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Verbotene Früchte im Frühling

Titel: Verbotene Früchte im Frühling
Autoren: Lisa Kleypas
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am Abend hatte Mercedes Daisy gefragt, ob Matthews Enthüllungen irgendetwas an ihrem Entschluss änderten, ihn zu heiraten.
    „Ja“, hatte Daisy erwidert. „Jetzt bin ich noch entschlossener als zuvor.“
    Lillian hatte sich in das Gespräch gemischt und zugegeben, dass sie nach dem, was sie jetzt über ihn erfahren hatte, weit mehr geneigt war, Matthew Swift zu mögen. „Obwohl“, hatte sie hinzugefügt, „es nett wäre zu wissen, wie dein zukünftiger Ehename nun lauten wird.“
    „Ach, was ist schon ein Name“, hatte Daisy gesagt und ein Stück Papier vom Sekretär genommen, das sie jetzt in der Hand hielt und hin und her wendete.
    „Was tust du da?“, hatte Lillian gefragt. „Sag mir nicht, du willst ausgerechnet jetzt einen Brief schreiben!“
    „Ich weiß nicht, was ich tun soll“, gab Daisy zu. „Ich denke, ich sollte an Annabelle und Evie schreiben.“
    „Sie werden es früh genug von Westcliff erfahren“, sagte Lillian. „Und sie werden nicht im Geringsten überrascht sein.“
    „Warum sagst du so etwas?“
    „Bei deiner Vorliebe für Geschichten mit dramatischen Wendungen und Figuren mit geheimnisvoller Vergangenheit war es uns allen von vornherein klar, dass du keine ruhige, gewöhnliche Verlobungszeit haben würdest.“
    „Wie dem auch sein mag“, erwiderte Daisy nüchtern, „im Moment erscheint mir eine ruhige, gewöhnliche Verlobungszeit außerordentlich verlockend.“
    Nach ruhelosem Schlaf erwachte Daisy am Morgen davon, dass jemand das Zimmer betrat. Zuerst glaubte sie, es sei das Mädchen, das das Feuer im Kamin entfachen wollte, doch dafür war es noch zu früh. Der Tag war noch nicht angebrochen, und der Regen hatte nachgelassen und war in ein sanftes Nieseln übergegangen.
    Es war ihre Schwester.
    „Guten Morgen“, sagte Daisy mit belegter Stimme, setzte sich auf und reckte sich. „Warum bist du schon so früh auf den Beinen? Ist das Baby unruhig?“
    „Nein, sie schläft.“ Lillians Stimme klang heiser. Sie trug einen Hausmantel aus schwerem Samt, das Haar locker zu einem Zopf geflochten, in der Hand eine Tasse mit dampfend heißem Tee. Sie trat ans Bett. „Hier, trink das.“
    Stirnrunzelnd gehorchte Daisy und sah zu, wie Lillian sich zu ihr auf die Bettkante setzte. Diese Situation war ungewöhnlich.
    Etwas musste passiert sein.
    „Was ist los?“, fragte sie und fühlte, wie eine düstere Vorahnung sie beschlich.
    Mit einer Kopfbewegung deutete Lillian auf die Teetasse. „Es kann warten, bis du etwas wacher geworden bist.“
    Daisy überlegte, dass es für irgendwelche Neuigkeiten aus London noch zu früh war. Das hier konnte nichts mit Matthew zu tun haben. Vielleicht war ihre Mutter krank geworden. Vielleicht hatte es im Dorf irgendeinen schrecklichen Zwischenfall gegeben.
    Nachdem sie ein paar Schlucke Tee getrunken hatte, beugte Daisy sich vor, um die Tasse auf den Nachttisch zu stellen. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Schwester zu. „Wacher werde ich heute nicht mehr“, erklärte sie. „Jetzt sag es mir.“
    Lillian räusperte sich und begann dann mit rauer Stimme: „Westcliff und Vater sind zurück.“
    „Was?“ Verwirrt starrte Daisy sie an. „Warum sind sie nicht bei Matthew in London?“
    „Er ist ebenfalls nicht in London.“
    „Dann sind sie also alle zurückgekehrt?“
    Ein wenig steif schüttelte Lillian den Kopf. „Nein. Tut mir leid. Meine Erklärungen sind nicht gut. Ich … ich sage es einfach ganz offen. Kurz nachdem Westcliff und Vater Stony Cross verließen, musste ihre Kutsche anhalten, weil es an der Brücke vor ihnen einen Unfall gegeben hatte. Du kennst doch die alte Brücke, die man überqueren muss, wenn man der Hauptstraße folgen will?“
    „Die über den kleinen Bach führt?“
    „Ja. Aber zurzeit ist es nicht gerade ein kleiner Bach.
    Durch den Sturm wurde er zu einem reißenden Fluss. Und allem Anschein nach hat der Strom die Brücke beschädigt. Als Mr. Waring sie mit seiner Kutsche zu überqueren versuchte, brach sie zusammen.“
    Verwirrt saß Daisy da, wie erstarrt. Die Brücke war zusammengebrochen. Sie wiederholte die Worte stumm bei sich, doch sie erschienen ihr ebenso unverständlich wie eine lange ausgestorbene Sprache. Mühsam konzentrierte sie sich. „Wurden alle gerettet?“, hörte sie sich selbst fragen.
    „Alle, nur Matthew nicht.“ Lillians Stimme zitterte. „Er war in der Kutsche eingesperrt, als sie den Fluss hinabgerissen wurde.“
    „Es geht ihm gut“, sagte Daisy
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