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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling
Autoren: Georgette Heyer
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Fügsamkeit belohnt, sowie sie in Aubreys Schlafzimmer ihr Spiegelbild erblickte. In dem unbestimmten Licht einer Kerze, die ihr das Zimmermädchen im Gasthof gebracht hatte, hatte sie sich nur aufs Geratewohl angezogen und nicht mehr getan, als hastig einen Kamm durch die Locken gezogen, bevor sie ihren Hut aufsetzte. Aber Marston hatte zwei Armleuchter auf den Toilettentisch setzen lassen, und in ihrem erbarmungslosen Licht sah Venetia mit Grauen, dass sie einen fast ebenso zerzausten Anblick bot wie ihr verworfener Gastgeber. Sie vergaß jeden Gedanken ans Abendessen, riss den Hut herunter, warf ihre Pelisse auf das Bett und machte sich an die dringende Aufgabe, sich wieder sehen lassen zu können. Als diese vollzogen war, war beträchtlich mehr als eine halbe Stunde vergangen. Sie drapierte einen sehr schönen Zephirschal nach letzter Mode um die Schultern, warf einen letzten kritischen Blick auf ihr Spiegelbild, blies die Kerzen aus und ging wieder in das Speisezimmer hinunter.
    Hier fand sie die Lage sehr verbessert vor, alle Spuren der Ausschweifung entfernt, den Tisch frisch gedeckt, das Feuer angefacht, und Damerei, dessen unordentlicher Aufzug streng in Ordnung gebracht worden war, wie durch ein Wunder nüchtern. Er war eben dabei, einen Deckelkrug zu leeren, als Venetia das Zimmer betrat. Sie schaute das Gefäß etwas zweifelnd an, aber was immer der Inhalt gewesen sein mochte, schien er eine wohltätige Wirkung auf sein System bewirkt zu haben, denn er sagte in einer völlig klaren Stimme, als er den leeren Krug Marston reichte: „Jetzt ist's besser! Brot und Käse, und ich bin in Ordnung." Er drehte sich um, lächelte Venetia an und sagte leichthin, aber mit einer Glut in den Augen, die ihr das Herz warm machte: „Du stirbst ja vor Hunger, mein armes Kind! Du wirst sofort bedient werden! Komm und setz dich nieder - und lass mich dein ängstliches Gemüt beruhigen. Ich werde dich nicht aus meinem Haus vertreiben: Wir sind auf einen besseren Plan gestoßen - oder, um ehrlich zu sein, Marston war es. Mein eigener Kopf ist noch nicht fähig, Pläne zu entwerfen. Du bist hergekommen, um mit Aubrey etwas Wichtiges zu beraten - vergiss das nicht! -, und ich werde in den Roten Löwen übersiedeln. Auf diese Weise wahren wir den Anstand!" Er rückte ihr den Stuhl zurecht, als sie sich bei Tisch niederließ, und fügte, immer in dem leichten Ton, hinzu: „Du hast eine andere Frisur - sehr schick!"
    Sie erkannte, dass er schwierig werden würde, war aber nicht sehr beunruhigt. Was immer sein Mund äußern mochte - seine Augen verrieten ihn. Sie sagte im Plauderton: „Gefällt sie dir? Ich hoffe, denn man hat mir versichert, es sei der letzte Schrei!"
    Er hatte sich zu seinem eigenen Stuhl begeben und hob nun sein Monokel. „Ja, vorzüglich! ,A la Sappho', glaube ich."
    „Elender!", sagte sie mit ihrem ansteckenden Kichern. „Kennst du eigentlich alle Namen aller Stile weiblicher Haartrachten?"
    „Die meisten, glaube ich", antwortete er unverfroren. Er setzte sich nieder und ließ sein Monokel an dem langen Band fallen. „Was hat dich hergebracht, Venetia?"
    „Die Postkutsche - und äußerst unbequem außerdem!"
    „Keine Wortklauberei, Mädchen!"
    Sie lächelte ihn an und sagte leise: „Dummer!"
    Sie erhielt kein Lächeln als Antwort; er war blass und sah ziemlich grimmig drein.
    Nach einer winzigen Pause sagte er: „Ich wünschte zu Gott, du wärst nicht gekommen!"
    „Oh! Das ... das ist ja eine grässliche Abfuhr, besonders da ich wirklich den Eindruck hatte, dass du froh warst, mich wiederzusehen."
    „Ich war bös angesäuselt - ich bin davon immer noch ein bisschen angegriffen, aber nicht länger von Sinnen."
    „Oh, Lieber, hast du vor, mich nur zu küssen, wenn du angesäuselt bist?"
    „Ich habe nicht vor, dich überhaupt zu küssen!", sagte er schroff.
    „Dann natürlich will ich dich nicht dazu drängen", antwortete sie. „Nichts ist abscheulicher, als zu etwas gedrängt zu werden, was man nicht im Geringsten gern tut! Ich habe in letzter Zeit sehr viel Erfahrung darin gehabt. Ich kenne nur etwas, das schlimmer ist, und das ist, von wohlmeinenden, aber vollkommen schafsköpfigen Leuten belagert zu werden, die sich nicht davon zurückhalten können, sich in Dinge einzumischen, die sie nichts angehen."
    „Veneria ..." Er hielt inne, weil Imber hereinkam, und saß stumm mit mürrischem Stirnrunzeln da, während ihr eine Tasse Suppe vorgesetzt wurde.
    „Ach, wie gut die duftet!", sagte
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