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Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll

Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll

Titel: Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
Autoren: Kathy Felsing
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Bedeutung sein konnten.
    Sie wusste sofort, dass jede Sekunde zählte. Der provisorisch angelegte Kopfverband des Mannes zeigte sich bedenklich rot. Ihr Blick flog über die Kleidung. Keine weiteren offensichtlichen Wunden.
    „Abdecken.“
    Eine Schwester entfernte den blutdurchtränkten Mull und legte sterile Tücher um die Kopfwunde. Reese erkannte eine Schwellung unter dem dichten Haar. Die Beule hob sich wie ein Horn vom Schädelknochen ab. Sie fuhr mit dem Rasierapparat zunächst um das Zentrum der Verletzung und entfernte so viel Haar wie möglich, um freie Sicht zu bekommen. Blut rann permanent aus der Wunde. Möglich, dass sie es mit einem Bluter zu tun hatten. Die Bewusstlosigkeit des Mannes bereitete ihr ebenso große Sorgen. Auf den ersten Blick schien keine Schädelfraktur vorzuliegen, doch Erkenntnis würden erst die weiteren Untersuchungen zeigen.
    „Wie lange ist er bewusstlos?“
    „Etwa drei Stunden. Die Feuerwehr musste einen herabgekrachten Balken wegsägen, um ihn zu befreien.“
    „Was ist mit dem Mädchen?“
    „Wurde sofort in den OP gebracht. Mehr weiß ich leider nicht.“
    Reese wandte sich wieder dem Patienten zu. Bei einer Gehirnprellung hielt eine Bewusstlosigkeit meist länger als fünf Stunden an. Auch eine Quetschung des Organs konnte sie nicht ausschließen, der Mann würde in diesem Fall vielleicht mehrere Tage ohne Bewusstsein bleiben und eine Amnesie davontragen. Sie tastete über den Wundrand. Die Schwellung verkomplizierte das Setzen der Naht, doch nach wenigen Minuten versiegte die Blutung. Reese blickte erleichtert auf. Die Gesichter der Anwesenden glänzten schweißbedeckt. Sie legte Mull auf die Wunde und nickte den beiden Schwestern zu, die sich eilig daranmachten, die rußgeschwärzte Kleidung des Mannes zu entfernen. Außer ein paar Abschürfungen und Hämatomen sowie einigen leichten Verbrennungen fand sich auch jetzt keine äußerliche Verletzung.
    „MRT“, ordnete sie an, warf einen Blick auf den soeben angeschlossenen Plasmabeutel und beobachtete die Instrumente. Blutdruck und Herzfrequenz lagen im normalen Bereich.
    Eine knappe Stunde später lag der Patient unter ihrem Messer. Die Befürchtung einer Gehirnquetschung mit subduralem Bluterguss hatte sich bestätigt. Sie mussten operieren, unter die harte Hirnhaut vordringen, für eine Druckentlastung des Gehirns sorgen und die Blutungsquelle veröden.
    Erst weit nach Mitternacht fiel sie erschöpft ins Bett. Ihr letzter klarer Gedanke vor dem Einschlafen galt dem operierten Patienten mit der seltsamsten Tätowierung, die sie jemals gesehen hatte. Eine dünne Klapperschlange, deren gespaltene Zunge um das linke Ohrläppchen nach vorn züngelte. Ihr Körper wand sich mit gelblichen Rücken- und Flankenschuppen und einer Reihe dunkleren, ovalen Flecken unter dem Haaransatz entlang bis in den Nacken und von dort zum rechten Ohr, wo eine Schwanzrassel ebenfalls am Ohrläppchen endete.
    Reese schauderte und fragte sich, wieso. Der Mann war ein Held. Er hatte ein Leben gerettet. Sie zog die Decke bis ans Kinn. Ihr Bauchgefühl sagte etwas ganz anderes.

Freitag, 23. September, Santa Rosa Island (Kalifornien) & Los Angeles
    S imba wälzte sich auf seinem Lager. Wenn er nur etwas ruhen könnte. Seine Gedanken fuhren Achterbahn, schlugen Kapriolen, wühlten Erinnerungen auf, die er längst begraben glaubte. Schmerzhafte und verdrängte Bilder, von denen er gehofft hatte, sie nie wieder zu sehen. Sie rissen keine Narben auf – stattdessen kratzten sie kaum verheilten Schorf von den Wunden seiner Seele. Zum ersten Mal, seit er zu seinen Brüdern, den G.E.N. Bloods, gestoßen war, zerrte die Pein ihn nieder und machte ihn zu dem, was er bis vor wenigen Monaten gewesen war: eine ausgebrannte Hülle, ein elendes Häufchen Mensch, das am Sinn seiner Existenz zweifelte. Nur für wenige Sekunden, dann fing er sich wieder. Das alles lag so weit hinter ihm wie ein früheres Leben, dennoch wollten ihn die Bilder der Vergangenheit nicht aus dem Griff lassen.
    „Ich nenne dich Narsimha, mein kleiner Freund.“
Die knochige Hand einer alten Frau fuhr über sein Haar.
„Narsimha Mishra.“
Sie hatte viel Kraft und hob ihn mit Leichtigkeit auf den Arm.
„Hab keine Angst.“
    Er hatte tatsächlich keine Furcht mehr, obwohl er noch Sekunden zuvor beinahe seine Hosen nass gemacht hätte. Die Stille im Wald wollte ihn erdrücken, nachdem Maa Jaisi und Pitâji ihn zurückgelassen hatten.
    „Weißt du“
, sie bahnte sich mit ihm einen
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