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Verbotene Gefuehle

Verbotene Gefuehle

Titel: Verbotene Gefuehle
Autoren: Doris Loesel
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zusammengebissenen Zähne wieder entweichen.
„Ich hingegen“, quetscht er dann hervor, „ kann fühlen, was in einem Menschen, der mir etwas bedeutet, vor sich geht.“
… der mir etwas bedeutet Mein Unterkiefer klappt herunter . „ Du bist ein Empath?“
Kay nickt.
„Wie … woher …?“
„Phil hat es uns erklärt, als er uns aus dem Labor befreit hat.“
Ich verstehe nur Bahnhof.
Wer ist Phil? Und von welchem Labor … Oh Gott! Das Baby-Labor! Kay nickt. Natürlich tut er das. Selbst wenn er keine empathischen Sinne hätte, würde ihm mein Gesichtsausdruck Auskunft darüber geben können, dass ich gerade zwei und zwei zusammen gezählt habe.
„Wir waren ursprünglich zu viert“, fährt er leise fort, „vier Babys.“ R … V … K … K Wie kleine Leuchtfeuer flackern die Buchstaben hinter meiner Stirn auf. „Bin ich … ähm … bin ich eines davon?“
Wenn meine Stimme sich anhört, wie ich mich fühle, muss sie wie zerbrochenes Glas klingen.
Nach einem tiefen Atemzug antwortet Kay.
„Ja. Und du wurdest entführt.“
Bilder aus meinen Träumen tauchen vor meinem inneren Auge auf. Die Krankenschwester, die mich an sich presst und davon eilt.
„Aber … wie?“
„Wir hatten all die Jahre keine Ahnung, wer dich entführt hat und wo du steckst. Aber wir haben nie die Hoffnung aufgegeben, dich zu finden, Kim!“ Die letzten Worte stößt er heftig hervor.
„Warum?“, frage ich flüsternd, „warum wolltet ihr mich finden?“
Kay sackt in sich zusammen. Alles in mir drängt danach, ihn zu trösten, ihn zu streicheln. Aber mein Unterbewusstsein lässt diese Regung nicht zu.
Wenn ich jetzt meinen Schutzpanzer ablege, werde ich mit dem, was Kay mir zu sagen hat, vermutlich nicht fertig.
Immerhin habe ich gerade eben erfahren, dass ich nicht die bin, die ich siebzehn Jahre lang glaubte, zu sein.
Ganz zu schweigen von der Sache mit der Traumwandelei, Kays Empathie und meinem eingebauten Lügendetektor.
Ich presse meine Hände auf die Schläfen und versuche, Ordnung in die Dinge zu bringen, die Kay mir das gerade eröffnet hat. Es gelingt mir nicht wirklich.
Seine folgenden Worte treffen mich dennoch unvorbereitet.
„Weil wir keine normalen Menschen sind, Kim.“
Alles Blut weicht aus meinem Gesicht. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber ganz sicher nicht das.
„Was?“, quieke ich entsetzt, „wie meinst du das?“
Sollte ich auch nur einen winzigen Hoffnungsschimmer gehabt haben, dass Kay mir jetzt eine rührige Geschichte präsentiert, so zerschlägt sich dieser angesichts seiner nächsten Worte.
„Proctor heißt der Mensch, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine Art Supermensch zu züchten.“ Züchten??? „Er nahm sowohl Eizellen, als auch Sperma von Menschen, die latent übersinnliche Fähigkeiten besitzen oder ...“, Kay stockt kurz, „... besaßen. Wer weiß schon, was er mit ihnen gemacht hat. Ich will es lieber nicht wissen.“
Da ich Kay nicht unterbreche – nicht unterbrechen kann – fährt er hastig fort. Seine Sätze kommen nun flüssiger, als wolle er das Ganze schnell hinter sich bringen.
„Die Begabungen dieser … ähm … Stammzellenspender … waren unter anderem Empathie, Telepathie, Gedankenlesen, Visionen … um nur einige zu nennen. Proctor hatte sich vorgenommen, diese nur im Ansatz vorhandenen Fähigkeiten zu verstärken. Bitte“, wendet sich Kay an mich, „frag‘ nicht, wie er das gemacht hat. Ich habe nicht die leiseste Ahnung.“
Ich frage nicht danach und Kay spricht weiter.
„Unumstößlich ist allerdings die Tatsache, dass er es geschafft hat. Jeder einzelne von uns kann Dinge, die unerklärlich sind. Und nachdem Phil uns aus dem Labor befreit hat, begann er damit, uns zu unterrichten. Wir waren noch viel zu klein, um zu verstehen, was mit uns los war. Phil erklärte es uns so, dass wir es einigermaßen kapierten.“
„Wie alt wart ihr?“
Ich weiß, dass ich eigentlich andere Fragen stellen sollte. Wichtigere Fragen. Doch vermutlich bewahrt mich mein Unterbewusstsein davor, genau das zu tun.
Möglicherweise explodiert mein Gehirn ja.
„Drei Jahre alt“, antwortet Kay müde.
„Wer sind R und V ?“
„Renee und Vic.“ Das zärtliche Lächeln, dass sein Gesicht erhellt, geht mir durch und durch.
„Wir haben alle Namen, die geschlechtsneutral sind“, fällt mir auf.
Wieder nickt er.
„Das war wohl das einzige Menschliche an Proctor. Oder auch nur ein Indiz für den abartigen Humor dieses kranken Irren“, stöhnt Kay. „Er hat seinen
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