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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady
Autoren: Julia Quinn
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Abend herkommen würde.“
    „Wirklich?“, fragte Amelia und sah Grace rasch an.
    Grace nickte. „Ich habe ihn beim Abendessen gesehen. Das heißt, ich habe ihn gesehen, als er an dem Raum vorbeiging, in dem wir zu Abend gegessen haben. Er wollte nicht mit uns essen. Ich glaube, er und seine Großmutter liegen gerade im Streit“, fügte sie hinzu. „Wie so oft.“
    Amelia presste die Lippen zusammen. Nicht vor Zorn. Nicht einmal vor Ärger. Eigentlich war es hauptsächlich Resignation. „Ich nehme an, die Dowager Duchess hat ihn meinetwegen bedrängt.“
    Grace sah aus, als hätte sie darauf lieber nicht geantwortet, aber am Ende erklärte sie: „Also … ja.“
    Was zu erwarten stand. Es war allgemein bekannt, dass die Dowager Duchess of Wyndham noch erpichter auf die Hochzeit war als Amelias Mutter. Ebenfalls allgemein bekannt war, dass der Herzog seine Großmutter bestenfalls irritierend fand, und so überraschte es Amelia nicht weiter, dass er sich bereit erklärt hatte, zum Ball zu kommen, damit sie ihn endlich in Ruhe ließ.
    Und da außerdem allgemein bekannt war, dass der Duke keine leichtherzigen Versprechungen machte, war Amelia ziemlich sicher, dass er tatsächlich zum Tanz erscheinen würde. Was für sie bedeutete, dass der Abend einem wohlbekannten Muster folgen würde: Nach Ankunft des Herzogs würden alle erst auf ihn und dann auf sie schauen, und schließlich würde er zu ihr hingehen, sie würden ein paar Minuten verlegene Konversation treiben, er würde sie um einen Tanz bitten, sie würde ihm den Tanz gewähren, danach würde er ihr die Hand küssen und sich verabschieden.
    Vermutlich, um zu einer anderen Frau zu gehen. Einer ganz anderen Sorte Frau.
    Der Sorte, die man nicht heiratete.
    Amelia dachte nicht gern über diese Dinge nach, aber das hielt sie nicht davon ab, es zu tun. Durfte man von einem Mann verlangen, dass er einem schon vor der Ehe treu war? Darüber hatte sie mit ihrer Schwester bereits oft diskutiert, mit dem immer gleichen deprimierenden Ergebnis: Nein. Nicht, wenn der fragliche Gentleman als Kind verlobt worden war. Es war nicht fair, von ihm zu erwarten, auf all die Freuden zu verzichten, die seinen Freunden offenstanden, nur weil sein Vater vor zwei Jahrzehnten einen Vertrag unterzeichnet hatte. Die Lage würde sich erst dann ändern, wenn ein Datum für die Hochzeit festgesetzt worden war.
    Wenn es den Willoughbys je gelingen würde, Wyndham dazu zu bringen, ein Datum zu nennen.
    „Du siehst nicht so aus, als wärst du ungeheuer aufgeregt, ihn zu sehen“, bemerkte Elizabeth.
    Amelia seufzte. „Bin ich auch nicht. Um die Wahrheit zu sagen, kann ich den Abend viel mehr genießen, wenn er nicht da ist.“
    „Ach, so schlimm ist er gar nicht“, versicherte Grace ihr. „Wenn man ihn erst einmal näher kennt, ist er wirklich ziemlich süß.“
    „Süß?“, wiederholte Amelia zweifelnd. Sie hatte den Mann schon lächeln sehen, aber nie mehr als zwei Mal während eines Gesprächs. „Wyndham?“
    „Nun ja“, schränkte Grace ein, „vielleicht habe ich übertrieben. Aber der Duke wird dir ein guter Ehemann sein, Amelia, das verspreche ich dir. Wenn er will, kann er sehr amüsant sein.“
    Amelia und Elizabeth starrten sie dermaßen ungläubig an, dass Grace zu lachen anfing und hinzufügte: „Ich lüge nicht! Wirklich nicht! Er hat einen wunderbaren Sinn für Humor.“
    Grace meinte es gut, das war Amelia klar, aber irgendwie konnte sie das nicht beruhigen. Es war nicht so, dass sie eifersüchtig gewesen wäre. Sie war nicht in Wyndham verliebt, da war sie sich ganz sicher. Wie könnte sie auch? Sie hatte bisher kaum Gelegenheit gehabt, mehr als zwei Worte mit dem Mann zu wechseln. Trotzdem empfand sie es als beunruhigend, dass Grace Eversleigh ihn inzwischen so gut kannte.
    Und Elizabeth, der sie normalerweise alles anvertraute, konnte sie das auch nicht sagen. Elizabeth und Grace waren Busenfreundinnen, seit sie sich mit sechs Jahren kennengelernt hatten. Elizabeth würde ihr nur sagen, dass sie albern sei. Oder sie würde ihr einen dieser schrecklichen Blicke zuwerfen, die mitfühlend gemeint waren, letztendlich aber immer mitleidig waren.
    Dieser Tage bekam Amelia eine Menge solcher Blicke ab. Normalerweise immer dann, wenn es ums Heiraten ging. Wenn sie Wetten abschließen würde (sie glaubte fast, dass ihr das Spaß machen würde), hätte sie darauf gewettet, dass sie diese Blicke mindestens von der Hälfte der jungen Damen des ton erhalten hatte. Und von
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