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Verbotene Früchte im Frühling

Titel: Verbotene Früchte im Frühling
Autoren: Lisa Kleypas
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den Hecken zwitschern, die Grünspechte in den Bäumen hämmern oder gelegentlich den Ruf eines Eisvogels aus dem Schilf des Flusses.
    Lillian, die das Land einst unerträglich langweilig gefunden hatte, war außer sich vor Freude, endlich wieder zurück zu sein. Sie genoss die Atmosphäre auf Stony Cross Park, und nach einer einzigen Nacht im Herrenhaus fühlte sie sich besser und sah auch viel ausgeruhter aus als seit Wochen. Nun, da sich Lillians Schwangerschaft auch durch weite Kleider oder hohe Taillen nicht mehr verbergen ließ, musste sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Auf ihrem eigenen Anwesen allerdings blieb ihr eine relative Freiheit, selbst wenn sie den Kontakt zu den Gästen auf kleine Gruppen beschränkte.
    Zu Daisys Entzücken wies man ihr wieder ihr liebstes Gemach im Herrenhaus zu. Das hübsche, gemütliche Zimmer hatte einst Westcliffs Schwester Aline gehört, die jetzt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Amerika lebte.
    Die schönste Eigenschaft dieses Zimmers war für Daisy ein kleines, angeschlossenes Kabinett, das von Frankreich nach England gebracht und dann hier wieder zusammengebaut worden war. Ursprünglich stammte es aus einem Schloss aus dem 17. Jahrhundert und war mit einer Chaiselongue ausgestattet worden, die sich vorzüglich zum Lesen eignete oder dafür, ein Nickerchen zu halten.
    Wenn sie sich mit einem Buch in der Ecke dieser Chaiselongue zusammenrollte, fühlte sich Daisy, als wäre sie vor dem Rest der Welt verborgen. Ach, könnte sie doch hier auf Stony Cross bleiben und für immer mit ihrer Schwester zusammenleben! Aber noch während sie das dachte, wurde ihr klar, dass sie so niemals ganz glücklich werden würde. Sie wollte ihr eigenes Leben führen, mit einem eigenen Ehemann und eigenen Kindern.
    Zum ersten Mal in Daisys Leben waren sie und ihre Mutter Verbündete geworden. Vereint in dem Bestreben, eine Heirat mit dem abscheulichen Matthew Swift zu verhindern.
    „Dieser elende junge Mann“, hatte Mercedes gerufen. „Zweifellos hat er deinem Vater diesen Gedanken in den Kopf gesetzt. Ich habe schon immer vermutet, dass er …“
    „Was hast du vermutet?“, fragte Daisy, doch ihre Mutter presste die Lippen zusammen, bis sie nur noch ein schmaler Strich waren.
    Als Mercedes die Gästeliste überflogen hatte, setzte sie Daisy darüber in Kenntnis, dass eine ganze Reihe infrage kommender Gentlemen im Herrenhaus logierte. „Selbst wenn sie nicht direkt einen Titel besitzen, so stammen sie doch alle aus adligen Familien“, sagte sie. „Und man weiß ja nie. Vielleicht gibt es einen Schicksalsschlag – eine tödliche Krankheit oder einen Unfall. Mehrere Familienmitglieder könnten sterben, und dann wird dein Gemahl auf einmal doch ein Peer!“ Bei dem Gedanken an das Unglück, das Daisys zukünftigen Verwandten widerfahren könnte, studierte sie die Gästeliste voller Hoffnung noch einmal etwas gründlicher.
    Ungeduldig erwartete Daisy die Ankunft von Evie und St. Vincent, die später in der Woche kommen sollten. Sie vermisste Evie schrecklich, vor allem, weil Annabelle mit ihrem Baby beschäftigt war und Lillian sich einfach zu langsam bewegte, um sie auf den langen Spaziergängen zu begleiten, die sie so gern unternahm.
    Am dritten Tag nach ihrer Ankunft in Hampshire brach Daisy ganz allein zu einem langen Nachmittagsspaziergang auf. Sie wählte einen viel benutzten Pfad, den sie schon von früheren Besuchen her kannte. Sie trug ein Kleid aus hellblauem Musselin, das mit Blumen bedruckt war, und bequeme Stiefel. In der Hand hielt sie einen Strohhut, den sie übermütig schwenkte.
    Während sie so den Pfad zwischen Feuchtwiesen entlangging, die voll von gelbem Schöllkraut und rotem Sonnentau standen, dachte sie über ihr Problem nach.
    Warum war es für sie so schwierig, einen Mann zu finden?
    Es lag nicht daran, dass sie sich nicht verlieben wollte. Tatsächlich sehnte sie sich so sehr danach, dass es geradezu unfair erschien, dass sie noch immer niemanden gefunden hatte, der dafür infrage kam. Sie hatte es wirklich versucht! Aber irgendetwas war immer schief gegangen.
    Hatte ein Gentleman das passende Alter, so war er entweder langweilig oder selbstgefällig. War er freundlich und aufmerksam, so war er mindestens alt genug, um ihr Großvater zu sein, oder er hatte ein anderes Problem, wie etwa, dass er schlecht roch oder ihr jedes Mal beim Sprechen ins Gesicht spieh.
    Daisy wusste, dass sie keine besondere Schönheit war. Dazu war sie zu klein und
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