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Verfuehrt zur Liebe

Titel: Verfuehrt zur Liebe
Autoren: Stephanie Laurens
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ebenso fraglos die intelligenteste war. Trotzdem war er jetzt hier und stieg ihr nach, obwohl er genau wusste, wie er empfangen werden würde; er war sich nicht sicher, was das über seine eigene Intelligenz verriet.
    Frauen! Er hatte die ganze Fahrt nach Westen über sie nachgedacht. Seine Großtante Clara war vor Kurzem gestorben und hatte ihm ihr Haus in Somerset hinterlassen. Das Erbe war wie ein Katalysator gewesen, hatte ihn gezwungen, sein Leben kritisch zu betrachten, die Richtung zu überdenken, die er eingeschlagen hatte. Doch die Unbeständigkeit seines Daseins hatte grundlegend andere Ursachen; er hatte schließlich erkannt, was es war, das dem Leben seiner älteren Cousins und der Ehemänner seiner Schwestern Sinn gab.
    Den Sinn, der ihm fehlte.
    Familie - ihre eigene kleine Familie, ihre Kinder - ihre eigene Ehefrau. Solche Dinge waren ihm nie zuvor wichtig erschienen; jetzt ragten sie mit einem Mal vor ihm auf, unverzichtbar für sein Leben, für seine Zufriedenheit mit dem Schicksal.
    Als Abkömmling einer reichen, vornehmen Familie hatte er es in seinem Leben immer gut gehabt, aber was wog schon bloße materielle Zufriedenheit dagegen, dass er nichts wirklich erreicht hatte? Dass er in dieser Beziehung nichts vorzuweisen hatte, nagte innerlich an ihm. Es war nicht seine Fähigkeit, etwas zu erreichen, die in Frage gestellt wurde - nicht in seinen Gedanken oder, das mochte er wetten, in denen anderer-, sondern das Ziel, der Wunsch, der Grund selbst. Diese drei fehlten ihm.
    Für jemanden wie ihn war das aber unverzichtbar im Leben.
    Großtante Claras Erbe war der letzte Anstoß gewesen. Was sollte er mit einem weitläufigen Landsitz anfangen, wenn nicht darin wohnen? Er musste sich eine Frau suchen und die Familie gründen, die er brauchte, um seinem Dasein eine Richtung zu geben, Sinn zu verleihen.
    Er hatte die Einsicht fast niedergeschlagen zur Kenntnis genommen. In den vergangenen zehn Jahren war sein Leben glatt gelaufen, wohl geordnet, und Frauen waren nur in zwei Bereichen darin vorgekommen - und beide hatte er völlig unter Kontrolle. Mit der Erfahrung zahlloser diskreter Affären war er früher ein Meister im Verführen, Genießen und schließlich Beenden diverser Verhältnisse mit den erfahrenen Damen der guten Gesellschaft gewesen, mit denen er sich gewöhnlich einließ. Daneben waren die einzigen Frauen, mit denen er zu tun hatte, die seiner Familie. Zugegeben, innerhalb der Familie hatten sie das Sagen, aber das war schon immer so gewesen, daher hatte er sich nie daran gestoßen oder genötigt gefühlt, sich dagegen aufzulehnen - man nahm es einfach als gegeben hin.
    Mit seiner aktiven Beteiligung an den Cynster-Finanzgeschäften und den Zerstreuungen der vornehmen Gesellschaft, seinen Eroberungen und den Familientreffen als Würze des Ganzen war sein Leben angenehm ausgefüllt gewesen. Er hatte nie das Bedürfnis verspürt, sich auf den Gesellschaften länger aufzuhalten, die von heiratswilligen jungen Damen frequentiert wurden.
    Was ihn nun in der wenig beneidenswerten Lage zurückließ, sich eine Ehefrau zu wünschen, aber nicht zu wissen, wie er eine finden sollte - wenn er nicht wollte, dass überall sämtliche Alarmglocken zu schrillen begannen. Wenn er dumm genug war, plötzlich Bälle und Gesellschaften zu besuchen, würden die liebevollen Mamas sofort merken, dass er auf Brautschau war - und die Belagerung beginnen.
    In seiner Generation war er der letzte unverheiratete Mann der Familie Cynster.
    Er erreichte die Kuppe des äußersten Erdwalles und blieb stehen. Das Land fiel flach ab, der Weg wand sich zu seiner Linken weiter und führte nach etwa fünfzig Metern zu einer rechteckigen überdachten Aussichtsplattform.
    Die Aussicht war atemberaubend. Sonnenschein glitzerte in der Ferne auf der See; die Umrisse der Isle of Wight waren in dem weichen Sommerdunst unscharf zu erkennen.
    Er hatte die Aussicht schon früher genossen. Er schaute zur Plattform und der Frau dort. Sie stand am Geländer und blickte auf das ferne Meer. Aus ihrer Körperhaltung und ihrem reglosen Verharren schloss er, dass sie ihn nicht bemerkt hatte.
    Mit zusammengepressten Lippen ging er weiter. Er würde ihr keinen Grund nennen müssen, warum er sich zu ihr gesellte. In den letzten zehn Jahren hatte er sie mit demselben beharrlichen Beschützerinstinkt behandelt, den er allen weiblichen Familienmitgliedern angedeihen ließ; zweifellos war es ihre wenn auch lose Verwandtschaft - sie war die Schwester
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