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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target
Autoren: Nancy Kress
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Revuepuppen verfügte sie
über einen starken Selbsterhaltungstrieb. Sie würde den
Ausstieg schaffen.
     
    Das Carillon gehörte zu den zahlreichen kleinen Motels
zwischen Flughafen und dem Strip, die weder besonders eindrucksvoll
noch besonders schäbig waren. Cavanaugh schaltete das Licht in
seinem Zimmer an, hängte die Kette vor die Tür und warf
einen Blick aufs Telefon. Das Lämpchen blinkte. Eine Woge der
Hoffnung durchströmte ihn. Felders konnte es nicht sein, Felders
würde ihn direkt anpiepsen. Marcy?
    Er drückte ›0‹ für die Vermittlung.
»Zimmer 116. Es ist eine Nachricht für mich da?«
    »Ja, Mister Cavanaugh. Die Nachricht lautet: ›Rufen Sie
an. Felders. ‹ Soll ich wiederholen?«
    »Nein«, sagte Cavanaugh, legte auf und zog das
Mobiltelefon aus der Jackentasche. Kein Ton. Er tippte Felders’
Nummer ein. Nichts. »Scheiße«, sagte er und rief
Marty Felders übers Moteltelefon an.
    »Cavanaugh? Was, zum Teufel, ist mit Ihrem Mobiltelefon
los?«
    »Wahrscheinlich das gleiche, was mit dem Faxgerät der
Abteilung letzte Woche los war«, antwortete Cavanaugh bissig.
»Im ganzen Hoover Building existiert kein einziges Stück
Technik, auf das man sich verlassen kann!«
    »Der gute, alte, ewig pessimistische Bob«, sagte Felders
jovial. Niemand sonst nannte Cavanaugh ›Bob‹. Er hieß
Robert, immer und überall. Und er sah sich nicht als Pessimist;
warum wohl würde ein Pessimist sein Leben damit verbringen, dem
Bodensatz der Menschheit hinterherzujagen? Ein Pessimist war
gewiß der Ansicht, so etwas konnte man nicht einfangen.
    »Hören Sie, Bob«, sagte Felders. So begann er
immer: hören Sie. Als ob seine Agenten je eine andere Wahl
hätten. »Haben Sie irgend etwas Nützliches aus dem
Mädchen rausgekriegt?«
    »Nichts. Sie weiß etwas, aber sie sagt es
nicht.«
    »Na gut, lassen Sie Ihre Aufzeichnungen für Paul
Garrison in der Zweigstelle zurück und nehmen Sie den
United-Flug um 6 Uhr 45 nach Washington. Das Ticket ist beim Schalter
für Sie hinterlegt. Sollte Garrison noch irgend etwas erfahren,
was nicht in Ihren Aufzeichnungen enthalten ist?«
    »Nein«, sagte Cavanaugh. Gigliotti war nicht sein Fall;
er war nur zufällig gerade in Vegas gewesen, wo er einen
mittelwichtigen Auftrag zu Ende geführt hatte, als der Anruf
kam. Er hatte sich einfach in der Nähe befunden, das war alles.
Bis jetzt hatte er noch nie als leitender Agent an einem eigenen Fall
gearbeitet. Felders wußte, wie sehnsüchtig er darauf
wartete.
    »Dann kommen Sie direkt rein. Hören Sie mal, Bob –
was wissen Sie über rekombinante DNA?«
    »Nichts«, antwortete Cavanaugh unverzüglich.
    »Nun, hoffentlich steht im Magazin auf dem Flieger was
darüber drin. Ehrlich – gar nichts? Überhaupt nichts?
Das ist ein brandheißes Thema in der Welt der
Wissenschaft!«
    »Dazu gehören wir wohl kaum«, bemerkte Cavanaugh
säuerlich, »sonst würde bei uns wenigstens die
primitivste Technik funktionieren.«
    »Der gute, alte, pessimistische Bob. Dann sehen wir uns also
morgen.«
    »Weswegen? Was haben wir für ein Interesse an
rekombinanter DNA?«
    »Genau das sollen Sie herausfinden«, sagte Felders,
»es gibt da eine Firma, die wir uns näher ansehen sollten.
Bis morgen.«
    Cavanaugh legte auf. Eine Firma, die wir uns näher ansehen
sollten, hieß nichts anderes als wieder mal die ewige
Routinearbeit. Wie immer, wie immer.
    Er zog die Schreibtischschublade auf. Das Briefpapier des
Carillon-Motels war – aus keinem ersichtlichen architektonischen
Grund – mit einem mittelalterlichen Glockenturm geschmückt.
Cavanaugh zog drei Blatt heraus.
    Er hatte immer seine eigenen Zeichenstifte dabei, in verschiedenen
Farben. Mit dem grünen zeichnete er flott zwei Vögel mit
langen Fischschwänzen, die seltsamen Körper zu seltsamen
Posen verdreht. Dann fügte er Wasser, Wasserpflanzen und
Wasserschnecken hinzu und verlieh den beiden Fischvögeln einen
verwirrten, gequälten Gesichtsausdruck. Darüber schrieb er
in Großbuchstaben: MEERJUNGVÖGEL ENTDECKEN DIE HINDERNISSE
DES LEBENS:
    Auf das zweite Blatt schrieb er mit seiner kleinen, aufrechten
Handschrift:
     
    Ein Tag allein in einem Hotelzimmer hat seine eigene
Schönheit. Man kann beim Rasieren den Adamsapfel auslassen. Man
kann das falsche Hemd zur falschen Hose anziehen. Man kann den
Zimmerservice rufen und einen mexikanischen Akzent aufsetzen. Man
kann all die kleinen Seifen, Mundwässerchen, Nähzeuge und
Duschkappen in einer Linie auf dem Boden auflegen und sie
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