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Vergebliche Suche nach Gaby

Vergebliche Suche nach Gaby

Titel: Vergebliche Suche nach Gaby
Autoren: Stefan Wolf
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Fahrer- und Nebensitz
war ein schwarzer Samtvorhang. Tim zog ihn beiseite — und schauderte.
    Auf der mit Samt
ausgeschlagenen Ladefläche standen zwei Särge. Zwei! Beide dunkel, vermutlich
Eiche, mit poliertem Deckblatt furniert, an den Seiten Tragegriffe aus Messing.
    Bevor Karl erwähnt wurde,
überlegte Tim, war von zwei ,Leichen’ die Rede. Ist der eine Sarg schon
gefüllt? Muss ich prüfen.
    Er kletterte nach hinten und drückte
gegen das Fußende des linken. Der Totenschrein ließ sich ziemlich leicht
verrücken. Aber die andere Totenlade nicht. Sie wog mindestens 60 Kilo mehr.
Gefüllt!
    Jetzt vernahm er ein leises
Luftgeräusch, ein melodisches Pfeifen, das vom Kopfende kam. Er begriff, dass
es sich um Ventilation handelte. Wer auch immer hier ruhte — die Person wurde
mit Atemluft versorgt.
    „Und nachher wirst du befreit“,
murmelte er — und stieg aus.
    In dieser Sekunde kamen die
beiden Männer aus dem Haus.
    „...das Geld im Wagen“, sagte
Bristol gerade.
    Dann sah er Tim und erstarrte.
    Sigi, der etwas kleiner war,
blickte dem Pseudo-Bestatter über die Schulter.
    „Heh!“, schrie Bristol. „Was
machst du da? Rühr die Tasche nicht an!“
    Von einer Tasche hatte Tim
nichts gesehen.
    Er blieb ultra-cool und schob
den Zündschlüssel in die heile Hosentasche.
    „Famoser Schlitten, den Sie da
haben. Wie viel macht denn der auf der Autobahn? 190 doch sicher — oder?“
    Sie kamen beide auf ihn zu,
aber Tim schätzte lediglich Sigi als gefährlich ein.
    „Heute Nacht habe ich’s wohl
nur mit Kids zu tun“, sagte der durch geschlossene Zähne. „Und ich weiß immer
noch nicht, wieso?“
    „Einzelheiten erfahren Sie“,
erwiderte Tim, „sobald Sie in U-Haft sind. Dann können Sie auch in Ruhe...“
    Weiter kam er nicht. Sigi fiel
ihn an. Nach Art der Freistil-Ringer. Mit langem Sprung und Griff nach den
Beinen. Eine typische Eröffnung. Und saugefährlich, falls sie gelingt. Aber
Sigi, obwohl bullenstark, war nicht mehr im Training — und Tim wieselschnell.
    Sigi griff ins Leere, landete
auf den Knien, bremste zu spät, stieß mit dem Schädel gegen den Wagen. Bristol
brüllte auf. Offenbar befürchtete er eine Delle im Blech. Auf jeden Fall: Sigis
Schädel war härter als die Karosserie. Der Halunke wollte sich aufrichten. Aber
Tims Karatetritt brach ihm zwei Rippen. Ein Stampftritt ins Genick sorgte
danach für dauerhaften Knockout.
    Bristol keuchte und griff unter
seine Jacke — vermutlich nach einer Waffe. Tim schmierte ihm eine, dass er zu
Boden ging und bäuchlings liegen blieb, alle Viere von sich gestreckt.

    Der TKKG-Häuptling atmete tief
durch, füllte sich die Lungen mit Nachtluft und störte dann die Stille der
vornehmen Eckhofer Allee.
    „Enghardt!“, brüllte er.
„Falkner! Bitte, herkommen. Zum Otterfeint-Haus. Hier ist Tim. Ich brauche
Hilfe.“ Sekundenlang war Stille. Dann ertönte Klößchens Stimme aus anderer
Richtung.
    „Himmel! Schrei doch nicht so.
Man erschrickt ja zu Tode. Außerdem werden sich die Nachbarn beschweren.“
     
    *
     
    Während Bristol und Sigi mit
Handschellen gefesselt wurden, durchsuchten Tim und Klößchen die Villa. Sie
fingen im Keller an.
    Klößchen öffnete eine Tür und
sagte: „Hier ist ein Klo wie im Asylanten-Wohnheim. Das Licht geht auch nicht.“
Kaum hatte er ausgesprochen, ertönten Klopfgeräusche an der nächsten Tür.
Jemand hämmerte von innen dagegen.
    „Klößchen!“, rief Gaby. „Bist
du das? Wo ist Tim? Ich bin hier eingeschlossen. Mit Karl.“
    Tim stand vor der Kerkertür und
drehte blitzschnell den Schlüssel. Etwas polterte zu Boden: Gabys Keule, wie
später kolportierend (als Gerücht) von TKKG erzählt wurde.
    Gaby trat aus dem dunklen Loch,
blinzelte mit ihren Kornblumenaugen ins Licht und fiel Tim in die Arme. Er
hielt sie fest. Er spürte, dass sie unversehrt war. Allen Schutzengeln sei
Dank!
    „Karl geht’s nicht gut“, sagte
sie leise. „Hat Kopfschmerzen, vielleicht eine Gehirnerschütterung. Dieser
Siegfried Otterfeint hat ihn einfach zu mir reingeworfen. Bevor mich Karl
aufklärte, wusste ich ja gar nicht, wo ich hier bin. Eigentlich wollte ich mich
mit meiner Keule — mit einem Stuhlbein — verteidigen. Aber ich war gerade
eingenickt — vor Erschöpfung. Habt ihr Brunos Geld schon gefunden — diese
Riesenmenge Geld? Und was ist mit den Bären?“
    Tim drückte seine Freundin an
sich, ließ sie nicht los und fühlte sich so froh wie seit Stunden nicht mehr.
    „Eins nach dem andern,
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