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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus
Autoren: Voosen Jana
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Sexbombe, aber ich sehe doch wirklich passabel aus. Normalerweise jedenfalls. In Phase eins sieht mich ja keiner. Und ich weiß, wie ich das Beste aus meinem Typ mache, das ist schließlich mein Job. Also, kein Mann muss sich schämen, wenn er mit mir vor die Tür geht. Und nett bin ich außerdem.Wirklich. Schön, ich habe die eine oder andere Macke, aber wer hat die nicht? Ich bin vielleicht ein bisschen pingeliger als andere Frauen, ich habe es nun mal gerne sauber und nett in meiner Umgebung. Darum putze ich wohl etwas häufiger als der Durchschnitt. Wer sollte was dagegen haben, solange ich ihn nicht zwinge, mitzuputzen? Von mir aus tu ich es sogar in Unterwäsche, wenn es ihm gefällt. Ich bin da ganz offen. Vielleicht denke ich ein bisschen zu
viel nach, bin nicht besonders spontan und dass Sophia ständig auftaucht, ist sicher auch gewöhnungsbedürftig, aber ansonsten bin ich ein liebenswerter Mensch. Ich lüge selten, betrüge nie, bin nicht übertrieben eifersüchtig, ich stehe auf eigenen Füßen, klammere nicht, habe meine eigenen Interessen, meine Freunde. Und dennoch habe ich beziehungstechnisch bis jetzt, zwei Monate vor meinem dreißigsten Geburtstag, nur Katastrophen vorzuweisen.
     
    Die nächsten Tage verlaufen ziemlich trostlos. Nein, trostlos ist der falsche Ausdruck, denn da gibt es schließlich Lara und Bernd. Lara und ich kennen uns schon aus dem Sandkasten, und Bernd ist in der neunten Klasse sitzen geblieben und zu uns gestoßen. Bernd war damals ein obercooler Typ von schon fünfzehn Jahren und ist immer noch das komplette Gegenteil von mir: Er läuft herum wie Schlunz und wohnt für’n Appel und’n Ei in einer WG mitten auf der Reeperbahn. Ich bin noch immer nicht dahintergekommen, wie viele Mitbewohner er nun eigentlich hat, ich glaube, er weiß das selber nicht genau. Es schlafen sowieso ständig irgendwelche merkwürdigen Fremden auf irgendeinem Sofa. Bernd hat immer schmutzige Fingernägel, er isst gerne mit den Händen, hält Aufräumen für Zeitverschwendung und macht sich eigentlich über alles lustig, was ich für wichtig halte. Im Grunde genommen müsste ich ihn verabscheuen, aber das tue ich nicht. Er ist und bleibt mein guter alter Freund Bernd, ein treues Überbleibsel aus meiner Jugendzeit. Er wird mich nie verstehen und ich ihn auch nicht, aber das macht nichts. Tatsächlich ist er der einzige Mann auf der ganzen Welt, der mich in meinem jetzigen Zustand sehen darf. Und schon des Öfteren gesehen hat.
    »Warum hast du eigentlich niemals Glück mit den Männern,
Lenchen? Irgendwas machst du falsch«, sagt er und drückt mich an sich, als ich ihm die Tür aufmache. Seine mindestens fünf Tage alten dunkelblonden Bartstoppeln kratzen an meiner Wange, aber ich bin froh, von ihm im Arm gehalten zu werden.
    »Bernd«, schluchze ich und presse mich fest an ihn, »du sollst mich doch nicht Lenchen nennen.«
    »Schon wieder, das darf doch nicht wahr sein«, ignoriert er wie immer meinen Vorwurf. »Musst du denn immer nur Pech haben«, sagt er halb mitleidig, halb ironisch. Ja, Recht hat er! Was habe ich bloß immer für ein Pech? Nachdem ich ein bisschen geheult habe, hält er mich auf Armeslänge von sich weg und schaut mich an. »Auweia, das scheint dich ja wirklich mitzunehmen, nicht mal deine Pickel hast du abgedeckt.«
     
    Beinahe schafft Bernd es, mich schon nach drei Tagen direkt in Phase zwei zu katapultieren. Was bedeuten würde:
    Phase 2:
    Dauer:
    bis zu zwei Monate
    Zutaten:
    Kreditkarte mit hohem Limit, alkoholische Getränke (allerdings nicht so viel und wahllos wie in Phase 0, sprich unmittelbar nach der Trennung), Szene-Clubs, schöne, fremde Männer, denen man so schnell nicht wieder begegnet
    TO-DO:
    einkaufen, einkaufen, einkaufen, ausgehen, trinken, flirten, sich umwerben lassen, mit schönen, fremden Männern knutschen
    NOT-TO-DO:

    mit schönen, fremden Männern schlafen, mit IHM knutschen, mit IHM schlafen
    »Sieh mal Lara, Lenchen kann schon wieder lachen«, kommentiert Bernd mein Grinsen.
    »Kann ich nicht«, widerspreche ich mit Grabesmiene. Drei Tage Phase eins, das ist einfach zu kurz, das bringt den ganzen Trauerprozess durcheinander. Sophia nickt zustimmend und Bernd wird bald darauf aus der Wohnung komplimentiert. Er nimmt es gelassen, zuckt mit den Achseln und sagt:
    »Na gut, du weißt, wenn du mich brauchst, bin ich für dich da. Ciao!« Noch ehe ich es verhindern kann, drückt er mir einen Kuss mitten auf den Kopf (bei seinen gut eins neunzig ist
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