Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
daraus ließ sich etwas machen. Unter jedem Fenster befanden sich kleine Balkone mit schmalen Stahlgeländern und dazwischen Feuerleitern – ideal zum Balancieren und Kopfüberrunterschwingen. Das Haus war fünf Stockwerke hoch und die Fenster hatten breite Simse. Bei fast allen fehlten die Scheiben. Das Dach war flach; ich konnte es mit einbeziehen, wenn ich wollte.
    Jetzt näherten sich von rechts vier junge Männer. Mein Herz schlug sofort höher, als ich unter ihnen David Belle erkannte. Er war tatsächlich da! Er trug eine weite, helle Cargohose und einen schwarzen Pullover. Keine Jacke. Keinen Schal. Keine Handschuhe. Ich schämte mich kurz für die vielen Schichten, die ich mir vorhin übergezogen hatte. Unterhemd, T-Shirt, Longsleeve, Kapuzenpulli, Weste, Fahrradhandschuhe. Aber das musste sein, damit meine Muskeln weich blieben. Wenn ich fror, konnte ich mich nicht gut bewegen.
    Nun schüttelte David Seppo die Hand. Seppo wollte ihn kaum loslassen. Mann, wie peinlich. »Finger weg, du Idiot!«, flüsterte ich und sprang ein paarmal trippelnd auf und ab. Jetzt begrüßte David die anderen beiden. Serdan sah sich suchend um. Er hielt nach mir Ausschau … bestimmt war es so …
    Es wurde Zeit, mich zu zeigen. Ich musste mich zusammenreißen, um David nicht entgegenzurennen. Lässig marschierte ich auf das Gebäude zu, nicht zu langsam, nicht zu schnell. Serdan entdeckte mich als Erster und für eine Sekunde huschte ein Grinsen über sein Gesicht. Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich ihn überhaupt grinsen sehen hatte. Dann riss Billy die Augen auf. Doch Seppo und David waren noch in ihr Gespräch vertieft. Ein Gespräch? Oder eher ein Streit? Seppo sah aufgeregt aus.
    »Hi«, sagte ich knapp, als ich die Jungs erreicht hatte.
    David und Seppo hörten abrupt auf zu sprechen und wendeten gleichzeitig den Kopf zu mir.
    »Luzie«, stotterte Guiseppe fassungslos. »Was machst du hier?«
    »Na, was wohl?«, knurrte ich. »Blümchen pflücken und mir einen Kranz binden.«
    »Hey, Katz, kannst du Französisch? Wir verstehen den nicht!«, raunte Billy mir ins Ohr, nachdem er seinen ersten Schock überwunden hatte. Deshalb hatten Seppo und David so hektisch miteinander gesprochen – sie konnten sich nicht verständigen. »Sein Englisch klingt so seltsam … Wir wissen nicht, was er will …«
    »Hey, alles in Ordnung?«, fragte David mich auf Französisch und lächelte mich an. »Bist du das Mädchen aus dem Video?«
    »Ja, das bin ich«, antwortete ich und bemühte mich, so rein und klar und locker zu sprechen, wie Leander es getan hatte. Davids Lächeln verwandelte sich in ein breites Strahlen. Die Jungs glotzten mich mit offenem Mund an.
    »Gut. Dann sag mir, was du vorhast.«
    Verflucht. Wenn ich mich nun auf einen Run festlegen würde, konnte ich nicht mehr großartig improvisieren. Und abgesehen davon hatte ich keine Ahnung, was Feuerleiter auf Französisch hieß. Doch ich nahm meine Hände und Füße zu Hilfe und irgendwie klappte es. David verstand mich. Er musterte mich nachdenklich.
    »Das ist gefährlich, Luzie. Du weißt das, oder?«
    Ich nickte nur.
    »Was sagt er? Was will er?«, plärrte Seppo und stieß mich in die Seite.
    »Er will, dass ich ihm meinen Run zeige.«
    »Du? Aber …« Seppo verstummte und spuckte gereizt auf den Boden. David beachtete ihn nicht. Er war mit seinen Begleitern beschäftigt, die eine große, eckige Tasche auf den Boden stellten und öffneten. Dann zogen sie eine Kamera und ein Stativ heraus und bauten es auf. Die wollten mich filmen … Beunruhigt fühlte ich, wie meine Arme und Beine kalt wurden. Die Sonne ging unter und die Temperatur sank. ’ Ich lief auf der Stelle und kreiste meine Arme, um sie warm zu bekommen.
    »Wir sind gleich fertig«, sagte David. »Einen kleinen Moment noch.«
    Je länger es dauerte, desto schneller schlug mein Herz. Immer wieder ließ ich meine Augen über die Gebäudefront wandern, während die Jungs hinter mir zischelnd miteinander flüsterten. Die benahmen sich wie Mädchen.
    »Bist du so weit?«, fragte David mich nach endlosen Minuten. Ich schluckte, atmete tief aus, klemmte mir erst das rechte, dann das linke Bein hinter das Ohr, machte probehalber aus dem Stehen heraus eine Brücke und anschließend einen Handstand und richtete mich auf. Wieder nickte ich nur. Ich hatte kaum mehr Spucke im Mund. Und ich wusste auf einmal keine einzige Französischvokabel.
    »Kamera läuft«, verkündete David. »Go, Luzie!«
    Ich spurtete los und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher