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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
Autoren: Steffen Duck
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würde ich wohl versuchen, dagegenzuhalten: , Je stärker der Rüssel, desto sicherer der Schwanz!´ Dazu wäre natürlich die entsprechende Selbstachtung vonnöten: ,Elefant sein heißt, sich täglich des Rüssels würdig erweisen.´
Schon befinden wir uns in der Rüstungsspirale. Es fragt sich nur, wer derjenige war, der damit angefangen hat.“
    Seine Gedanken wanderten weiter zu Stanislaw Lems Erzählung „Die Falle des Gargancjan“ von 1961, in der die Geister zweier Armeen ein kosmisches Bewußtsein entwickeln und dadurch augenblicklich vernünftig und friedlich würden.
Beim Gedanken an diese Erzählung traten Wilfried nun Tränen in die Augen, Tränen der Trauer und Wut darüber, daß er diese Verhältnisse wohl niemals erleben würde.

    ***
    Wegen seines Geburtstages im Juni war es Wilfried verwehrt geblieben, schon mit 6 Jahren eingeschult zu werden. Ein weiteres Jahr der Langeweile im Kindergarten hatte zur Folge gehabt, daß er der älteste Schüler in seiner Klasse war.

    „Ladung zur Musterung für den Wehrdienst

    Sie haben sich am (eingestempelt: 11.4.1980) zur Musterung für Ihren Wehrdienst im Wehrkreiskommando, (eingestempelte Adresse) um (eingestempelt: 9.15) Uhr einzufinden. Sie haben mitzubringen: Personalausweis, Sozialversicherungsausweis, Impfausweis, sonstige ärztliche Bescheinigungen über Krankheiten und Behinderungen, ggf. Behindertenausweis, FDJ - Ausweis, ggf. Parteibuch, letzte Schul - bzw. Arbeitszeugnisse, Brillenträger die Brille und eine Bescheinigung vom Optiker über die Brillenstärke, persönliche Schutzausrüstung (sofern ausgegeben)
    Sie haben bereit zu sein, sämtliche Fragen zu ihren persönlichen und familiären Verhältnissen, zu ihrem Gesundheitszustand, insbesondere zu ansteckenden Krankheiten, wahrheitsgemäß zu beantworten.
    Diese Ladung dient zugleich zur Vorlage in Ihrem Betrieb/ Ihrer Bildungseinrichtung.
    Eine Verlegung des o.g. Termins ist nur durch Vorsprache bei Ihrem Wehrkreiskommando unter Darlegung der dafür triftigen Gründe möglich. Sollten Sie dem Termin unentschuldigt fernbleiben, erfolgt die Zuführung durch die Deutsche Volkspolizei.“

    Kalt, hart, rüde. Mehr fiel Wilfried dazu nicht ein.
    Was konnte man tun? Wie könnte es gehen, der Verdoppelung auf drei Jahre „Ehrendienst“ zu entgehen, zugleich aber auch den damit verbundenen Nachteilen, wenn man hart blieb?
    Wilfrieds Vater ließ ihn die seiner Meinung nach dazu nützlichen Antworten auswendig lernen:
    „Ein Jahr älter als die Mitschüler, langes Studium, Bereitschaft zu anderthalb Jahren Dienst.“ Letzteres Argument war genau besehen keines, denn eine Wehrdienstverweigerung zog automatisch eine Gefängnisstrafe nach sich, die in jedem Fall länger als der Wehrdienst war, der danach trotzdem angetreten werden mußte.
    Bausoldaten, eine Besonderheit, die es in allen Warschauer Vertragsstaaten nur in der DDR gab und anscheinend in zähen Verhandlungen auf Regierungsebene den Parteioberen abgetrotzt worden war, brauchten zwar keinen Dienst an der Waffe zu leisten, hatten aber eine gleich lange Dienstzeit, in der sie besonderen Schikanen ausgesetzt waren.
    Außerdem gab es wohl keinen unter ihnen, der je hätte Medizin studieren dürfen.
    Natürlich waren das alles nur Gerüchte, genaues wußte niemand, den man kannte.
    Nur soviel war klar: Als Einzelner war man als Bausoldat rettungslos verloren, nur im Zusammenhalt der christlichen Gemeinschaft konnte man den Schikanen der militärischen Vorgesetzten widerstehen.
    Dennoch wußte der Vater, daß sich Bereitschaftserklärungen immer gut ausnahmen, egal wie wenig Substanz sie hatten und wie albern sie waren.
    „Und was ist, wenn sie diese Argumente nicht akzeptieren?“ wollte Wilfried noch wissen.
    „Dann sagst du, daß du nur wiederholen kannst, was du soeben gesagt hast, notfalls immer und immer wieder.“
    Wilfried war nicht überzeugt, sah aber, daß es kaum etwas anderes gab, was er würde vorbringen können.
    Was aber niemals falsch sein konnte: Er würde sich genauestens informieren über das Wehrdienstgesetz. Derartige Texte las kaum jemand, vielleicht gab es die eine oder andere Spitzfindigkeit, die er für sich nutzen konnte.

    Die Bibliothekarin machte ein etwas verdutztes Gesicht, als er nach dem entsprechenden Gesetzbuch fragte. Doch Wilfried ließ sich nicht beirren.
    Nach dem Gesetzestext war die Allgemeine Wehrpflicht für Männer im Jahre 1962 in Kraft getreten. Wehrpflichtig wurde man mit dem vollendeten 18.
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