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Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Titel: Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Inge Löhnig
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am Ostfriedhof. Sonnenaufgang am Giesinger Bahnhof. Frühstück bei mir?«
    »Bei diesem Regen?«
    »Der hört bald auf.«
    Lukas behielt recht. Nach zehn Minuten war der Regenguss vorbei. Im Licht der Morgendämmerung schimmerte der nasse Asphalt. Ein paar Frühaufsteher waren schon unterwegs. Eine alte Frau trug Zeitungen aus. Ein Jogger bog Richtung Isar ein. Am Nockherberg kam ihnen ein Radler in hohem Tempo entgegen. Sie hinauf, er hinunter. Die Tore des Ostfriedhofs waren noch geschlossen. Das Zwitschern der erwachenden Vögel drang über die Mauern. Irgendwo klingelte ein Wecker. Kurz bevor sie den Giesinger Bahnhof erreichten, ging die Sonne auf. Ein milchigroter Ball. Der Morgen umfing sie wie ein warmes, dampfendes Tuch. Schon beinahe fünf. Bald fuhr die erste S-Bahn. Sie beschlossen, auf sie zu warten. Schweigend setzten sie sich auf eine Bank am Bahnsteig und beobachteten, wie die Sonne langsam höher stieg. Irgendwann sagte Lukas, er habe den Song für Isa fertig. Er würde ihn gerne aufnehmen, mit Mika als Sängerin, ob sie Lust habe.
    Natürlich. Ein Lied für Isabelle. Ihre beste Freundin. Bald waren es schon fünf Monate.
    Die S-Bahn war pünktlich. Drei Stationen bis Unterhaching. Mika fielen beinahe die Augen zu. Sie beschloss, nach Hause zu gehen. Erst schlafen. Dann frühstücken. Da auch Lukas eine Mütze Schlaf brauchen konnte, trennten sie sich vor dem Bahnhof. »Dann bis später.« Er stapfte davon. Eine hagere schwarze Gestalt mit hängenden Schultern. Einen Augenblick sah Mika ihm nach und bog in ihr Viertel ein, das wieder einmal unentschlossen auf sie wirkte. Einfamilienhäuser. Doppelhaushälften. Reihenhausketten. Dazwischen ab und zu ein mehrgeschossiger Wohnblock und kleine Gewerbebauten. Gartenzwerge und Pools. Doppelgaragen und Schrebergartenhütten. Satellitenschüsseln und Alarmanlagen. Gähnend blinzelte sie in die aufsteigende Sonne. Etwas war anders. Was? Es dauerte einen Moment, bis ihr auffiel, dass es in Unterhaching nicht geregnet hatte.
    Weiter vorne, bei der Baustelle, standen Polizeifahrzeuge. Was da wohl los war? Kaffeeduft stieg ihr in die Nase. In der Kaffeerösterei arbeiteten sie also schon. Ein paar Minuten später kam die mediterrane Traumvilla in Sicht, der Stolz ihrer Eltern. Früher hatte sie das Haus auch toll gefunden. Ihr Zimmer mit eigenem Bad und begehbarem Kleiderschrank. Den Pool. Die Marmorbäder mit angeschlossenem Wellnessbereich. Die Designerküche mit amerikanischem Kühlschrank und allem möglichen Schnickschnack. Doch seit Isas Tod erschien ihr all dieser Luxus völlig übertrieben, eitel und unwichtig.
    Auf dem Platz vor der Doppelgarage parkte neben Phillips schwarzem Cabrio der Range Rover ihrer Mutter. War sie wieder mal zu faul gewesen, ihn in die Garage zu stellen. Zu Papas Cayenne. Obwohl, der befand sich zurzeit am Flughafen im Parkhaus. Ihr Vater war für zehn Tage in China. Neuerdings interessierten sich die Chinesen für die Photovoltaikanlagen, die er herstellte.
    Vier Personen. Drei Fahrzeuge. Das war doch krank. Ihren Eltern war die Kinnlade runtergeklappt, als Mika verkündet hatte, zum Abi kein Auto zu wollen, sondern eine Jahresnetzkarte für die Bahn. Paps hatte geschmunzelt und etwas von verspäteter Pubertät gemurmelt.
    Mika tippte den Zugangscode in das Tastaturfeld der Türöffneranlage und betrat das Grundstück. Dieselbe Prozedur an der Haustür. In der Küche nahm sie eine Flasche Bionade aus dem Kühlschrank und ging nach oben. Die Schlafzimmertür ihrer Eltern öffnete sich. Ihre Mutter trat in den Flur. »Bist du endlich da. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Völlig unnötig. Wie du siehst, wurde ich weder von einem Besoffenen überfahren noch von einem Perversen angegriffen. Alles ist gut. Du kannst ruhig weiterschlafen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Mika in ihr Zimmer und warf Schuhe und Tasche auf den Boden. Ein Berg Klamotten lag auf dem Bett. Sie schleppte ihn ins Ankleidezimmer auf den Hocker und blieb vor dem Spiegel stehen.
    Sie war schön. Schon immer gewesen. Auch jetzt, nach der durchgemachten Nacht. Seidiges Haar. Gleichmäßiger Teint, gute Figur, lange Beine, gebräunte Haut. Doch es war ihr egal. Vor ein paar hundert Jahren hätte man sie vielleicht als hässlich verspottet. Schönheit, was war das? Wer bestimmte das? Schönheit war ein Richterspruch, ein Urteil, der alle abwertete, die nicht über dieses unverdiente Privileg verfügten. Isa zum Beispiel. Was an ihr schön gewesen war, hatte sie
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