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Vergebliche Suche nach Gaby

Vergebliche Suche nach Gaby

Titel: Vergebliche Suche nach Gaby
Autoren: Stefan Wolf
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lag
Gabys Fahrrad. Daneben eine Zimmerpalme, deren Blätterkrone jetzt so
mitgenommen aussah, als hätte man damit die Straße gefegt.
    Tim stoppte. Seine Fäuste
hätten fast den Lenker verbogen.
    Hier sind die Bären durch. O
Gott! Und in dem Moment ist Gaby vorbei geradelt. Ist sie entkommen? Haben die
Raubtiere sie vom Rad gerissen? Ihre größte Chance wäre doch gewesen, in die
Pedale zu treten. Aber... hier liegt das Bike.
    Er zwang sich, zwischen die
Bäume zu spähen. Irgendwo bunte Kleidung? Blondes Haar? Er sah nur Büsche, die
schon frisches Grün trugen. Nirgendwo ein Farbtupfer.
    Karl und Klößchen kamen heran.
    Stille. Schweigen. Karl
räusperte sich zweimal.
    Klößchen sagte: „Typisch Mädchen!
Statt loszufetzen, ist sie in den Wald gelaufen. Und sitzt jetzt irgendwo auf
‘nem Baum. Gaby kann ja klettern wie ein Junge. Jedenfalls besser als ich.“
    Etwas Besseres hätte er nicht
sagen können, dachte Tim.
    „Karl! Ruf den Kommissar an.
Sag ihm Bescheid. Ich suche.“
    „Ich komme mit“, erklärte
Klößchen.
    „Nein, Willi! Bleib hier!
Vielleicht muss ich um mein Leben rennen und klettern wie ein Eichhörnchen.
Sonst haben mich die Bären am Hintern. Du bist hier nützlicher.“
    Tim stellte sein Rad ab. Er untersuchte
den Boden. Aber da waren keine erkennbaren Spuren. Was jedoch nichts hieß. Der
Untergrund war mehr geröllig als grasig. Und die Büsche ließen etliche Lücken
frei.
    „Gaaaaby!“
    Tim hatte die Hände
trichterförmig an den Mund gelegt und brüllte aus voller Lunge.
    Der Wald nahm die gedehnten
aaaaa-s auf, erzeugte ein schwaches Echo, verschluckte sie dann.
    Tim rief mehrmals, während er
langsam unter die Bäume vordrang. Aber seine Freundin antwortete nicht.
    Ihm war speiübel. Bestien!,
dachte er. Ihr dürft ihr nichts antun.
    Dann sah er die geknickten
Zweige. Frisch geknickt, wiesen sie in eine Richtung. Im weichen Boden, bedeckt
von braunen Nadeln, waren Abdrücke. Abdrücke von Tatzen.
    Tim hatte die Fährte gefunden
und konnte ihr folgen. Angstvoll achtete er auf Stofffetzen und Blutspuren,
fand aber keine. Seine Hoffnung stärkte sich. Natürlich! Gaby war in ihrer
Panik immer tiefer in den Wald geflohen. Spätestens im Wegenetz-Gebiet würde
sie auf Leute stoßen. Oder schon vorher auf einen Baum steigen.
    Tim entfernte sich vom Waldrand
und rief immer wieder. Die Antwort blieb aus. Weil die Bärenfährte nicht
geradlinig verlief, musste er häufig neu suchen und kam nur langsam voran.
    Schließlich hörte er, weit
hinter sich, von der Noah-Straße her die Lautsprecher-Stimme.
    „Achtung! Achtung! Hier spricht
die Polizei. Warnung an alle: Aus dem Zoo sind zwei gefährliche Braunbären
entsprungen. Die Raubtiere sind vermutlich in den Stadtwald südlich der
Noah-Straße eingedrungen. Verlassen Sie sofort das Waldgebiet! Bleiben Sie im
Wagen! Verbergen Sie sich — sobald sich ein Bär zeigt.“
    Tim hatte geglaubt, den
Stadtwald auch in diesem Abschnitt zu kennen, musste sich aber eingestehen,
dass ihm alles neu war.
    Er drang immer weiter vor,
zwängte sich durch Büsche und stand plötzlich am Rande einer Lichtung.
    Sie war nicht groß. Das
Spielfeld für ein Tennismatch — ohne Zuschauer — hätte hineingepasst. Ziemlich
in der Mitte überdauerte der Rest einer ehemals gewaltigen Eiche, die schon vor
Jahren der Blitz gefällt hatte: Ein fünf Meter hoher Baumstumpf, massig, rundum
mit frischen Trieben begrünt, die aber nicht aus dem toten Stamm hervorgingen,
sondern ihn nur als eine Art Mutterboden benutzten. Die fingerdicken Äste waren
teils Buche teils Fichte; auch Blätter von Bergahorn und Schwarzerle glaubte
Tim auszumachen.
    Jenseits der Lichtung führte
ein schmaler, gepflegter Pfad an den Bäumen entlang. Ein Fitness-Pfad. An einem
etwas schief stehenden Holzgerüst konnte man Klimmzüge machen.
    Als Tim die Lichtung
überquerte, kam der Bär.
    Das Raubtier trollte links
unter den Bäumen hervor, war etwa 30 Meter entfernt und verhielt.
    Tim und der Bär starrten sich
an.
    Bleib da!, dachte der
TKKG-Häuptling. Du bleibst da! Dreh ab! Leg dich auf den Rücken! Mach den
Teddy!
    Tim war cool. Wie immer bei
Gefahr. So was kann ihn nicht schrecken. Wenn eigene Action angesagt ist,
bleibt alles im Griff, bleibt alles unter Kontrolle. Die Angst um Gaby — das
ist was anderes. Das drückt die Luft ab.
    Tim legte alle Kraft in seinen Blick,
war überzeugt von der hypnotischen Wirkung — nach dem Motto: Der stärkere Wille
siegt.
    Igor — es handelte
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