dass sie die Gelegenheit gehabt hatte, sich im Internetcafé mit ihren Freundinnen kurzzuschließen. Ich wusste es nicht und musste es auch nicht wissen. Ich war einfach nur froh, Coco grinsen zu sehen, als sie zu mir auf den Gehsteig trat.
    »Danke fürs Warten«, sagte sie. »Mom. Sieh mal.«
    Wir standen vor der Cour du Commerce Saint-André, einem entzückenden kopfsteingepflasterten Durchgang. Im Haus Nummer 9 hatte Dr. Joseph-Ignace Guillotin seinerzeit angeblich die Enthauptungsvorrichtung vervollkommnet.
    »Ob du’s glaubst oder nicht, Dr. Guillotin war gegen die Todesstrafe«, erzählte ich Coco. »Er hoffte, die Guillotine, die er übrigens nicht erfunden hat, würde grausigere Formen der Hinrichtung wie das Hängen ersetzen. Und dass sie der erste Schritt sein könnte, Hinrichtungen ganz abzuschaffen.«
    Coco betrachtete das Gebäude. »Ich würde so gern ein Foto davon machen. Hätt ich doch meine Kamera dabei. Oder mein Telefon. Echt jetzt.«
    Ich fühlte, wie ich mich innerlich verkrampfte. Würden wir die ganze Woche echt jetzt damit verbringen, jede verpasste Fotogelegenheit zu bejammern? In dem Fall bräuchte ich einen Termin bei Dr. Guillotin.
    »Aber es wird ja nicht das einzige Mal in meinem ganzen Leben sein, dass ich auf dieser Straße stehe«, entgegnete sie, als läse sie meine Gedanken. »Ich sollte einen Text über sie schreiben. Oder sie zeichnen – mit Buntstiften. Wette, dafür bekäme ich Sonderpunkte in Französisch.«
    »Das ist ein toller Einfall«, sagte ich. »Bestimmt bekommen wir hier Buntstifte. Wir sind in Paris, der Stadt der Kunst und der Künstler.«
    »Und der Henker!«, fügte Coco mit boshaftem Lachen hinzu und hakte sich bei mir ein.
    »Geh nicht zu streng mit Dr. Guillotin ins Gericht«, mahnte ich. »Er war ein Humanist und Reformer. Zu seiner Zeit waren Hinrichtungen öffentliche Spektakel und beinahe unvorstellbar grausam. Dagegen hat er angekämpft.«
    »Oh, ich liebe so schauriges Zeug«, schnurrte Coco und zog mich enger an sich. »Ich würde total gern durch die Stadt streifen und mir alles Gruslige und Bizarre und Coole anschauen.«
    Und das taten wir. Den ganzen Nachmittag lang.
    Eigentlich hätten wir längst in Solanges Wohnung sein, ein Nickerchen machen und unseren Jetlag abschütteln sollen. Aber es war so schön, durch die Gassen zu schlendern und die Schönheit ringsum zu bewundern.
    Stunden später hatten wir noch immer keinen Hunger auf Abendessen und beschlossen, stattdessen Gebäck zu besorgen und mit in die Wohnung zu nehmen. Wir suchten uns eine Patisserie mit einer berückenden Schaufensterauslage aus pastellfarbenen, mit architektonischer Präzision gestapelten Baisers.
    »Die Franzosen verstehen sich besser als alle anderen Völker auf Süßwaren«, meinte ich zu Coco. Es war der Grund, weshalb ich zwanzig Jahre zuvor in Paris gelernt hatte. Ich freute mich, dass ich noch immer fast alle Köstlichkeiten mit Namen kannte: opéra, tropézienne, castel, mille-feuilles, éclair au chocolat ou café .
    »Mom, was willst du haben?«, fragte Coco, als wir eingetreten waren.
    »Hmm«, sagte ich und prüfte die große Auswahl. Die tartes aux pommes sahen verlockend aus. So frisch und leicht und ganz anders als die mit Schokolade gnadenlos überladenen Ungeheuerlichkeiten, die ich von allzu vielen amerikanischen Speisekarten kannte.
    »Mom, was willst du?«, wiederholte Coco.
    Und mit dieser Frage war der Bann gebrochen. Denn statt mich an der essbaren Kunst vor meinen Augen zu erfreuen, fiel mir wieder die dämliche
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