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Verdeckt

Verdeckt

Titel: Verdeckt
Autoren: Kendra Elliot
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Frauen mit Plastikregenhauben stapften trotz der Kälte vor dem Haus herum. Die Regenhauben sahen aus wie durchsichtige Muscheln, die sich über die silbernen Köpfe gestülpt hatten. Sie erinnerten Lacey an ihre Großmutter, die früher mit diesen billigen Plastikdingern nach dem Waschen und Legen ihre Frisur geschützt hatte. Lacey schob sich an den neugierigen runzeligen Gesichtern vorbei. Zweifellos war dies für die alten Leute der aufregendste Tag seit Jahren.
    Ein Skelett im Kriechkeller unter ihrem Haus.
    Der Gedanke trieb Lacey einen Schauer über den Rücken. Hatte irgendwer dort vor zwanzig Jahren eine Leiche versteckt? Oder hatte sich da unten jemand eingeklemmt und war nie vermisst worden?
    Ein halbes Dutzend Streifenwagen aus Lakefield verstopfte den Parkplatz. Vermutlich der gesamte Fuhrpark der Stadt. Cops inmarineblauen Uniformen standen mit dampfenden Kaffeetassen in den Händen herum. Ihre Haltung wirkte resigniert und abwartend. Laceys Augen folgten dem Dampf aus den Pappbechern. Unwillkürlich sog sie den Duft ein. Die Koffeinrezeptoren an ihren Nervenenden schrien nach Kaffee. Lacey schob die Plane am Zelteingang beiseite.
    »Dr. Campbell!«
    Die scharfe Stimme riss sie aus ihren Kaffeeträumen. Sie zuckte zusammen und unterdrückte den Reflex, sich nach ihrem Vater – auch einem Dr. Campbell – umzusehen. Auf der grellblauen Plane vor Laceys schneeverkrusteten Stiefeln lagen Teile eines Skeletts. Mit dem nächsten Schritt hätte sie ein Schienbein zertreten und Dr. Peres’ Blutdruck durch das Zeltdach schnellen lassen. Lacey ignorierte den versengenden Blick der Frau. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Knochen vor ihren Füßen. Beim Anblick dieser Herausforderung jagte ein Adrenalinstoß durch ihre Adern.
    Hier lag der Grund, warum sie sich bei dieser Kälte hier herausgequält hatte: Ein Opfer musste identifiziert und seiner Familie zurückgegeben werden. Hier konnte sie ihre Fähigkeiten einsetzen, um das Rätsel um die Todesursache zu lösen und die Fragen der trauernden Angehörigen zu beantworten. Es tat gut, das zu wissen.
    Der Schädel war vorhanden, dazu ein Großteil der Rippen und der längeren Knochen der Extremitäten. In einer Ecke des Zeltes siebten zwei Kriminaltechniker in Daunenjacken eimerweise Erde und Steine, suchten akribisch nach kleineren Knochen. Ein großes klaffendes Loch in der Betonwand des Kriechkellers unter dem Gebäude zeigte, wo die Überreste entdeckt worden waren.
    »Treten Sie mir hier bloß nichts kaputt«, blaffte Dr. Peres.
    Ich freue mich auch, Sie zu sehen.
    »Morgen.« Lacey nickte in Dr. Peres’ Richtung und versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen. Ihre Augen sogen sich an der unwirklichen Szene fest: Knochen, Eimer, Vollzicke.
    Dr. Victoria Peres, eine forensische Anthropologin, war in Fachkreisen als eiserne Lady bekannt und ließ sich von niemandemetwas sagen. Diese eins achtzig große Inkarnation einer Amazone betrachtete jeden Einsatzort als ihr persönliches Königreich und ohne ihr Einverständnis wagte sich kein Mensch auch nur auf Blickweite an dessen Grenzen. Davon, unaufgefordert irgendetwas anzufassen, durfte man nicht einmal träumen.
Egal, worum es sich handelte.
    Als junges Mädchen hatte Lacey Dr. Peres sein wollen.
    Vier gemeinsame Bergungseinsätze waren nötig gewesen, bis die Anthropologin Laceys Arbeit vertraut hatte. Das hieß aber noch lang nicht, dass sie Lacey jetzt auch mochte. Dr. Peres mochte niemanden.
    Auf der schmalen Nase der Frau klemmte eine Brille mit schwarzem Rahmen und kleinen Gläsern. Das lange schwarze Haar war wie üblich zu einem perfekten Knoten aufgesteckt. Obwohl Dr. Peres bereits seit fünf Stunden hier arbeitete, hatte sich noch kein einziges Strähnchen daraus gelöst.
    »Nett, dass Sie es noch zu unserer kleinen Feier geschafft haben.« Beim Blick auf die Uhr zog Dr. Peres eine Augenbraue hoch.
    »Der Lack auf meinen Zehennägeln war noch nicht ganz trocken.«
    Das scharfe Schnauben der Frau überraschte Lacey.
Wow.
Es war ihr gelungen, Dr. Peres zum Lachen zu bringen. Zumindest beinahe. Damit würde sie sich in Zukunft vor sämtlichen Mitarbeitern des gerichtsmedizinischen Instituts brüsten können.
    »Was haben Sie denn hier?« Lacey juckte es in den Fingern. Sie wollte sich an die Lösung des Rätsels machen. Geheimnissen auf den Grund gehen zu können, war das Beste an ihrem Job.
    »Weiße weibliche Person, Alter zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig. Wir holen sie stückweise
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