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Verführung in Manhattan

Verführung in Manhattan

Titel: Verführung in Manhattan
Autoren: Louisa Christian Nora Roberts
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stellte sie fest. Die meisten Fenster waren geöffnet, und die unterschiedlichsten Geräusche drangen nach draußen: Fernsehen, Radio und Babygeschrei. Irgendwo sang eine Frau eine italienische Arie. Die viel zu kleinen Balkons waren mit Topfblumen, Fahrrädern und Wäsche voll gestopft, die in der immer noch heißen Luft trocknete.
    Sydney schirmte ihre Augen mit der Hand ab und ließ den Blick nach oben wandern. Die meisten Geländer waren stark verrostet, häufig fehlten Stäbe. Plötzlich entdeckte sie Mikhail, der beinahe Wange an Wange mit einer erstaunlich blonden Frau aus einem Fenster im oberen Stockwerk lehnte. Da sein Oberkörper nackt war und die Frau nur ein winziges Oberteil trug, waren die beiden vermutlich bei einem intimen Beisammensein gestört worden. Sydney nickte Mikhail kühl zu und beschäftigte sich weiter mit ihren Notizen.
    Als sie in Richtung Eingang ging, rückten die Männer beiseite und gaben ihr den Weg frei. Die kleine Eingangshalle war nur schwach beleuchtet und drückend heiß. Der alte Parkettboden war fleckig und völlig zerkratzt, und es roch eindeutig nach Schimmel. Zweifelndbetrachtete Sydney den Fahrstuhl, drückte neugierig auf den Knopf nach oben und horchte auf das Rattern und Knarren der Anlage. Ungeduldig machte sie sich eine weitere Notiz. Das ist ja erbärmlich, dachte sie.
    Die Türen öffneten sich quietschend, und Mikhail trat heraus.
    „Na, sind Sie gekommen, um Ihr Reich zu besichtigen?“ fragte er.
    Sydney schrieb absichtlich erst ihre Notizen zu Ende, bevor sie aufsah. Zumindest hat er ein Hemd übergezogen – falls man dieses Kleidungsstück so bezeichnen kann, dachte sie. Das dünne weiße T-Shirt war an den Ärmeln eingerissen und am Bund zerschlissen.
    „Ich sagte doch, ich würde mir die Akte ansehen. Anschließend hielt ich es für sinnvoll, das Gebäude selbst zu inspizieren.“ Sie blickte zum Fahrstuhl und sah Mikhail erneut an. „Entweder sind Sie sehr mutig oder sehr dumm, Mr. Stanislaski.“
    „Ich bin Realist“, verbesserte er sie. „Es kommt, wie es kommen muss.“
    „Vielleicht. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn die Mieter den Fahrstuhl erst wieder benutzten, nachdem er repariert oder ausgetauscht worden ist.“
    Er schob seine Hände in die Taschen. „Und wann wird das geschehen?“
    „So schnell wie möglich. Sie erwähnten in Ihrem Brief ebenfalls, dass das Treppengeländer an manchen Stellen defekt sei.“
    „Das Schlimmste habe ich repariert.“
    „Sie?“ fragte Sydney verblüfft.
    „In diesem Haus wohnen Kinder und alte Leute.“
    Die schlichte Antwort beschämte sie. „Verstehe. Da Sie sich bereit erklärt haben, auch im Namen der anderen Mieter zu sprechen, könnten Sie mich vielleicht herumführen und mir die größten Probleme zeigen.“
    Während sie die Treppe hinaufstiegen, stellte Sydney fest, dass das Geländer erneuert worden war. Das saubere Holz fühlte sich ausgesprochen stabil an. Sie notierte, dass es von einem Mieter ersetzt worden war.
    Mikhail klopfte an die einzelnen Wohnungstüren. Die Bewohner begrüßten ihn herzlich, blieben ihr gegenüber jedoch zurückhaltend. Es roch nach Essen, und Sydney bekam Strudel, Bratkartoffeln, Gulasch und Hähnchenflügel angeboten. Einige Mieter trugen ihre Klagen verbittert vor, andere waren nervös. Ihr wurde klar, dass Mikhail in seinem Brief nicht übertrieben hatte.
    Als sie den dritten Stock erreichten, schwindelte ihr beinahe von der Hitze. Im vierten Stock verzichtete sie auf die angebotenen Spaghetti mit Fleischklößchen und fragte sich, wie jemand bei dieser Temperatur kochenkonnte. Umso lieber nahm sie ein Glas Wasser an. Pflichtbewusst notierte sie, dass die Rohre ratterten und klopften. Im fünften Stock sehnte sie sich verzweifelt nach einer kalten Dusche, einem Glas kühlen trockenen Weißwein und ihrer komfortablen Wohnung mit der angenehmen Klimaanlage.
    Mikhail sah, dass Sydneys Gesicht vor Hitze glühte. Auf den letzten Stufen hatte sie ein wenig gekeucht, und das gefiel ihm. Es konnte nicht schaden, wenn diese Dame am eigenen Körper erfuhr, wie ihre Mieter lebten. Er fragte sich, weshalb sie nicht zumindest ihre Kostümjacke auszog oder ein paar Knöpfe ihrer bis zum Hals geschlossenen Bluse öffnete.
    Am liebsten hätte er dies für sie getan, auch wenn ihm der Gedanke nicht gefiel.
    „Ich dachte, einige dieser Wohnungen hätten eine Klimaanlage“, sagte Sydney. Der Schweiß rann ihr unangenehm den Rücken hinab.
    „Die Leitungen halten die
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