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Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Titel: Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Autoren: Keigo Higashino
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sich mit der Faust an die Stirn.
    »Du hast gesagt, beide Reifen seien platt gewesen, als das Rad gefunden wurde. Auch das ist eine typische Maßnahme für Ishigami. Damit wollte er verhindern, dass jemand mit dem Fahrrad davonfuhr. Er hat auf die kleinsten Dinge geachtet, um Yasuko Hanaoka ein Alibi zu garantieren.«
    »Dennoch war das Alibi der beiden immer ein bisschen wacklig. Wir haben noch immer keinen eindeutigen Beweis dafür, dass die beiden wirklich im Kino waren.«
    »Aber auch keinen dafür, dass sie nicht dort waren, stimmt’s?«, erinnerte Yukawa den Kommissar. »Ein wackliges, aber unumstößlichesAlibi. Das war die Falle, die Ishigami euch gestellt hat. Ein wasserdichtes Alibi hätte möglicherweise euren Argwohn erweckt. Vielleicht wäre sogar jemand auf die Idee gekommen, dass der Tote gar nicht Shinji Togashi war. So Ishigamis Befürchtung. Also sorgte er dafür, dass zunächst alles auf Yasuko Hanaoka als Mörderin und Shinji Togashi als Opfer hinwies, damit die Polizei nicht von dem von ihm bestimmten Weg abwich.«
    Kusanagi stöhnte. Yukawa hatte recht. Sobald sie die Leiche als Shinji Togashi identifiziert hatten, hatten er und seine Kollegen sofort ihr ganzes Augenmerk auf Yasuko Hanaoka gerichtet. Und zwar genau, weil ihr Alibi diese Schwachpunkte aufwies. Nie war ihnen der Verdacht gekommen, dass der Tote womöglich gar nicht Shinji Togashi war.
    »Der Mann ist mir unheimlich«, flüsterte Kusanagi.
    »Da kann ich dir nur beipflichten«, sagte Yukawa. »Übrigens hat eine Äußerung von dir mich dazu gebracht, Ishigamis furchtbare List zu durchschauen.«
    »Was denn?«
    »Ishigami hat dir doch erzählt, wie er seine Klassenarbeiten konzipiert. Er stellt scheinbare Geometrie-Aufgaben, die aber in Wirklichkeit algebraisch zu lösen sind. Und wie die Erwartungshaltung der Schüler sie blind für andere Lösungen macht.«
    »Was ist damit?«
    »Auf diese Weise hat er ein echtes Alibi wie ein falsches, und die falsche Leiche wie die echte aussehen lassen.«
    Kusanagi entfuhr ein Laut des Erstaunens.
    »Du hast mir doch damals Ishigamis Arbeitsplan gezeigt? Dem Plan zufolge hatte er am Vormittag des 10. März frei. Dabei kam mir der Gedanke, dass das Hauptereignis, das erverbergen wollte, vielleicht am Abend zuvor, also am 9. März, stattgefunden hatte.«
    Das Hauptereignis war natürlich der Mord an Shinji Togashi.
    Was Yukawa sagte, passte haargenau von Anfang bis Ende. Im Nachhinein erwiesen sich alle Indizien – das gestohlene Fahrrad und die nur halb verbrannte Kleidung –, über die sein Freund sich so erregt hatte, als entscheidend für den Fall. Kusanagi musste zugeben, dass die Polizei sich bei ihren Ermittlungen in Ishigamis Labyrinth verirrt hatte. Aber der Eindruck des Irrealen blieb. Einen Mord zu begehen, um einen Mord zu vertuschen – wer kam auf so einen Gedanken? Aber genau darin bestand ja die List.
    »Seine List hat noch eine weitere Dimension«, sagte Yukawa, als habe er Kusanagis heimliche Gedanken gelesen. »Ishigami war von Anfang entschlossen, Yasukos Schuld auf sich zu nehmen, wenn es hart auf hart käme. Dabei bestand jedoch die Gefahr, dass sein Entschluss ins Wanken geraten würde, wenn er einfach nur behauptete, er habe Togashi umgebracht. Vielleicht würde er den polizeilichen Verhören nicht standhalten und ausplaudern, was wirklich geschehen war. Diese Unwägbarkeit hat er ebenfalls ausgeschaltet. Er kann jetzt behaupten, er habe den Mann getötet, was ja stimmt. Denn den Mann, der am Alten Edogawa gefunden wurde, hat er wirklich auf dem Gewissen. Er ist ein Mörder und muss natürlich ins Gefängnis. Dafür hat er jedoch die Person gerettet, die er aus tiefster Seele liebt.«
    »Ishigami weiß also, dass er aufgeflogen ist?«
    »Ich habe es ihm gesagt. Auf eine Weise, die nur er versteht. Ich habe es dir vorhin erzählt: Dass es auf dieser Welt kein nutzloses Zahnrad gebe, und nur das Zahnrad selbst über seinenGebrauch zu entscheiden habe. Inzwischen weißt du auch, wen ich damit gemeint habe, oder?«
    »Ja, das namenlose Opfer, das Ishigami als Teil seines Puzzles missbraucht hat.«
    »Was Ishigami getan hat, ist unverzeihlich. Er musste sich stellen. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass er es in dieser Form tut. Dass er sich zum Stalker erniedrigen würde, um Yasuko Hanaoka zu schützen. Erst da erkannte ich diese Dimension seiner Intrige.«
    »Und wo ist Shinji Togashis Leiche?«
    »Keine Ahnung. Ishigami hat sie irgendwie aus dem Weg geschafft.
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