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Verliebt in einen Unbekannten

Verliebt in einen Unbekannten

Titel: Verliebt in einen Unbekannten
Autoren: Lucy Robinson
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an zu zittern, das gebrochene Bein wurde zur Nebensache.
    John hatte mich von dem Moment an verrückt gemacht, in dem er vor nunmehr sieben Jahren – am 26. Juni 2005, um genau zu sein – in die Abteilung für Unternehmenskommunikation der Salutech Pharmaceutical Holdings spaziert war; damals hatte ich mich gerade an meinem winzigen Schreibtisch in der Ecke niedergelassen, der eigentlich Anfängern und Aushilfen vorbehalten war.
    Ich war fünfundzwanzig und hatte nichts als peinlichen Unsinn geredet. Meinen Job bei der Pressestelle des Edinburgher Fußballvereins Hibernian FC hatte ich gekündigt und ging mit einem gutaussehenden Arzt namens Dr. Nathan Gillies. Ich sprühte vor Begeisterung über meine (extrem) wichtige neue Rolle als stellvertretende Leiterin der Abteilung für Kommunikation, Public Relations und öffentliche Angelegenheiten bei Salutech, einem der größten Pharmamultis der Welt, und das hier in Schottland. Ich strömte unangebrachtes professionelles Selbstvertrauen aus, genau wie Malcolm, der Labrador, unangenehme Gerüche verströmte, wenn er dringend Gassi gehen musste. Ich war bereit, eine ganz große Nummer zu werden.
    Bei meiner Ankunft in den flugzeughallengroßen Geschäftsräumen an der A1 Nähe Newcraighall hatte sich schlagartig herausgestellt, dass ich keineswegs dort war, um eine große Nummer zu werden. Nicht mal eine kleine. Ich war einzig und allein da, um den großen Nummern zuzuarbeiten, die meine Vorgesetzten waren, oder – wie Hailey treffend bemerkte – um in jede Menge Hintern zu kriechen. Binnen drei Stunden wusste ich, dass es ein Fehler gewesen war, meine Stelle beim Hibernian FC zu kündigen. Meine neue Chefin, Angélique, war eine kleine, böse Frau aus Kanada, deren Vorgesetzter sich derart vehement weigerte, mich wahrzunehmen, dass ich gezwungen war, hin und wieder die Toilette aufzusuchen, um im Spiegel nachzuschauen, ob ich tatsächlich existierte.
    Ja, das tat ich. Aber nur ganz am Rande. Plötzlich wirkte die große Kanone Lambert wie ein schüchternes Kind. Mein Spiegelbild erinnerte mich gewaltig an ein Foto von mir als Elfjähriger, Minuten bevor sich der Vorhang zur Aulabühne der East Linton Primary School hob. Der Zauberer von Oz wurde aufgeführt, und ich spielte die Rolle des Blechmanns, Zuversicht heuchelnd, Panik schiebend. Jetzt, vierzehn Jahre später, starrte mir ein ähnlich verängstigtes Mädchen aus dem Spiegel entgegen. Neben seiner rechten Augenbraue bildete sich ein Eiterpickel (ein Eiterpickel ? Welche Fünfundzwanzigjährige bekam noch Eiterpickel ?), und ihre »nette« kirschrote Bluse bildete einen grauenvollen Kontrast zu ihrem so gar nicht netten, dafür aber ebenfalls kirschroten Gesicht.
    Warum zum Teufel hatte ich bloß bei den Hibs aufgehört? Dort hatte ich jeden Tag gelacht, hatte jeden gekannt, dort arbeitete meine beste Freundin!
    Hailey. Ich brauchte Hailey.Ans Waschbecken gelehnt drückte ich die Kurzwahltaste 2 und versuchte, vor Angst nicht ohnmächtig zu werden.
    Â»Hi, Chas. Was gibt’s?«, fragte Hailey leicht keuchend, begleitet von Tellerklappern und dem Gebrüll verschwitzter Köche. Ich spürte, wie sich mein Herz schmerzhaft zusammenzog.
    Â»Nun, kurz gesagt: Ich hasse meinen neuen Job, meine Vorgesetzte ist ein fieses Miststück, und der Chef der Presseabteilung sieht mich nicht einmal an«, stieß ich hervor, schwer in Versuchung, den Eiterpickel auszudrücken, doch ich entschied mich dafür, es lieber sein zu lassen.
    Â»Hast du denn wenigstens versucht, ihm einen guten Tag zu wünschen?«, fragte meine Freundin. »Mensch, Paul! Beeilung! Du hast fünf Minuten, um die zweihundert Gedecke fertig zu machen!«, brüllte sie. Ein entfernter Aufschrei und das Fluchen des Kochs drangen durch die Leitung. Hailey war Bankettmanagerin bei den Hibs und verbrachte viel Zeit damit, Leute zusammenzustauchen. Als ich dort in der Pressestelle gearbeitet hatte, im ersten Stock, gute hundert Meter von ihr entfernt, konnte ich ihre Stimme stets so deutlich hören, als brüllte sie mir direkt ins Ohr.
    Ich grinste. »Ach, Hailey, ich vermisse das alles so. Ich vermisse die Köche und ihre derben Sprüche. Ich vermisse dich. Glaubst du, dass sie mich verklagen, wenn ich einfach so abhaue?«
    Â»Reiß dich zusammen, verdammt noch mal!« Sie kicherte. Ich liebte es,
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