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Vereist (German Edition)

Vereist (German Edition)

Titel: Vereist (German Edition)
Autoren: Kendra Elliot
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hatte abgewinkt. Von seinen zahlreichen früheren Flügen wusste er, dass die Piloten ihn nur hämisch angrinsen, aber sonst nicht weiter beachten würden. Er wischte eine dünne Schneeschicht von einem Fenster, nahm die Mütze ab und betrachtete sein Spiegelbild. Vorsichtig betastete er die Platzwundean seiner Stirn und die Rinnsale aus inzwischen fast trockenem Blut, die ihm von dort übers Gesicht gelaufen waren. Mit der Mütze rubbelte er das Blut von seinen Augenbrauen und Lidern. Der Sitz vor ihm war gepolstert gewesen. Dort konnte er sich die Platzwunde nicht geholt haben – ganz gleich wie heftig er sich den Kopf angeschlagen hatte. Etwas, das in der Kabine herumgeflogen war, musste ihn getroffen haben. Er fuhr mit den Fingern durch sein Haar und zischte, als er eine empfindliche Stelle über seinem Ohr berührte.
    Eine Welle von Übelkeit nahm ihm beinahe die Sicht.
    Verdammt
. Etwas hatte ihn an zwei verschiedenen Stellen am Kopf getroffen. Nicht gut.
    Was, wenn er eine Gehirnerschütterung hatte? Oder innere Blutungen? Würde er daran sterben? Würde er Schmerzen haben?
    Er atmete tief ein, füllte seine Lunge mit der eisigen Luft und vertrieb damit die Benommenheit. Dann setzte er seinen Erkundungsgang um das Flugzeug fort. Sie waren am Rand einer großen Waldlichtung an einer steilen Bergflanke aufgeschlagen. Als er sich umsah, entdeckte er auf der anderen Seite der freien Fläche eine Gruppe von Tannen mit abgeschorenen Wipfeln. Er blinzelte. Anscheinend die Absturzschneise. Beim Aufprall auf diese alten Bäume musste das Cockpit abgerissen sein. Unter den Tannen waren einige Giganten mit einem Stammdurchmesser von sicher zwei Metern.
    Außer dem Cockpit fehlte noch einer der Motoren. Und der größte Teil eines Flügels. Durch den seltsamen diagonalen Riss, der das kleine Flugzeug zerteilt hatte, war auch einer der sieben bequemen Passagiersitze abhandengekommen. Wenn Darrin nicht so weit wie möglich vom Cockpit entfernt gesessen hätte, wäre er sicher gemeinsam mit den Piloten verschwunden.
    Er starrte an der steilen Bergflanke mit ihrer unberührten Schneedecke empor, die etliche hundert Meter anzusteigen schien. Von dort war keine Hilfe zu erwarten. Darrin warf einen Blick auf das Handy. Immer noch kein Empfang.
    Das Cockpit entdeckte er schließlich weiter talwärts. Es lag einige hundert Meter tiefer am Hang. Eilig machte er sich auf denWeg dorthin, versank aber bereits beim ersten Schritt bis über die Knie im Schnee.
    »Verdammt!«
    Vorsichtig befreite er sich und versuchte es ein Stück weiter rechts. Dort ging es besser voran. Der Schnee lag sehr tief, aber näher am Waldrand befand sich unter den fünfzehn bis zwanzig Zentimetern Neuschnee eine feste verharschte Schicht. Schritt für Schritt bahnte er sich seinen Weg hinunter zum Cockpit und brach dabei noch weitere fünf- oder sechsmal ein. Unterwegs zog er die Pistole des Marshals aus dem Holster und legte den Finger an den Abzug. Völlig außer Atem von der ungewohnten Anstrengung und vor Anspannung näherte er sich dem Cockpit. Er achtete aufmerksam auf jede Art von Geräusch, doch der Wald war geradezu unheimlich still. Genau wie das Cockpit.
    Es war zusammen mit dem zweiten Flügel und einem Motor in einem unförmigen zusammenhängenden Stück abgebrochen. Die gezackten Bruchkanten sahen aus, als hätte ein gigantisches Kind die Maschine in einem Wutanfall zerfetzt.
    Darrin hielt die Pistole in der rechten Hand. Mit der linken betastete er die scharfen Metallkanten. Als er den Arm bewegte, schoss ihm der Schmerz von der Schulter direkt ins Gehirn. Vorsichtig ließ er die Schulter ein wenig kreisen. Gebrochen war anscheinend nichts, er sah auch kein Blut und keine Wunde. Vielleicht hatte er sich einen Muskel oder eine Sehne gezerrt.
    Sein Blick fiel auf die Hinterköpfe der Piloten. Beide saßen reglos in ihren Sitzen. Starr. Auf dem Boden unter dem Copiloten hatte sich eine Blutlache gebildet. Beim Nähertreten sah Darrin, dass der linke Oberschenkel des Mannes weit aufklaffte. Er war verblutet. Vermutlich binnen zwei oder drei Minuten.
    Darrin fragte sich, ob der Copilot gewusst hatte, dass er starb. Hatte er versucht, die Blutung zu stoppen, geahnt, dass ihm nur Minuten blieben, bis sein Herz sein ganzes Blut auf den Boden gepumpt hatte? Die Hände des Mannes waren sauber. Kein Blut. Er hatte nicht versucht, sein Bein abzudrücken. Vermutlich war er ohnmächtig gewesen, als das Leben aus ihm herausgeflossen war.
    Schade.
    Der
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