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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch
Autoren: Bettina Belitz
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Lombardi weiß Bescheid, du kannst dir jeden Mittag und Abend etwas zu essen bei ihr holen, ist alles ausgemacht, und du darfst sie rund um die Uhr anrufen, wenn irgendetwas ist oder du dich fürchtest …«
    »Warum sollte ich mich fürchten?«, fragte ich erstaunt.
    »Na ja, meine Kleine«, antwortete Mama und strich mir über die Wange. »Der Keller vielleicht?«
    »Ich hab keine Angst vor dem Keller. Das weißt du doch.«
    »Schon, aber in letzter Zeit hast du uns nicht mehr unten besucht«, wandte Mama ein. »Papa hat dich vermisst.«
    Das war richtig. Ich hatte den Keller seit Wochen nicht mehr betreten. Warum eigentlich nicht? Ach, natürlich, Leander. Er hatte mich jedes Mal zeternd davon abgehalten und sich mit seinem gesamten Gewicht gegen mich gestemmt, wenn ich Papa eine Visite abstatten wollte. Als ich an ihn dachte, schoss ein flaues Gefühl durch meinen Bauch. Ich hatte mich zu sehr auf Leanders hysterisches Gezeter eingelassen, um meinen Eltern zu helfen.
    »Hatte so viel um die Ohren. Sorry«, murmelte ich. »Und ich hab keine Angst. Wir können jetzt gleich runtergehen und ich beweise es dir.« ’ Doch Mama glaubte mir. Papa glaubte mir sowieso. Also fuhren beide am Samstagmorgen nach München. Sofort fing ich damit an, mir mehrere Parkour-Strecken in der Wohnung einzurichten. Das gesamte Wochenende trainierte ich verbissen. Wenn mein Ohr zu klopfen begann, legte ich eine kurze Pause ein, aber ansonsten übte ich, bis mir der Schweiß in Strömen den Nacken herunterlief. Abends lief ich rüber zur Pizzeria und ließ mir eine Lasagne einpacken. Seppos Geschwister wuselten schnatternd um mich herum und seine Mutter wurde nicht müde zu betonen, was für ein armes, vernachlässigtes Mädchen ich doch sei – so einsam und verlassen in diesem großen, unheimlichen Haus. Mit all den Leichen im Keller. Sogar ihr Mann rief mir aus der Küche einen Gruß zu. Nur Seppo war weit und breit nicht zu sehen.

Präsidentensuite
    Als meine Eltern am Sonntagabend zurückkamen, schlief ich schon fast. Mir taten alle Knochen und Muskeln weh, doch es war ein schöner Schmerz, weil er mich daran erinnerte, dass ich mich endlich wieder richtig bewegt hatte. Und ich konnte es noch. Ich hatte nichts verlernt. Das einzige Problem war meine Kondition, aber bis zum Treffen blieben mir noch ein paar Tage, um sie zu stärken.
    Mein Run am Pegelturm stand fest. Wenn das klappte, was ich vorhatte, würde er seinesgleichen suchen. Die Jungs würden staunen. Ja, er war nicht einfach und hatte einige Tücken. Doch ich würde den Jungs und David damit doppelt und dreifach beweisen, dass ich keine Niete war.
    In der Schule gingen Seppo, Billy und Serdan mir jedoch aus dem Weg. Dass Serdan nicht mit mir redete, war nichts Ungewöhnliches. Serdan sprach so gut wie nie. Er übte an seinen Breakdance-Figuren und verlor keine Worte darüber. Aber dass Billy meinen Blicken auswich und Seppo sich gar nicht erst in meine Nähe wagte, stimmte mich misstrauisch. Außerdem vermisste ich Leanders Fieberhitze, die mir meine Füße gewärmt hatte, wenn er im Unterricht vor mir auf dem Boden hockte. Ich konnte ein gewisses Neidgefühl nicht wegschieben, das mich jedes Mal packte, wenn ich darüber nachdachte, dass alle meine Klassenkameraden noch einen Sky Patrol hatten. Nur meiner hatte sich aus dem Staub gemacht. Ja, okay, ich hatte ihn loswerden wollen und es war gut, dass er weg war und ich wieder meine Ruhe hatte. Trotzdem fühlte ich den Neid in mir glimmen.
    Am Freitagmittag riss ich Billy in der S-Bahn die Kopfhörer aus den Ohren und beschloss, Klartext zu reden.
    »Warum geht ihr mir aus dem Weg? Und was hat Seppo für ein Problem mit mir?«
    Billy sah an mir vorbei aus dem Fenster.
    »Mensch, Luzie, wir sind halt alle nervös wegen morgen …«
    Serdan drehte seine Musik noch lauter und zappelte angespannt auf seinem Sitz herum. Automatisch schaute ich nach oben an die Decke, doch natürlich war dort niemand. Leander war weg. Ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf Billy.
    »Nervös. Aber deshalb kann man ja trotzdem miteinander reden, oder?«
    Billy zuckte nur mit den Achseln.
    »Wir treffen uns dann also um vier am Pegelturm, richtig? Und David weiß Bescheid?«, hakte ich nach.
    »Jeder macht seinen eigenen Run? Besprochen haben wir ja nichts.«
    »Hmhm«, brummelte Billy, ohne mich anzusehen. Er sagte kein Wort mehr, bis wir im Hemshof angekommen waren. Irgendetwas stimmte hier nicht, doch ich hatte keine Ahnung, was. Okay, die
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