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Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Titel: Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Autoren: Keigo Higashino
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fragte.
    Yasuko war gerade dabei, die Papierrolle in der Kasse auszuwechseln, als die Tür aufgeschoben wurde und jemand hereinkam. »Guten Tag«, flötete sie mechanisch, ohne aufzuschauen. Dann erstarrte sie und riss entgeistert die Augen auf.
    »Gut siehst du aus«, sagte der Mann, der nun vor ihr stand. Er lächelte, aber seine Augen blickten finster.
    »Du? … Wie hast du mich gefunden?«
    »So erstaunlich ist das nun auch wieder nicht. Wo meine Ex-Frau arbeitet, kann ich jederzeit herausfinden, wenn ich will.« Der Mann sah sich im Laden um wie ein noch unentschlossener Kunde. Er hatte beide Hände in den Taschen seiner dunkelblauen Windjacke vergraben.
    »Und was willst du jetzt?«, fragte Yasuko in scharfem, aber gedämpftem Ton. Sie funkelte ihn an und betete innerlich, dass die Yonazawas in der Küche sie nicht hörten.
    »Jetzt guck doch nicht so. Wir haben uns ewig nicht gesehen. Da könntest du mir wenigstens aus Höflichkeit ein Lächeln schenken.« Der Mann grinste bösartig.
    Yasuko überlief es kalt. »Wenn du nichts zu sagen hast, kannst du gleich wieder abhauen.«
    »Ehrlich gesagt bin ich aus einem bestimmten Grund hier. Ich will dich um einen Gefallen bitten. Meinst du, du könntest kurz mit rauskommen?«
    »Rede keinen Quatsch. Siehst du nicht, dass ich arbeite?«, sagte Yasuko und bereute es im selben Moment. Jetzt dachte er, sie würde mit ihm reden, wenn sie nicht arbeiten müsste.
    Der Mann leckte sich die Lippen. »Wann hast du Schluss?«
    »Ich will nicht mit dir reden. Bitte, geh einfach, und lass mich in Ruhe.«
    »Wie kalt du bist.«
    »Was hast du erwartet?«
    In der Hoffnung auf Kundschaft warf Yasuko einen Blick nach draußen, aber es war niemand in Sicht. Die Straße war leer. »Na gut, wenn du so kalt bist, dann versuche ich es eben bei jemand anderem«, sagte der Mann und kratzte sich am Kopf.
    In Yasukos Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken. »Was soll das heißen?«
    »Ich meine, wenn meine Frau mir schon nicht hilft, dann vielleicht ihre Tochter. Sie geht doch ganz hier in der Nähe zur Schule, oder?«, fragte der Mann drohend.
    »Lass sie ja in Ruhe!«
    »Also gut, vielleicht kannst du mir doch helfen. Mir ist alles recht.«
    Yasuko seufzte. Sie wollte ihn loswerden. »Ich arbeite bis sechs.«
    »Von morgens früh bis sechs Uhr abends? Ihr habt ja lange Arbeitszeiten.«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Na gut, dann komme ich um sechs.«
    »Nein, nicht hierher. Du gehst draußen nach rechts, dann die Straße runter, bis du an eine große Kreuzung kommst. Dort an der Ecke ist ein großes Familienrestaurant. Wir treffen uns um halb sieben dort.«
    »Alles klar. Und sieh zu, dass du kommst. Denn wenn nicht …«
    »Ich komme. Und jetzt raus. Ein bisschen plötzlich.«
    »Schon gut, schon gut, wirf mich nur auf die Straße.« DerMann sah sich noch einmal im Laden um, ehe er hinausging und die Schiebetür etwas zu heftig hinter sich zuzog.
    Yasuko legte sich die Hand auf die Stirn. Ein hartnäckiger Kopfschmerz hatte sich eingestellt. Übel war ihr auch. Ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit breitete sich langsam in ihr aus.
    Acht Jahre waren seit ihrer Hochzeit mit Shinji Togashi vergangen. Sie hatte ihn kennengelernt, als sie in einem Nachtklub in Akasaka arbeitete. Togashi war dort Stammgast gewesen.
    Damals handelte er mit ausländischen Wagen und lebte auf großem Fuß. Yasuko war ein Teil seines luxuriösen Lebensstils. Er kaufte ihr teure Geschenke, führte sie in elegante Restaurants, und als er ihr einen Antrag machte, kam sie sich vor wie Julia Roberts in
Pretty Woman
. Es fiel ihr nicht leicht, bis in die Nacht hinein zu arbeiten, um nach ihrer gescheiterten ersten Ehe für ihre Tochter zu sorgen.
    Anfangs waren sie glücklich. Togashi hatte ein geregeltes Einkommen, so dass Yasuko das Nachtklubmilieu hinter sich lassen konnte. Auch mit Misato verstand er sich gut, und ihre Tochter schien sich zu bemühen, in ihm den »Papa« zu sehen.
    Doch plötzlich brach alles zusammen. Togashi wurde gefeuert, als sein Arbeitgeber herausfand, dass dieser seit Jahren Firmengelder unterschlagen hatte. Nur aus einem Grund zeigte er ihn nicht an: Er wollte die ganze Sache vertuschen, damit seine eigene Nachlässigkeit nicht ans Licht kam. Demnach war das ganze Geld, das Togashi in Akasaka ausgegeben hatte, ergaunert gewesen.
    Von diesem Moment an wurde Togashi ein anderer Mensch. Oder vielleicht zeigte er jetzt nur sein wahres Gesicht. Er lungerte den ganzen Tag untätig herum und fing
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