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Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Titel: Vater, Mutter, Tod (German Edition)
Autoren: Siegfried Langer
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einpackte. Sie berichtete ganz sachlich und ließ die Zuhörer über ihre Intentionen im Unklaren.
    Als ob sie von einer fremden Frau spräche, dachte Manthey. Rangsdorf … Es gibt viele Häuser, die in der Nähe des Bahnhofs liegen.
    Rakowski verfügte hingegen über eine Engelsgeduld. Immer wieder hakte er nach, wollte Details wissen, bremste den Redefluss.
    Manthey spürte, wie jetzt auch seine rechte Hand zu zucken begann. Sie führte ihn in Versuchung, sie wollte, dass er endlich wieder das Ruder übernahm.
    Nachdem sich Rakowski nun auch noch nach Jacquelines Befindlichkeiten erkundigte, platzte Manthey der Kragen.
    Hatte er sich bis gerade eben nichts von seiner Erregung anmerken lassen, so musste er nun auf die drei anderen wirken, als explodiere er.
    Als seine Faust auf die Tischplatte krachte, fiel Rakowski der Kugelschreiber aus der Hand und Katharina Häring, die Protokollführerin, kippte vor Schreck beinahe vom Stuhl.
    Jacqueline wurde aschfahl. Ihre Augen weiteten sich. Manthey las Angst darin und einen Heidenrespekt.
    Jetzt hast du sie!
    »Wie lautet die Adresse?«, bellte er.
    »Ich weiß es nicht, ich bin einfach hinterhergelaufen.«
    »Beschreiben Sie den Weg.«
    Ohne lange zu überlegen, schilderte sie, wie die drei zu dem leerstehenden Haus gelangt waren.
    Das genügte Manthey.
    »Aber …«, versuchte Rakowski sich einzumischen, »das können Sie doch nicht …«
    »Sie gehört Ihnen, Rakowski«, unterbrach Manthey das Stammeln des Psychologen.
    In Stichpunkten hatte er sich die notwendigen Informationen notiert. Jetzt stand er ruckartig auf und verließ das Vernehmungszimmer.
    Zurück in seinem Büro, telefonierte er mit dem Bereitschaftsdienst des SEK Brandenburg und forderte Kollegen des Spezialeinsatzkommandos an.
    Möglicherweise war der Junge längst tot. Jacqueline selbst hatte ihn seit Tagen nicht mehr gesehen. Von der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik war sie direkt nach Kleinmachnow gefahren, wo Manthey sie festgenommen hatte.
    Manthey glaubte zwar nicht, dass Thorsten Hinz in der Lage war, Lukas bewusst etwas anzutun. Aber was, wenn er den Jungen in ein Zimmer gesperrt und das Haus verlassen hatte? Hinz konnte selbst orientierungslos durch Berlin oder das Umland irren und Lukas längst vergessen haben. Im ungünstigsten Fall war der Junge bereits verdurstet.
    Alles war möglich. Je schneller Manthey reagierte, desto besser. Er klingelte Schultheiss aus dem Bett.
    Keine fünfundvierzig Minuten später verließen Manthey, Schultheiss und sechs Beamte des SEK mit zwei Fahrzeugen die Landeshauptstadt.
    Sicherheitshalber verzichteten sie darauf, das Martinshorn einzuschalten. Auch so kamen sie schnell voran im nächtlich leeren Brandenburg.
    In Rangsdorf fand Manthey sehr rasch das Haus, das Jacqueline beschrieben hatte.
    Es war unbeleuchtet. Falls sich im Moment jemand dort aufhielt, so schlief er.
    Manthey organisierte den Zugriff.

35. Kapitel
    Sechs Tage vor der Katharsis;
abends
     
    E ine einzige Ohrfeige von Thorsten hatte ausgereicht, um Lukas zum Schweigen zu bringen. Kein Quengeln mehr, kein Weinen, keine Fragen mehr nach Mama und Papa.
    Lukas krachte gegen Robins Kleiderschrank und rieb sich den Oberarm. Schlimmer als der Schmerz schien der Schreck über die ungewohnte körperliche Gewalt zu sein.
    Jacqueline spendete ihm Trost und belehrte ihn. Es sei besser, den Papa nicht zu reizen, und sie sei hier, um ihn zu beschützen. Nie wieder würde sie ihn allein lassen.
    Kein Widerspruch wagte sich mehr über Lukas’ Lippen.
    Mit sich zufrieden packte Jacqueline weiter ihre Habseligkeiten zusammen.
    Sie verließen die Wohnung in Neukölln mit zwei Rucksäcken, einer blauen Reisetasche, einem schwarzen Schalen- und einem roten Kinderkoffer.
    Als sie in Rangsdorf vom Bahnhofsgelände marschierten und sich orientierten, dachte Jacqueline, dass sie ein merkwürdiges und auffälliges Bild abgeben mussten. Besonders Lukas, der mit hängenden Schultern den beiden Erwachsenen hinterherschlurfte. Jacqueline fühlte sich von allen, denen sie begegneten, beobachtet und gemustert.
    Thorsten benötigte nicht lange, um das gesuchte Haus ausfindig zu machen.
    Das Einfamilienhaus erinnerte Jacqueline an das von René, obgleich es deutlich älter war. Auch schien es ihr längst nicht so gut in Schuss zu sein. Willis Mutter hatte die letzten Jahre keinerlei Reparaturarbeiten mehr durchführen lassen.
    Entsprechend einfach gestaltete sich der Einstieg. An einer der Seitenwände führte eine Treppe in
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