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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
Autoren: Giampaolo Simi
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Versprechungen. Als du gehen willst, stellt sie sich dir in den Weg und drängt dich zum Schreibtisch zurück.
    Sie ist fast so groß wie du, ungeschminkt und hat nichts, was an eine Frisur erinnern würde, von der goldenen Zelluloidspange in Schmetterlingsform mal abgesehen. Als hässlich würdest du sie nicht unbedingt bezeichnen. Vielleicht als unattraktiv, was etwas völlig anderes ist. Sie legt dir die Hände auf die Brust, dann umschlingt sie dich knapp oberhalb deiner Ellbogen, schaut dir ins Gesicht und fragt dich, wie du es willst.
    »Ich glaube, ich muss jetzt gehen.«
    Doch sie lässt nicht locker und sagt, sie habe immer auf eine Gelegenheit gewartet, mit dir allein zu sein.
    Blödsinn. Wahrscheinlich hat sie zu viele Bücher über die Romantik gelesen. Hier geht es einzig und allein um den ungedeckten Scheck.
    Außerdem, aber das kann die frischgebackene Literaturwissenschaftlerin natürlich nicht wissen, schläfst du mit Elisa Domini. Der absoluten Nummer eins, wohlgemerkt. Und jetzt mit ihr zu vögeln, würde einen Abstieg um mehr als eine Stufe bedeuten.
    Aber das sagst du natürlich nicht, denn du, Furio Guerri, bist ein Gentleman. Und ein Vertreter. Im Grunde kämpft das Mädchen mit dem Schmetterling im Haar nur um den einzigen lausigen Job, den sie mit ihrem lausigen Abschluss ergattern konnte: sich wegen zwei Pünktchen auf dem »e« echauffieren zu müssen. Weshalb du ihr mitleidig mit deinem Finger übers Kinn streichst.
    Doch das ändert gar nichts. Du wirst nachts um vier aufwachen und dir vorstellen, wie du am nächsten Tag ohne den Scheck in die Firma kommst und Aggradi junior in seinem Büro im Zwischengeschoss die Verlängerung deines Vertrags als Handelsvertreter infrage stellt.
    Was morgen passiert, kann allerdings niemand verhindern. Also, sei’s drum.
    Du legst ihr die Hände auf die Schultern und lächelst sie an, wie nur ein Vertreter noch unter den widrigsten Umständen lächeln kann. Die frischgebackene Literaturwissenschaftlerin lässt sich widerstandslos zu Boden drücken, kniet nieder und macht sich an deiner Gürtelschnalle zu schaffen. Dann zögert sie einen Moment, setzt die Brille auf, kniet sich wieder hin und schaut dich von unten her an.
    »Wenn ich was in die Augen kriege, brennt es.«
    Deine Knie gehorchen dir noch nicht wieder ganz, als du mit dem Spider zum letzten Termin für diesen Tag fährst.
    Dottor Sauro Bellopede ist Kommunalbeamter und macht um Punkt zwei Feierabend, also musst du das Material bei ihm zu Hause abholen, in einem abgelegenen Nest irgendwo in den Colline Metallifere, dem Toskanischen Erzgebirge. Das ist nur eine von vielen Gefälligkeiten, die Dottor Bellopede von Aggradi erwartet, also von dir. Im Übrigen geht es auch noch um den Auftrag in Zusammenhang mit dem neuen Archäologiepark: sechs Fotobände, Lagepläne, Prospekte, Poster, Kalender und Merchandising – damit könntest du schon ein bisschen im Sektor »Werbung« fischen. Auflage: extrem hoch. Kostenkontrolle: praktisch null.
    Zwischen zwei Kurven vergewisserst du dich, ob du auch keine Flecken auf der Hose hast, und schnupperst an deinem Hemd. Ein Vertreter muss immer tadellos aussehen. Und auf keinen Fall darfst du es riskieren, dass Elisa Verdacht schöpft, wenn sie deine Klamotten in die Waschmaschine steckt.
    Du weißt nicht einmal ihren Namen. Seit du die kleine eklektizistische Villa vor zwei Jahren zum ersten Mal betreten hast, ohne die Frau überhaupt wahrzunehmen, ist sie für dich nur die frischgebackene Literaturwissenschaftlerin.
    Wie gern würdest du dem großen Magnani von der Meisterleistung der frischgebackenen Literaturwissenschaftlerin erzählen, vor allem das Detail mit der Brille. Du kannst dir den anstößigen Kommentar des großen Edo schon vorstellen: Dafür, dass sie ihre Zeit zwischen schwulen Männern und romantischen Heldinnen verbringt, die bekanntermaßen kein Sexualleben haben, stellt das Mädel doch ein gewisses Savoir-faire unter Beweis.
    Und eine beachtliche Zwanglosigkeit, das muss man schon sagen. Anders als Elisa, die immer ein Papiertaschentuch auf dem Armaturenbrett bereitliegen hatte, um sich die Hand abzuwischen, damals, als die ersten intensiveren Küsse auf dem Parkplatz hinter deinem Haus plötzlich nicht mehr reichten. Noch heute steht immer eine Schachtel Papiertücher auf ihrem Nachttisch.
    Elisa. Unter keinen Umständen darfst du zulassen, dass irgendetwas, und mochte da auch nur die entfernte Möglichkeit bestehen, deiner Ehe schadet.
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