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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers
Autoren: Carmen Korn
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und stattdessen widerwärtige hohe Schreie ausstieß. Nur äußerste Selbstbeherrschung und Claude Debussy hatten ihn davor bewahrt, dem Huhn einen echten Schaden zuzufügen.
    Zweiunddreißig Mal hatte er ihn gespielt.
    Die nächste Inszenierung bedurfte einer ganz besonderen Vorbereitung. Diese Dame war ein prächtiger Vogel, und er wollte sie nicht verschrecken. Sie sollte es genießen. Perak war sich sicher, dass sie alles andere als prüde war.
    Er setzte sich ans Klavier und übte sich in Geduld. Übte sie an einem Präludium von Bach. Eigentlich zu leicht für ihn dieses Stück. Preludio con Fuga. Doch es lenkte ihn ab, so wie er es dahinfließen ließ. Lenkte ihn ab von der Schmach.
    Da hatte dieser prächtige Vogel vor der Tür gestanden und ihm den Hindemith lächelnd hingehalten.
    Ich spiele nur den Tanz der Graspferdchen vierhändig, hatte sie gesagt. Ein Ausbund an Sarkasmus.
    Und diese alte Hexe von Haushälterin hatte die Nase aus dem Türspalt gesteckt und ihn nicht aus den Augen gelassen.
    Doch er würde nicht aufgeben.
    Die Begegnung im Aufzug hatte ihm einen Kick gegeben.
    Philip Perak liebte Kicks. Die letzten Inszenierungen hatten sie ihm nicht gebracht. Trotz der extravaganten Ausstattung. Seiner Nachbarin musste er etwas anderes bieten. Teure Accessoires würden sie kaum beeindrucken. Die kaufte sie sich selber. Gucci. Hermes. Er hatte es wohl erkannt.
    Ola Perak hatte ihm die Welt der Extravaganzen vorgeführt, der Übergang zum Exzess war ihm ein Leichtes geworden.
    Er spielte den letzten Akkord laut. Zu laut. Doch es war ihm ein Gedanke gekommen. Exzess. Grenzen überschreiten.
    Vielleicht auch nur eine kleine Distanz überwinden. Er würde seine Nachbarin zu überraschen wissen.
    Leo legte den Kopf in den Nacken und sah zur Markise hoch, durch deren blauweiße Streifen tatsächlich die Sonne sickerte.
    »Frauen können einen Orgasmus vortäuschen«, sagte sie, »Männer eine ganze Beziehung.«
    Vera sah sie verblüfft an. »Ist das der Titel einer neuen Serie oder sprichst du von deinem Leben mit Nick?«, fragte sie.
    »Mein Leben mit Nick«, sagte Leo. »Findet das statt?«
    »Hast du einen Liebhaber?«
    Leo setzte sich auf. »Wie kommst du denn darauf?«, fragte sie.
    »Nick glaubt es.«
    »Er sucht immer nach leichten Lösungen, um sein eigenes Versagen zu verbergen. Vor sich und den anderen.«
    »Er ist ein lieber Kerl«, sagte Vera.
    »Der sich in seinen Träumen verheddert und nie was zu Ende bringt. Nicht mal die Beziehung zu mir.«
    Vera stand auf und rückte den weißen Korbstuhl weiter in die Sonne, um ihr die nackten Beine hinzuhalten. »Denkst du da an Heirat oder Trennung?«, fragte sie.
    »Es ist sehr schön auf deiner Terrasse«, sagte Leo. »Vielleicht findet der Sommer nur an diesem Samstag im April statt. Wir sollten ihn genießen. Hast du noch einen Gin Tonic?«
    »Hunderte«, sagte Vera. »Heirat oder Trennung?«
    »Was rätst du mir?«
    »Ich bin in eigene Liebesangelegenheiten verstrickt und nicht bei Verstand.«
    »Erzähl mir«, sagte Leo und hielt ihr ihr Glas hin.
    Vera stand auf und ging mit den Gläsern zu dem kleinen Waschtisch, auf dessen weißer Marmorplatte ein silberner Kübel stand, beschlagen von der Kälte der Eiswürfel, die ihn zu zwei Drittel füllten. Eine Literflasche Gordon's und zwei Flaschen Tonic Water waren darin versenkt. Vera gab eine Hand voll Eis in die Gläser und goss sie mit Gin und Tonic auf.
    »Weißt du von den vier Morden, an deren Aufklärung Nick mitarbeitet?«, fragte sie.
    »Er hat mir von den ersten drei Fällen erzählt. Von der vierten Frau habe ich gestern in der Zeitung gelesen.«
    »Jede von den vieren hatte eine Tätowierung am Hals. Auf den Fotos, die Nick gemacht hat, waren sie kaum größer als ein klitzekleiner Leberfleck. Er hat eine Lupe drauf gehalten, und es waren Buchstaben. Vier verschiedene Buchstaben.«
    »Und?«, fragte Leo. »Geben die einen Sinn?«
    Vera nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas. »Nein«, sagte sie schließlich. Gestern Abend war sie noch bei Nick gewesen und hatte durch die neue, stärkere Lupe geguckt. Nichts hatte sich geändert. Nur deutlicher war es geworden. Das D. Das I. Das E. Das M. Meid, hatte sie vorgeschlagen. Eimd.
    D ist vor I gestorben, hatte Nick gesagt, und E vor M.
    »Was heißt das überhaupt, dass Nick an der Aufklärung mitarbeitet. Er versucht, eine Geschichte zu verkaufen.«
    »Ich glaube, dass es ihm um mehr geht«, sagte Vera, »um Gerechtigkeit. Darum, weitere Morde
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