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Verhängnisvolles Gold

Verhängnisvolles Gold

Titel: Verhängnisvolles Gold
Autoren: Carrie Jones
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Immer wieder bin ich die drei Linien nachgefahren, ohne recht zu bemerken, was ich tue. Beim Aufstehen frage ich: »Hast du welche gesehen?«
    »Eine ganze Menge. Amelie patrouilliert einen knappen Kilometer von hier entfernt. Wir beide haben schon ganz schön viele vertrieben.« Er fährt sich über die Wangen, als ob er überprüfen wolle, ob er noch gut rasiert ist. »Sie schätzt einen guten Kampf. Manchmal finde ich es beängstigend, wie gern sie kämpft.«
    Amelie gehört zu seinen Untertanen. Sie ist groß und trägt Dreadlocks. Sie ist viel älter als wir, wahrscheinlich um die dreißig. Viel weiß ich nicht über sie. Eigentlich weiß ich auch sonst nicht viel über Elfen. Keine Ahnung, wie ihre Gesellschaft aufgebaut oder wie sie entstanden ist. Es gibt so viele Geheimnisse und sie schweben um mich herum wie die Schneeflocken. Ich versuche, sie mit den Händen zu greifen, um ihre Gestalt auszumachen und ihr Wesen zu erkennen, aber sie schmelzen zu winzigen Wasserlachen. Sie geben mir gerade genügend Zeit, um zu wissen, dass es sie gibt, aber nicht genug, um sie wirklich zu verstehen.
    »Zara? Was ist los?« Astley streckt die Hand aus. Sein Zeigefinger berührt mein Kinn, und er hebt meinen Kopf an, sodass sich unsere Blicke treffen. Ich weiche zurück, um einen gewissen Abstand zwischen uns zu bringen, aber ich schaue nicht weg.
    »Ich mache mir Sorgen.«
    »Worüber?«
    »Dass wir Walhalla nicht finden, und Nick auch nicht. Dass das« – mit einer abfälligen Bewegung zeige ich auf mich – »alles umsonst war und dass Grandma mich wegen dieser ganzen Elfengeschichte umbringt oder rausschmeißt.«
    Ich verschränke die Arme vor der Brust. Er nickt. Aus der Schule kommen langsam immer mehr Menschen.
    »Das kann ich verstehen. Sie ist ganz schön wild.« Er hält inne, als müsse er seine Worte abwägen, aber vielleicht muss er auch nur rülpsen. Keine Ahnung. Von einem Baum fällt Schnee auf die Kühlerhaube eines Subaru. Sein Körper spannt sich an, aber dann fährt er fort: »Wenn sie dich wirklich liebt, dann liebt sie dich, auch wenn du jetzt ein Elf bist.«
    Genau. Ich schaudere. »Aber Werwesen mögen Elfen nicht.«
    »Das ist nicht überall so. Wir waren nicht immer Feinde.«
    »Hier in der Gegend schon.«
    »Hier in der Gegend ist es nicht, wie es sein sollte. Dein Vater war ein schwacher König. Er war ein schwacher Mann. Wir sind nicht alle so.«
    Ich will das nicht hören. Ich habe es inzwischen so oft gehört, dass mein Elfenvater schwach ist.
    »Es ist nur …« Auf der Suche nach den richtigen Worten presse die Lippen aufeinander, dann versuche ich es erneut: »Es ist nur … Ich möchte einfach der Mensch bleiben, der ich war. Nichts für ungut, aber ich möchte nicht dir verpflichtet sein, nur weil du mein König bist. Ich möchte es nicht cool finden, Menschen zu quälen. Ich möchte gut sein. Ich möchte eine Seele haben.«
    Ich kicke mit dem Fuß in den Schnee neben meinem N, sodass eine Linie von dem aufspritzenden Schnee zugedeckt wird. »Das klingt blöd, ich weiß«, murmle ich und will in die Hocke gehen, um das N wieder in Ordnung zu bringen, aber er packt mich an der Schulter.
    »Hör mir zu, Zara. Ich weiß nicht, woran du glaubst. Ich glaube daran, dass wir alle Nachbildungen sind. So ähnlich wie die Christen glauben, dass Adam nach dem Ebenbild Gottes erschaffen, also nachgebildet wurde.« Er holt tief Luft, während sich um uns herum Autotüren öffnen. Er versucht, mögliche Gefahren auszumachen, ich versuche das auch, aber ich rieche nichts, außer Astley hier, meinen König, den Jungen, den ich geküsst habe, den Jungen, dem ich erlaubt habe, mich zu verwandeln. Auch er erkennt keine unmittelbare Gefahr und redet weiter. »Und wir Elfen glauben, dass wir Odin nachgebildet wurden …«
    »Dem altnordischen Gott?« Eine meiner Augenbauen hebt sich. »Du willst mir erzählen, dass es andere Götter gibt? Ich glaube nicht an andere Götter.«
    »›Götter‹ ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Sie sind Wesen wie wir, aber dann auch wieder nicht, und wahrscheinlich auch nicht wie dein Gott.« Er vergräbt die Hände in den Hosentaschen und drückt sie nach unten. »Mir geht es darum, dass wir glauben, dass wir nach dem Ebenbild Odins geschaffen wurden und zwar als Elfen, nicht als Menschen. Wir sind nach seinem Ebenbild erschaffen worden und er ist nicht böse, Zara. Er soll weise und gut und freundlich sein.«
    »Soll sein?«
    »Nun, ich habe ihn nie
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