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Verbotene Gefuehle

Verbotene Gefuehle

Titel: Verbotene Gefuehle
Autoren: Doris Loesel
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Anfang an gewusst, wer ich bin?“
Meine Stimme ist so eiskalt, wie ich mich nach meiner imaginären Dusche fühle.
Noch bevor Kay antwortet, weiß ich, wie die Antwort lautet.
„Ja“, gibt er zu.
„Und du wolltest mir davon wann erzählen?“
„Kim, bitte. Ich wollte dich zunächst kennenlernen. Schließlich ist das, was ich dir gerade erzählt habe, ja keine Gute Nacht-Geschichte.“
Nein, natürlich ist es alles andere als das. Als ich mich gerade für mein Gekeife entschuldigen will, ist es plötzlich da.
Die geballte Ladung dessen, das ich die ganze Zeit über erfolgreich verdrängt habe, trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube.
Das Gefühl, von einer Dampfwalze überrollt zu werden, muss sich in etwa so anfühlen. Nur weniger schmerzhaft.
Kay spürt, dass gerade etwas mit mir passiert und streckt seine Hand nach mir aus.
Er lässt sie wieder sinken, ohne mich zu berühren.
Ich schnelle zu ihm herum. Alles in mir ist in Aufruhr.
„Du bist mein Bruder!“, schleudere ich ihm entgegen.
Die Ungeheuerlichkeit meiner Aussage trifft ihn mit voller Wucht.
Seine Augen sind weit aufgerissen; groß wie Golfbälle dominieren sie sein schönes Gesicht.
„Das wissen wir nicht mit Gewissheit, Kim“, flüstert er, „noch nicht.“
„Aber du könntest es sein“, widerspreche ich mit schriller Stimme.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass ich es nicht bin, ist genauso groß! Fifty Fifty!“
Kay brüllt jetzt genau so wie ich.
„Super Chance!“, keife ich.
Darauf kann Kay nichts mehr sagen. Er weiß, dass ich Recht habe und sein Schweigen bringt mich für einen Moment aus dem Konzept. Aber wirklich nur für einen Moment.
„Du wolltest mit mir schlafen!“, schreie ich ihn an.
„Aber ich habe es nicht getan“, brüllt er zurück und vergisst für einen Moment seine Zurückhaltung, die ihm seine Empathie vermutlich eingegeben hat.
Niemand weiß besser als Kay, wie ich mich fühle.
Außer mir vielleicht.
„Weil ich es abgebrochen habe!“, tobe ich.
„Ich … ich hätte es womöglich auch unterbrochen“, verteidigt er sich kleinlaut.
Ich hebe mit mokiertem Gesichtsausdruck eine Augenbraue.
Kay senkt schuldbewusst den Kopf.
„Ich habe … es … ich … habe dich gespürt“, sage ich kaum hörbar.
Oh ja, und wie ich dich gespürt habe. „Verdammt, Kim“, blafft Kay jetzt wieder. Er hat seine Emotionen eindeutig genau so wenig unter Kontrolle, wie ich. „Du wolltest es genauso, wie ich.“
„Ja“, kreische ich wie von Sinnen – weil er Recht hat und das auch weiß, immerhin war ich in unserem Intermezzo die ausführende Gewalt -, „aber ich wusste nicht, dass du mein Bruder sein könntest.“
„Es war nur ein Traum, Kim“, flüstert er jetzt wieder.
„Das ändert nichts an der Tatsache, Kay!“
„Kim, bitte, ich weiß, das war nicht in Ordnung …“
Ich sehe ihn an, als käme er vom Mond.
„Nicht in Ordnung?“, krächze ich.
„Bitte“, flüstert er und seine nächsten Worte verstehe ich nur mit allergrößter Anstrengung.
„Es war nur ein Traum, Kim.“
Er sieht mich so verzweifelt an, dass ich keine Luft mehr bekomme.
Seine Augen sind geschwollen und rot; seine Wangen tränennass.
Wann hat er angefangen zu weinen?
Wie gerne würde ich mich von ihm in den Arm nehmen und trösten lassen. Ihn trösten! Erneut streckt er seine Hand nach mir aus.
„Fass! Mich! Nicht! An!“ Wie Peitschenhiebe zucken die Worte aus meinem Mund.
Kay weicht zurück, als habe ich ihn tatsächlich geschlagen. Sein Blick ist so verletzt, dass sich mein Herz zu einer kleinen Kugel zusammenrollt. Einen Moment später zerspringt es in eine Million Stücke.
„Geh!“
„Kim … es ist nicht so, wie du denkst.“
Schatz, es ist nicht das, wonach es aussieht! Beinahe hätte ich laut gelacht.
„Lass mich allein!“
Wortlos dreht Kay sich um und verlässt mein Zimmer.

6)
    D rei Tage sind seit unserem Gespräch vergangen.
Drei Tage, in denen ich wie ein Geist durch unsere Schule schleiche.
Drei Tage, seit ich mein Handy ausgeschaltet habe, nachdem ich in den ersten Stunden an die hundert SMS erhalten habe.
Drei Tage, in denen ich erst in letzter Sekunde zum Unterricht erscheine und beim ersten Klingelton, der das Ende der Stunde ankündigt, bereits wieder den Klassenraum verlasse.
Der Blick aus Dans Augen lässt nur einen Schluss zu: Er vermutet, dass Miriam es mal wieder geschafft hat!
Ich sehe keine Veranlassung, seine Fehlinterpretation zu korrigieren.
Was sollte ich ihm denn auch erzählen?
Hey! Ich hätte beinahe mit meinem
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