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Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)

Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)

Titel: Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
Autoren: Georg Sander
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eigentlich zustand, falls die Vorwürfe von Radio Waldenthal tatsächlich unbegründet waren. Er warf Frank Meister einen fragenden Blick zu. Der Pressechef hob kaum merklich die Achseln und gab Velten damit diskret zu verstehen, dass die Idee, die eidesstattliche Versicherung zu veröffentlichen, nicht auf seinem Mist gewachsen war.
    Die anschließende Fragerunde wurde im Wesentlichen von Edda Sahm bestritten. Sie wiederholte die bekannten Anschuldigungen, die der Oberbürgermeister wortkarg und mürrisch zurückwies. Es war offensichtlich, dass er die Debatte um die umstrittene Personalie nicht durch unbedachte Äußerungen befeuern wollte. Zur Frage eines Kollegen vom Landesfernsehen, ob er sich vor der Pressekonferenz bei seinen Parteifreunden habe rechtfertigen müssen, nahm er nicht Stellung. Nach zehn Minuten gingen selbst Edda Sahm die Fragen aus und die PK war so gut wie beendet.
    „Wenn es sonst keine Wortmeldungen mehr gibt ...“, setzte Frank Meister an.
    „Eine Frage hätte ich noch“, unterbrach ihn Velten. Dubois nickte ihm wenig begeistert zu. „Es betrifft nicht die Stellenbesetzung, sondern den Industriepark Pfaffenwiese . Dort hat es in der letzten Nacht einen massiven Erdrutsch gegeben, der die westliche Zufahrt komplett verschüttet hat. Sie waren vor zwanzig Jahren als stellvertretender Leiter des Bauamtes mit dem Projekt befasst. Sehen Sie die Bedenken der Kritiker, die seinerzeit vor der riskanten Straßenführung entlang des Hangs gewarnt hatten, im Nachhinein bestätigt?“
    „Damals wurde alles sorgfältig geprüft“, antwortete Dubois fahrig. „Zahlreiche Gutachten bewiesen, dass die Straße ausreichend gesichert ist. Dass es nach langer Zeit unter dem Einfluss ergiebiger Regenfälle jetzt zu Erdbewegungen kam, muss nicht auf Bau- oder Planungsmängel hindeuten. Wir werden den Vorfall dennoch genau untersuchen und die Medien über das Ergebnis informieren. Das wird aber noch eine Weile dauern.“
    Das war das Schlusswort. Die Journalisten erhoben sich und zogen ihre Jacken an. Heiner Wagner, der Fotograf des Morgenkurier , versprach Velten im Hinausgehen, ihm die Aufnahmen so schnell wie möglich zukommen zu lassen.
    „Warum hast du Dubois nicht nach der Leiche gefragt?“, zischte Katja.
    Velten zog sie am Ärmel vor die Tür. „Weil wir die einzigen Journalisten vor Ort waren und die Kollegen wahrscheinlich noch gar nichts von dem Knochenfund wissen“, flüsterte er. „Vorausgesetzt, du hast sie nicht gerade mit der Nase darauf gestoßen.“
    „Sorry.“
    „Schon gut. Du kannst gleich eine kurze Meldung dazu für die morgige Ausgabe schreiben. Die Äußerung des OB kannst Du einbauen, auch wenn sie nicht viel Substanz enthielt.“
    „Geht klar. Und was machst du?“
    „Ich werde versuchen, im Rathaus noch Informationen zur Pfaffenwiese zu bekommen. Das muss ich aber allein machen. Mein Gesprächspartner traut neuen Gesichtern nicht auf Anhieb.“
     
    - - -
     
    „Dass die Mauer zusammengefallen ist, wundert mich nicht. Erstaunlich ist nur, dass sie überhaupt so lange gestanden hat.“ Ferdinand Bauer, den sowohl Freunde als auch politische Gegner stets nur Ferdi nannten, ging zu einem uralten Schrank und suchte dort anscheinend nach einem bestimmten Aktenordner.
    Velten hatte Glück gehabt. Er hatte den Vorsitzenden der Waldenthaler Öko-Partei gerade noch angetroffen, als dieser das Fraktionsbüro im Rathaus verlassen wollte. Er kannte ihn schon seit seinen Anfängen beim Kurier und der gutmütig wirkende Hüne mit dem Rauschebart war sofort bereit gewesen, mit dem Journalisten über die Pfaffenwiese zu sprechen. Das tat er natürlich nicht aus lauter Liebenswürdigkeit oder aus Sympathie für die Presse, sondern aus politischem Kalkül. Nichts gefällt Oppositionspolitikern besser, als im Nachhinein darauf hinweisen zu können, dass sie die fatalen Folgen des Regierungshandelns schon frühzeitig vorausgesagt hatten. Und im Fall des Erdrutsches ließ sich die Weitsicht der Umweltaktivisten offenbar sogar belegen. Jedenfalls vermutete Velten das angesichts der unverdrossenen Suche Bauers in dem wurmstichigen Aktenschrank.
    „Wusste ich doch, dass ich die Unterlagen nicht weggeworfen hatte“, rief der Ratsherr triumphierend. Mit einem dicken Ordner kam er zurück an den abgestoßenen Besprechungstisch. Staub wirbelte aus den vergilbten Seiten, als Bauer zu blättern begann, und im Büro verbreitete sich der charakteristische Geruch uralten Papiers. Nach einigem
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