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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady
Autoren: Julia Quinn
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als wollte sie jeden Augenblick in Gelächter ausbrechen.
    „Unterstehen Sie sich“, warnte er sie.
    Sie hielt sich zurück, offenbar aber nur mühsam, und so wandte er sich an Lady Elizabeth und fragte: „Soll ich sie zurückholen?“
    Stumm starrte sie ihn an.
    „Ihre Schwester“, erläuterte er.
    Immer noch kam nichts von ihr. Lieber Himmel, brachte man Frauen heutzutage überhaupt irgendetwas bei?
    „Lady Amelia“, sagte er, wobei er jede Silbe sorgfältig betonte. „Meine Verlobte. Die, die mich eben direkt geschnitten hat.“
    „Ach, direkt würde ich das nicht nennen“, brachte Elizabeth schließlich hervor.
    Er starrte sie so lange an, bis es ungemütlich wurde (ihr – ihm bereitete es keinerlei Probleme), und wandte sich dann an Grace, die, wie er längst herausgefunden hatte, zu den wenigen Menschen gehörte, auf deren Ehrlichkeit er sich verlassen konnte.
    „Soll ich sie zurückholen?“
    „O ja“, erwiderte sie, und in ihren Augen blitzte der Schalk. „Unbedingt.“
    Mit gehobenen Brauen überlegte er, wohin das verflixte Frauenzimmer wohl abgerauscht sein mochte. Die Tanzgesellschaft hätte sie nicht verlassen können; die Türen gingen direkt auf die Hauptstraße von Stamford hinaus – was für eine Dame ohne Begleitung sicher nicht der richtige Ort wäre. Nach hinten hinaus gab es einen kleinen Garten. Bisher hatte Thomas noch nie Gelegenheit gehabt, ihn sich anzusehen, aber es hieß, dass innerhalb der belaubten Grenzen schon mancher Heiratsantrag gemacht worden sei.
    Wobei Heiratsantrag ein ziemlich dehnbarer Begriff war. Die meisten Heiratsanträge wurden in weitaus bekleideterem Zustand gemacht als jene, die sich im Garten der Tanzsäle von Lincolnshire ereigneten.
    Allerdings bereitete es Thomas keine großen Sorgen, dass man ihn allein mit Lady Amelia Willoughby erwischen könnte. Schließlich war er mit dem Mädchen ohnehin schon verlobt, oder nicht? Und er konnte die Hochzeit nicht viel länger aufschieben. Er hatte ihren Eltern gesagt, dass sie warten würden, bis Lady Amelia einundzwanzig war, und dieses Alter hatte sie sicher bald erreicht.
    Wenn es nicht schon so weit war.
    „Ich habe folgende Möglichkeiten“, murmelte er. „Ich könnte meine liebreizende Verlobte zurückholen, auf die Tanzfläche zerren und den versammelten Massen beweisen, dass ich sie unter der Fuchtel habe.“
    Grace warf ihm einen amüsierten Blick zu. Elizabeth hingegen sah ein wenig blass um die Nase aus.
    „Aber dann würde es auch so aussehen, als machte ich mir etwas daraus“, fuhr er fort.
    „Tun Sie das denn nicht?“
    Er dachte darüber nach. Sein Stolz war tatsächlich angekratzt, das stimmte, aber hauptsächlich war er amüsiert. „Nicht besonders“, antwortete er, und weil sie Elizabeths Schwester war, fügte er hinzu: „Ich bitte um Verzeihung.“
    Elizabeth nickte schwach.
    „Andererseits“, sagte er, „könnte ich einfach hierbleiben. Mich weigern, eine Szene zu machen.“
    „Ach, ich glaube, die Szene wurde bereits gemacht“, meinte Grace und warf ihm einen verschmitzten Blick zu.
    Worauf er ebenso verschmitzt erwiderte: „Seien Sie bloß froh, dass Sie das Einzige sind, was meine Großmutter halbwegs erträglich macht.“
    Grace sagte zu Elizabeth: „Anscheinend bin ich unkündbar.“
    „Sosehr ich auch schon in Versuchung war“, fügte Thomas hinzu.
    Was, wie sie beide wussten, nicht der Wahrheit entsprach. Wenn nötig, würde Thomas sich vor ihr in den Staub werfen, nur damit sie in Diensten seiner Großmutter blieb. Zum Glück – für ihn – hatte Grace nicht die Absicht zu kündigen.
    Dennoch hätte er es getan. Und gleichzeitig ihren Lohn verdreifacht. Jede Minute, die Grace in Gesellschaft seiner Großmutter verbrachte, brauchte er nicht mit ihr zusammen zu sein, und das war wahrlich unbezahlbar.
    Aber darum ging es im Augenblick nicht. Seine Großmutter hatte sich im Nebenzimmer inmitten ihrer Freundinnen niedergelassen, und er wollte nur rasch bei der Tanzgesellschaft vorbeisehen, ohne ein einziges Wort mit ihr zu wechseln.
    Das mit seiner Verlobten war allerdings eine ganz andere Sache.
    „Ich glaube, ich lasse ihr diesen Moment des Triumphs“, verkündete er seinen eben gefassten Entschluss. Er verspürte nicht das Bedürfnis, seine Autorität zu beweisen – wirklich, wer hätte sie denn überhaupt infrage gestellt –, und ihm gefiel die Vorstellung nicht, dass die braven Einwohner von Lincolnshire auf die Idee kommen könnten, er wäre in seine
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