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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers
Autoren: Carmen Korn
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diesmal so ein komisches Gefühl«, sagte Anni.
    Sie leckte eine Fingerkuppe an und tupfte Kuchenkrümel auf.
    »Was soll ich dir erzählen«, sagte sie, »viel weiß ich nicht.«
    Es waren zwei Besonderheiten, die Vera irritierten, als sie in die Wohnung kam. Die erste war die männliche Stimme in der Küche, die sie nicht gleich zuordnen konnte und erst ein paar Sekunden später als die von Nick erkannte. Die zweite waren die Noten, die auf dem Säufersofa in der Diele lagen, auf das sie gerade ihre kalbslederne Kellybag schmeißen wollte.
    Klaviernoten für vier Hände. Hindemith. Sonate 1938.
    Vera ließ die Tasche neben das Sofa fallen und guckte kurz auf das erste Notenblatt, doch alles, was sich ihr erschloss, war, dass es ihr an Virtuosität mangelte für dieses Stück.
    Die Karte, die von einer kleinen silbernen Klammer gehalten am unteren Rand des Blattes klemmte, sah sie nicht.
    Erregte Laute kamen aus der Küche, für die Vera auch keine Erklärung fand, doch da kam schon Anni den Flur entlanggeflogen und fiel ihr in die Arme, als sei eine Totgeglaubte nach Hause gekommen.
    »Fasse dich«, sagte Vera, »ich bin schon groß. Das ist doch nicht das erste Mal, dass ich über Nacht weg bleibe.«
    »Vorher war hier auch noch kein Mord geschehen, und dabei ist es schon der vierte und alle Leichen sind in deinem Alter.«
    Vera sah Nick an, der im Türrahmen der Küche stand.
    »Die Tote ist Annis Nachbarin«, sagte Nick.
    »Ich habe Nick angerufen, weil ich doch dachte, er wüsste, wo du eine Nacht und den halben Tag lang steckst.«
    »Und da er darüber nicht viel sagen konnte, hat er dir gleich vier Morde aufgetischt«, sagte Vera und klang verärgert.
    »Anni ist auch schon groß«, sagte Nick. »Ganz abgesehen davon steht der gestrige in allen Zeitungen.«
    »Sie stellen noch keinen Zusammenhang zu den anderen her?«, fragte Vera und spürte ein Unbehagen.
    Nick hob die Schultern. »Sieht nicht so aus«, sagte er.
    »Was hast du da eigentlich an?«, fragte Anni.
    Vera guckte an sich hinunter. »Mein Kleid aus Mailand«, sagte sie. »Ich hatte nichts zum Wechseln dabei.«
    »Schlechte Planung«, sagte Nick, »aber ich nehme an, Anni meint die entzückend zerrissene Jeansjacke.«
    »Die gehört Jef«, sagte Vera und ging in Guccikleid und Jacke in die Küche, um sich auf den nächsten Stuhl fallen zu lassen. Sie warf einen Blick auf den Kuchen. »Hatten wir nicht einen Kartoffelauflauf, Annilein?«, fragte sie. Es konnte Anni nur gut tun, wenn sie mal wieder so richtig gebraucht wurde.
    »Dauert aber vierzig Minuten«, sagte Anni vorwurfsvoll.
    »Macht nichts. Dann schneide uns vorher ein paar Brocken Parmesan ab. Nick, im Kühlschrank ist noch ein Gavi.«
    »Du armes Ding kannst dich gar nicht rühren?«, fragte Nick.
    Vera grinste. »Du wirst es kaum glauben«, sagte sie, »aber mir tut wirklich der ganze Körper weh.« Sie sah zu Anni Kock hin, doch die hatte den Kopf gerade in den Backofen gesteckt, als lasse sich die Temperatur so am besten prüfen, und schien nichts gehört zu haben.
    »Wer ist die Tote? Was erzählt Anni?«, fragte Vera.
    »Auch so ein leichtsinniger Vogel«, sagte Anni, die die Tür des Backofens nun schloss und den Kartoffelauflauf hinter dem Sichtfenster liebevoll betrachtete. »Was ist das nur für ein Kerl, der dich in so einer verschlissenen Jacke nach Hause kommen lässt.«
    »Soll er ihr einen Pelz kaufen?«, fragte Nick.
    »Ich hasse Pelze«, sagte Vera, »erzähl von deiner Nachbarin.«
    Anni ging zur Speisekammer und nahm den Parmesan.
    »Ich hab sie nie morgens aus dem Haus gehen sehen, aber sie soll ja Verkäuferin gewesen sein, sagt Nick.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Vera und sah Nick an.
    »Steht in der Zeitung.«
    »Die Läden machen ja auch immer später auf«, sagte Anni.
    »Mehr gibt es nicht zu ihr zu sagen?«
    »Sechsunddreißig. Alleinstehend«, sagte Nick.
    »Abends schlich schon mal dieser Mann durchs Treppenhaus und wurde dann schnell bei ihr eingelassen«, sagte Anni.
    »Ein Zufall, dass sie neben dir wohnte«, sagte Vera. »Das heißt doch nicht, dass der Täter jetzt mich im Visier hat.«
    »Ich habe nur so ein komisches Gefühl«, sagte Anni.
    »Wo kommen eigentlich die Noten her, die vorne auf dem Sofa liegen? Hindemith. Sonate 1938.«
    »Ach Gott, ja«, sagte Anni. »Er will mit dir vierhändig spielen. Du sollst dir das schon mal angucken.«
    »Wer will das?«, fragte Vera.
    »Der unangenehme Mensch von nebenan. Heute Mittag klingelte es, und er
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