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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord
Autoren: Wahlberg
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kaum öffnen. Waren verquollen. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren und wusste nicht, wo sie war. Weiße Decke. Weiße Wände.
    Jetzt hörte sie Schritte. Eine Schwester, die sie irgendwo hinschieben sollte vermutlich. Aber die Schwester schien zu bleiben. Ester versuchte den Kopf zu heben.
    »Hallo«, sagte er. »Wie geht’s?«
    Gustav!
    Gustav Stjärne.

    »Hier ist ein Mann, der mit Stjärne sprechen will. Wissen Sie, wo er ist?«, wollte Lotten wissen.
    Georgios Kapsis hatte es sich vor dem Fernseher im Kaffeezimmer der Entbindungsstation bequem gemacht.
    »Nein. Vielleicht auf der Station, aber ich kann mich darum kümmern«, sagte er und dachte, das ist genauso gut, denn was es auch sein mag, bleibt dann ja sowieso an mir hängen. Nach dem Versuch mit der Saugglocke hatte er endlich begriffen, wovon alle geredet hatten. Auf Stjärne war kein Verlass. Entweder drückte er sich oder er war der Aufgabe nicht gewachsen.
    Er ging durch den breiten, hellen Korridor. Ein älterer Mann mit zwei weiteren Männern im Schlepptau wartete vor der Glastür. Kapsis sah ihnen sofort an, dass sie keine Väter waren, die ihre frisch entbundenen Frauen besuchen wollten.
    »Können Sie uns dabei helfen, Gustav Stjärne zu finden?«, fragte der Mann und hielt ihm seinen Ausweis hin.
    Kapsis starrte darauf. Polizei. Meine Güte! Was hatte Stjärne jetzt wieder angestellt?
    Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder.
    Sie befanden sich an einem von zwei Eingängen zur Entbindungsstation, der zur Frauenklinik führte.
    »Ich kann ihn anpiepsen«, meinte Kapsis.
    »Danke«, meinte der Mann, der sich als Gillis Jensen vorgestellt hatte.
    Kapsis ging den Korridor entlang auf das Schwesternzimmer zu und wählte die Nummer von Stjärnes Sucher. Dann legte er auf. Jetzt musste er abwarten, bis Stjärne ihn anrief.
    Nichts passierte. Er wählte die Nummer erneut. Legte auf. Wartete. Die Polizisten warteten ungeduldig vor der Tür.
    Auch jetzt meldete sich Stjärne nicht.
    Kapsis ging zurück zu den Polizisten.
    »Er meldet sich nicht«, sagte er und merkte, wie die Spannung stieg.
    Eine kleine Gruppe weiß gekleideter Frauen hatte sich zu ihnen gesellt.
    »Wo könnte er sein?«, wollte Jensen wissen.
    »Keine Ahnung. Er darf das Gebäude nicht verlassen«, meinte Kapsis. »Vielleicht hat er beim Umziehen den Piepser vergessen. Vielleicht im OP-Trakt?«
    Aber Gustav Stjärne war nicht im OP-Trakt gewesen, es war auch kein Problem gewesen, ihn ausfindig zu machen, als er die missglückte Zangengeburt hatte durchführen sollen.
    »Ich habe ihn im Tunnel gesehen, als ich vom Patientenhotel kam«, meinte Lotten.
    »In welche Richtung ging er?«
    »Zum Block.«
    Die drei Polizisten nickten.
    »Können Sie uns den Weg zeigen?«, sagte Jensen zu Lotten.
    Sie eilten auf die Treppen zu, die ins Tunnelgeschoss führten. Jensen merkte, dass er nicht richtig mithalten konnte. Sein Herz war verbraucht, er war keine zwanzig mehr. Er zog sein Handy aus der Tasche. Kein Empfang in dem langen, halbdunklen Tunnel, an dessen Decke unzählige Rohre entlangliefen.
    Der Vortrupp war mit Lotten an der Spitze bereits weg. Er war ein Stück zurückgeblieben. Auf der Treppe zum Eingangsbereich hatte er endlich wieder Empfang und rief im Präsidium an. Im Vorraum zu den Fahrstühlen konnte er die anderen dann nirgends mehr entdecken.
    Lotten war die Führerin. Sie fand den Weg.
    Aber er fand auch den Weg.
    Genau wie Stjärne.

    Gillis Jensen rannte mit großen Schritten die Treppe vom Tunnel aus hoch. Eilte an den Fahrstühlen vorbei und weiter. Die Hintertür der Notaufnahme war abgeschlossen. Er klingelte und rüttelte gleichzeitig an der Tür. Sekunden vergingen, aber niemand kam. Er klopfte, aber offenbar waren alle taub. Durch die Glastür sah er einen funkelnden, dunklen Fußboden, aber keine Menschenseele.
    Plötzlich öffnete sich ein Stück weit weg eine weiße Tür. Ein Mann schaute heraus. Ein gebrechlicher Alter, dachte Jensen, etwas krumm, mit Pomade zurückgekämmtes Haar, ausgebeulte graue Hose und eine blaue Jacke. Er versuchte, den Alten auf sich aufmerksam zu machen. Hämmerte an die Glasscheibe. Der Mann drehte sich langsam um.
    Es war Gustav Stjärne.
    In dem Moment, in dem Gillis Jensen mit den Fäusten an die Tür hämmerte, machte Stjärne kehrt und eilte in die entgegengesetzte Richtung. Ohnmächtig sah ihn Jensen den breiten Korridor entlang in Richtung Empfang und Wartezimmer der Notaufnahme verschwinden.
    Er hatte nichts, womit er die
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